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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
Autoren: Ricarda Jordan
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vernahm Gerlin nun immerhin den Protestruf der Stute Sirene, die dem Stall der Burg wohl nachtrauerte. Ein flötenartiger Ton, der dann in ein tremolierendes Wiehern mündete. Sirene - ein weibliches Fabelwesen aus der griechischen Mythologie, das durch seinen Gesang Schiffer dazu verführte, ihre Boote gegen die Klippen zu lenken! Wenn der jüdische Heiler tatsächlich noch einmal Station auf Falkenberg machen sollte, würde Gerlin ihren Vater bitten, mit ihm und seinem Besucher speisen zu dürfen. Selbst das eben geführte kleine Gespräch hatte ihr mehr Kurzweil geboten, als sie seit ihrem Weggang vom Minnehof erfahren durfte.

Kapitel 2
    W ie jeder Tag, so war auch dieser Morgen für Gerlin angefüllt mit Entscheidungen und Verrichtungen rund um den großen Haushalt auf der Burg. Der Koch wollte die Speisen für den Abend besprechen, die Knechte mussten angewiesen werden, die Heuböden zu reinigen, denn bald würde neues Futter angeliefert werden. Gerlin verschob einen Ausritt zur Inspektion der Heuwiesen, da es nach wie vor regnete.
    Rüdiger murrte, dass Leon von Gingst deshalb seine Waffenübungen ausfallen ließ, und Gerlin überlegte kurz, sich deswegen an ihren Vater zu wenden. An sich ging es nicht an, dass der junge Ritter sich mit dem Wetter herausredete, wenn er keine Lust hatte, die Knappen zu unterrichten. Schließlich wurden auch bei Regen Kriege geführt! Rüdigers Waffenmeister gefiel ihr immer weniger. Sie würde mit ihrem Vater darüber reden müssen. Jetzt aber verwies sie ihren Bruder erst mal an den Hofkaplan. Der hatte Zeit, und auch wenn der Knappe es anders sah: Gerlin hielt es durchaus für nötig, dass er lesen, schreiben und die Grundlagen des Rechnens erlernte.
    Rüdiger versuchte natürlich, sich zu drücken, indem er irgendetwas von einem Geheimnis faselte, das er Gerlin nicht verraten durfte, aber sie hatte sich bereits anderen Beschäftigungen zugewandt. Rüdiger hatte in den letzten Jahren viel zu viel Aufmerksamkeit erfahren. Nach dem Tod seiner geliebten Frau vergötterte Peregrin von Falkenberg seine Söhne. Gerlin verstand das, gedachte jetzt aber gegenzusteuern. Ein Ritter hatte die Tugenden des Maßhaltens und der Demut zu erlernen - schlimm genug, dass Leon von Gingst dem Jungen eher Hochmut und Standesdünkel vermittelte.
    Während Gerlin mit den Mägden besprach, welche der älteren Kleidungsstücke ihrer Brüder den Bettlern geschenkt und welche noch einmal ausgebessert werden konnten, ereilte sie ein Ruf ihres Vaters. Erneut war es Wolfgang, der die Nachricht überbrachte - der Kleine grinste über das ganze Gesicht und schien unter der Last eines Geheimnisses fast zu bersten.
    »Ich weiß, was Vater von dir will, aber ich darf es dir nicht sagen!«, brüstete er sich begeistert.
    »Dann schweig auch still!« Gerlin nahm rasch ihre Schürze ab, bevor sie sich in die Räume ihres Vaters begab. »Und solltest du nicht mit deinem Bruder in der Kapelle sein und mit dem Kaplan die Bibel studieren?«
    Inzwischen platzte sie allerdings fast vor Neugier. Wenn die Jungen so aufgeregt waren, ging es womöglich wirklich um Rüdigers Einführung in den Ritterstand. Er war manchmal etwas ungebärdig, aber ein guter Junge und jetzt schon ein schneidiger Reiter und begabter Schwertkämpfer. Sie würde ihm eine Erziehung auf Lauenstein so sehr gönnen! Und womöglich nahmen die Ornemünder ja beide Jungen. Dann konnte man sich Leon von Gingsts endlich entledigen. Gerlin beschloss, auch dieses Thema auf jeden Fall bei ihrem Vater anzusprechen.
    Peregrin von Falkenberg saß in einem hohen Sessel am Fenster. Der Erker bot einen weiten Blick über die Siedlung vor der Burg und das Flüsschen Waldnaab, auch wenn der Platz den Ritter stets mit etwas Wehmut erfüllte. Isabelle hatte hier gern gesessen und über ihr Land geschaut - solange sie gesund war, hatte es ihr gefallen, mit ihrem Gatten auszureiten und die Dörfer zu inspizieren. Peregrin erinnerte sich noch gut daran, wie sie den Bauern in ihrem französisch gefärbten Deutsch freundliche, aufmunternde Worte sagte. Seine Untertanen hatten sie geliebt. Zuletzt hatte sie dann nur noch im Erker sitzen und das vorbeifließende Leben beobachten können. Gerlins Mutter war nun sechs Jahre tot, aber Peregrin betrauerte sie immer noch.
    Nun, an diesem Tag konnte er zumindest ihrer Tochter eine gute Nachricht verkünden. Sofern Gerlin die Neuigkeit als gute Nachricht nahm ... Peregrin schaute dem Gespräch mit dem Mädchen mit leichter
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