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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris
Autoren: Anke Dietrich
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Namen bestraft werden musste. Und in den meisten Fällen sind das Vergehen gegen den König oder dessen Familie.«
    Der Reiseleiter trat hinter dem Sarkophag hervor und wies mit dem ausgestreckten Arm auf den Ausgang der Grabkammer.
    »Wenn Sie bitte so freundlich wären und mir wieder zurück in die Vorkammer folgen. – Wir befinden uns hier im Tal der Könige. Dass die Dame Meritusir weder königlichen Geblüts war geschweige eine uns nicht bekannte Frau auf dem Horusthron, steht außer Frage. Es kam vor, dass besonders verdienstvollen Beamten oder engsten Freunden des Königs die höchste Ehre zuerkannt wurde, ihre letzte Ruhestätte hier in diesem Tal nahe ihrem Herrn anzulegen. Oftmals passierte es, dass ein ungenutztes Königsgrab diesen Auserwählten überlassen wurde. Vielleicht gefiel dem Herrn der Beiden Länder mit einem Mal das vorhandene nicht mehr, und er ließ sich ein neues anlegen. Oder aber ein Grab musste aufgegeben werden, weil die Grabarbeiter auf schier unüberwindliche Gesteinsschichten trafen, was in dem vorliegenden Fall der Grund gewesen sein könnte. Eines scheint jedoch sicher: Meritusir hatte nichts mit den Ereignissen zu tun, für die ihr Mann und ihr Sohn bestraft wurden. Anderenfalls hätte man auch ihre Bildnisse getilgt.« Achmed trat auf die Wand zu, die dem Zugang zum unteren Korridor gegenüberlag, und wandte sich wieder den Touristen zu. »Und wir kennen sogar ihre Namen.«
    Zufrieden sah er, wie diese Mitteilung bei den Besuchern des Grabes wie eine Bombe einschlug. Die meisten von ihnen hatten die Augen weit aufgerissenen und starrten ihn verblüfft an. Auf die Frage einer älteren Frau, wie dieses denn möglich sei, antwortete er: »Als die Ägyptologen das Grab untersuchten, stellten sie fest, dass diese Wand nicht aus gewachsenem Fels, sondern aus behauenen Steinen besteht. Natürlich hofften sie, dahinter die vermissten Grabbeigaben zu finden, wurden aber enttäuscht. Dafür erfuhren sie den Namen des Mannes und den des Kindes.«
    Er legte eine Pause ein.
    Als die Luft vor Spannung fast knisterte, verkündete er in beinahe feierlichem Ton: »Diese sogenannten Graffiti besagen, dass der Mann Amenhotep, auch Amunhotep, Amenhotpe oder Amenophis hieß, ganz wie Sie wollen, und Hohepriester von Abydos und Erster Prophet des Osiris war, Oberster Vorsteher der königlichen Bauarbeiten, Einziger Freund des Pharaos und noch einiges mehr. Der Name des Kindes ist ein Gemisch aus dem der Eltern und lautet Usirhotep –
Osiris ist zufrieden


EINS
     
     
     
     
     
     
     
    Sari, der Oberste königliche Arzt, eilte mit schief sitzender Perücke auf dem Kopf durch die Gänge des Palastes zu den Gemächern des Pharaos. Er hatte es so eilig, dass er ins Schwitzen geriet, ein Zustand, den er absolut verabscheute. Man hatte ihn jedoch zum König gerufen, und er musste gehorchen. Zudem war Sari der angegriffene Gesundheitszustand seines erlauchten Patienten wohlbekannt.
    Ramses VI. hatte zu Beginn seiner Regentschaft in vielen Kämpfen gegen die Feinde des Schwarzen Landes bewiesen, dass er den Mut und das Herz eines Löwen besaß. Nun aber, in seinem achten Jahr seit seinem Erscheinen auf dem Thron der Beiden Länder, hatte dieses Herz nicht mehr die Kraft, um den Pharao noch lange am Leben zu erhalten.
    Als Sari das Schlafgemach des Königs betrat, lag dieser auf seinem Bett aus vergoldetem Sykomorenholz und rang nach Luft.
    Ramses hatte seine rechte Hand auf die Brust gepresst und ließ sich von zwei nubischen Dienern mit Straußenfedern frische Luft zufächeln. Die Große Königliche Gemahlin Nubchesbed saß derweil an seinem Bett und betupfte seine Stirn, den Hals und Brustkorb mit einem feuchten Tuch.
    Unverzüglich fiel Sari auf die Knie und berührte mit der Stirn den Boden, was ihm auf Grund seiner Leibesfülle nicht gerade leicht fiel.
    »Stehe auf und kümmere dich um den König!«, befahl Nubchesbed in gebieterischem Ton.
    Der Oberste Leibarzt gehorchte. Etwas schwerfällig kam er auf die Beine und eilte an die Seite des Pharaos.
    Ramses lag mit halb geschlossenen Lidern auf seinem Bett, und seine bläulich verfärbten Lippen zitterten. Die rechte Hand auf seinem Brustkorb war verkrampft, und sein Atem ging schwer.
    Sari wusste, dass es das Herz war, welches dem König das Leben zur Qual machte. Er hatte sein gesamtes Wissen und Können eingesetzt, um ihn zu heilen, aber in diesem Fall schien er machtlos zu sein.
    Das Herz war das zentrale Organ im Körper. Es war somit
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