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Das geheimnisvolle Tuch

Das geheimnisvolle Tuch

Titel: Das geheimnisvolle Tuch
Autoren: Werner Vehler
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im Waldhaus ist keiner.“
    „Aber auf dem Strohbett lag doch dieses seltsame Tuch“, argumentierte Tom.
    „Wenn hier einer war und weggegangen wäre, hätte er das Tuch mitgenommen. Ich denke, das ist irgendeine Billigware, die es auf der Kirmes gibt, die zurzeit auf dem Festplatz stattfindet. Weißt du was: Wir nehmen all das Zeug mit und schweigen erst einmal. Soll doch Jim denken, der Streich wäre gelungen. Irgendwann wird er eine Bemerkung darüber machen. Wir stellen uns dumm. So, nun ab und zurück in die Heimat“
    „Du meinst nach Hause.“
    „Genau. Aber wie ich dich kenne, kommst du an den Imbissbuden nicht vorbei.“
    Tom überhörte die Bemerkung. „Das Zeug, das wir gefunden haben, nimmst du am besten mit. Meine Schwester schnüffelt gerne in den Sachen. Kennst doch, wie neugierig Mädchen sind.“
    „Nicht nur Mädchen. Aber ich finde deine Schwester Klasse.“ Das Gesicht von Vinc überzog sich mit einem sehnsüchtigen Lächeln.
    „Musst sie ja nicht um dich haben. Mir geht sie manchmal ganz schön auf die Nüsse.“
    „Ich könnte sie ständig ansehen. Ihr rötliches Haar, ihre ..."
    „Schon gut! Ich weiß, wie sie aussieht!“, unterbrach ihn Tom. Er kannte die Schwärmerei von Vinc zu der ein Jahr älteren Schwester.
    „Gut, ich nehme das Zeug mit.“

    ***

    Vinc lag in seinem Zimmer auf dem Bett und konnte nicht einschlafen. Er machte sich Gedanken über das Waldhaus, aber auch Toms Traum beschäftigte ihn. Träume enthielten etwas Erlebtes, sie konnten aber auch die Zukunft deuten. Er hatte irgendwann gelesen, dass sie manchmal auftraten, um vor einer Gefahr zu warnen. Im Gedächtnis haften blieb ihm der Bericht von einem Mann, der träumte, dass ein Zugunglück stattfinden würde. Er erkannte im Traum die Strecke, die er am nächsten Tag reisen wollte. Er war nicht abergläubisch. Da er bereits die Fahrkarte besorgt hatte, beschloss er, die Fahrt trotzdem anzutreten. Nur durch die Panne eines Busses, der ihn zum Bahnhof bringen sollte, verpasste er seinen Zug. Am nächsten Tag las er von dem Unglück.
    Vinc sah zu dem offenen Fenster, durch das der Vollmond seinen bläulichen Strahl schickte. Der Wind streifte sanft über die Blätter der alten Eiche, die davor stand, wodurch ihre Schatten gespenstisch in dem Zimmer hin und her tanzten.
    Das seidene Tuch lag halb ausgebreitet auf dem Computertisch. Es hob sich und schwebte für eine kurze Zeit etliche Zentimeter über der Fläche. Vinc konnte sich das nur durch den Luftzug erklären, der durch das Fenster kam. Er stand auf, um sich es noch einmal zu betrachten. Irgendetwas faszinierte ihn daran. Er nahm es und breitete es auf dem Fußboden aus, denn der Computertisch war zu klein, um es in voller Größe anschauen zu können. Hatte sich an den eingewebten Zeichnungen etwas verändert? Das Halbdunkel ließ keine Einzelheiten erkennen, er knipste das Licht an. Vor dem Tuch kauernd betrachtete er es genauer. Er konnte aber nicht feststellen, ob eine Veränderung vorhanden war. Er versuchte mit geschlossenen Augen sich noch einmal genau an den ersten Anblick zu erinnern, als er es fand. Doch das innere Bild blieb das gleiche, das er kurz vorher mit offenen Augen sah. „Logisch“, dachte er, „die Eindrücke geben das momentan Gesehene wieder.“
    Allmählich wurde er müde und so legte er sich wieder aufs Bett, um endlich einzuschlafen. Die Nacht hatte sich nicht viel abgekühlt und so wälzte er sich hin und her.
    Irgendwann wachte er auf. Er meinte, eine Stimme zu hören: „Vinc. Erschrecke nicht. Ich heiße Santus.“
    Mit einem Ruck setzte sich Vinc auf. Er sah um sich, konnte aber niemand entdecken.
    „Du siehst mich nicht. Ich bin in deinem Kopf.“
    „Aber ich höre dich doch ganz deutlich“, sagte Vinc und stand auf. Er suchte in dem Zimmer nach dem Unbekannten. Er sah sogar unters Bett.
    „Bemühe dich nicht. Ich sagte dir bereits, ich befinde mich in deinen Gedanken. Lege dich ruhig wieder hin und höre, was ich dir zu sagen habe!“
    Wie unter einem innerlichen Zwang gehorchte er der Aufforderung.
    „Schließe deine Augen, dadurch erhältst du die volle Konzentration, um sich mit mir in Gedanken auszutauschen.“
    Die innerliche Anwesenheit von Santus gab Vinc eine angenehme Empfindung. Nur das Gefühl, die Stimme zu hören und den Ursprung nicht zu sehen, bekam eine gewisse Unheimlichkeit.
    „Du und dein Freund haben dieses kleine Büchlein im Waldhaus gelesen. Dadurch habt ihr die Gabe bekommen, Dinge zu sehen und
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