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Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Titel: Das Geheimnis der Mangrovenbucht
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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warum war sie nur hierhergekommen?
    Dibble brach das Schweigen mit den Worten: »Ihr Bruder schon zurückgefahren?«
    Sehr überrascht wandte sie sich von der Betrachtung der tristen Landschaft ab. »Wer, David? Der war doch in letzter Zeit gar nicht hier, oder?«
    »Hab’ ihn vor zwei Tagen gesehen.«
    Vor zwei Tagen? Das wäre Samstag gewesen. Na ja, sie wußte, daß er sich, wann immer nur möglich, an den Wochenenden verdrückte. Aber normalerweise teilte er ihr das mit oder rief sie nach seiner Rückkehr an. Sie sagte: »Ich wußte nicht, daß er vor kurzem hier war. Ist er mit Ihnen hergefahren?«
    »Nein. Das macht er nicht. Fährt mit seinem Wagen; aber ich weiß nicht, wie er hergekommen ist. Hab’ ihn nur einmal gesehen, als er über die Bucht zurückkam. Aus dem Kamin stieg Rauch auf, aber zum Reiten ist er diesmal nicht gegangen. Auch nicht fischen. Weiß nicht, warum er gekommen ist, oder was er vorhatte.«
    Pauline überlegte irritiert, >wie dieser alte Mann doch jeden Menschen beobachtet. Warum sollte David denn schließlich nicht hierherkommen, zu seinem eigenen Haus?<. Laut aber sagte sie nur: »Ich vermute, daß er nur kurz vorbeischaute und etwas suchte. Wie eng doch diese Bucht jetzt ist, und wie schnell die Flut fällt.«
    »Verdammt viel zu schnell. Wir werden es gerade noch schaffen. Vielleicht muß ich Sie etwas unterhalb Ihrer Hütte absetzen. Jetzt fahren wir gerade bei meiner vorbei.«
    Neben dem sumpfigen Ufer konnte sie undeutlich einen eingefallenen Schuppen entdecken. Ein kleiner Bootssteg ragte einsam in den Kanal hinaus. Bei Flut würde das Wasser vermutlich sehr nahe an den sich senkenden Zaun herankommen. Dieses Heim war für den alten Mann wie geschaffen. Sie sagte: »Versuchen Sie, mich so nah wie möglich heranzubringen. Ich habe diese Kartons.«
    Er murmelte unwillig vor sich hin und widmete seine volle Aufmerksamkeit dem Steuern seines Bootes, wobei er ihr erklärte, daß er keine Lust habe, für nichts und niemand am Ufer aufzulaufen.
    Schließlich gelang es ihm aber doch, sie nahe an ihr Ziel heranzubringen. Nach einer Biegung in der Bucht erschien eine häßliche, zur Bucht hin fensterlose Hütte, mit einem großen, eisernen Kamin, der von dem sehr schrägen Dach aufragte. Sie dachte wieder: >Wie konnte David nur hierherkommen? Das ist ja entsetzlich. Man kann nur hoffen, daß es bei Tageslicht und in der Sonne anders aussieht. Na, wenn schon...<
    Aber es war ihr klar, daß sie einen Fehler begangen hatte, hierherzukommen.
    »Sie müssen sich Ihre Schuhe und Socken ausziehen. Ich kann nicht näher ans Ufer heran, sonst laufe ich auf. Aber schnell jetzt. Ich habe keine Zeit, hier lange herumzutrödeln.«
    Pauline zog ihre eleganten Schuhe und teuren Strümpfe aus und stopfte sie in die Manteltasche. Haßerfüllt blickte sie auf das kalte Wasser und den dahinterliegenden schmierigen, feuchten Sumpf. In der Nähe des Ufers wuchsen einige Mangrovenbäume, deren verrenkte Äste schwarz gegen den Himmel zeigten. Im Augenblick war es etwas weniger dunkel, da der Mond hinter den Wolken hervorlugte. Was für eine Stunde — und was für ein Ort!
    Sie zögerte einen Moment, aber Dibble verlor keine Zeit. Er hatte ihren Koffer und den Karton ans Ufer getragen und dort abgesetzt. Jetzt hielt er ihr seine schwielige Hand hin, um ihr herauszuhelfen. »Na los schon. Vom Herumschauen wird es hier auch nicht schöner, und ich möchte weiter.«
    Sie nahm seine Hand und ließ sich zögernd ins Wasser hinabgleiten. Es war sehr kalt, und der Schlamm, der zwischen ihren Zehen klebte, ekelte sie. Dibble half ihr brummend ans Ufer, dann Streckte er ihr die Hand hin, um seinen Fahrpreis entgegenzunehmen. »Ein Pfund«, sagte er, »das ist sogar noch billig, wenn ich unter Umständen die ganze Nacht im Sumpf sitzen muß, weil das Wasser weg ist.«
    Sie gab ihm hastig das Geld und wagte nicht, ihn zu fragen, ob er ihr helfen könnte, das Gepäck zur Hütte zu tragen. Dann warf sie ihm ein kurzes »Gute Nacht« zu und hob ihren Karton mit Lebensmitteln auf. Sie würde noch ein zweites Mal herunterkommen müssen, um den Koffer zu holen. Sie konnte jetzt die Umrisse der Hütte erkennen, die etwas höher oben und abseits stand. Näher am Wasser gelegen lag ein verfallenes Gebäude, offensichtlich ein Bootshaus. Einen Augenblick lang erwog sie, den Koffer dortzulassen, aber die Aussicht auf eine Nacht ohne Zahnbürste und Pyjama ließ sie davor zurückschrecken. Sie mußte zuerst den Karton hinauftragen
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