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Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)
Autoren: Christel Mouchard
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der Angreifer sein Gleichgewicht, und Paul d’Armand nutzte die Gelegenheit, um sich vor die Metalltür zu stellen.
    Er drückte die Klinke, doch die Tür war abgeschlossen. Einen Augenblick später stand Morton ihm in Habachtstellung gegenüber und hatte seinen Dolch zum Angriff bereit in der Hand. Nina verglich die beiden Kontrahenten und musste erkennen, dass der gewaltige Umfang des Professors ihm leider nicht im Wege stehen würde zu kämpfen. Im Gegenteil …

Drachenaugen
    Die Königin Phuong und Wenji durchforsteten unermüdlich den Vorplatz, aber vergeblich. Anders als bei Nina ertönten jetzt auch keine Hilferufe Paul d’Armands mehr, die sie durch das Labyrinth der Tempel zu ihm hätten leiten können.
    Sie schritten von einem Säulengang zum nächsten, stießen schwere Bronzetüren auf und gingen um zahlreiche Mauern herum, doch alles, was sie fanden, waren leere Räume, in denen der Duft von erkaltetem Weihrauch hing, und Altäre, auf denen Opfergaben aus Blumen oder Früchten verdarben, die seit Wochen nicht ausgetauscht worden waren.
    »Dennoch bin ich sicher, dass die Lösung hier liegt«, seufzte die Königin Phuong und ließ ihren Blick noch einmal über den stillen Vorplatz schweifen.
    »Auf jeden Fall«, bemerkte Wenji, »werden wir sie finden, wenn sie hierhergekommen ist, um sich zu verstecken.«
    »Es sei denn, sie ist Morton schon auf dem Weg hierher in die Hände geraten und er hält sie jetzt irgendwo gefangen. Glauben Sie, das wäre möglich?«
    »Nein, warum sollte er das tun? Ich verstehe nicht, welchen Vorteil er davon hätte, sie sich vorzunehmen. Sie hat nichts mit der Madonna aus Jade zu tun. Sie ist nur ein Kind.«
    »Ein Kind?«
    »Haben Sie ihr Theater geglaubt? Haben Sie wirklich gedacht, Paul d’Armands Tochter sei einundzwanzig Jahre alt?«
    Die Königin Phuong lachte gerührt.
    »Ich habe es geglaubt … bis sie ›Hanswurst‹ gesagt hat.«
    »Ninas Umgangsformen sind sicher nicht die besten. Und sie hat alles verloren, erst die Mutter, dann ihren Vater.«
    Wenji fiel auf, dass die Königin Phuong ihn eigenartig ansah.
    »Woran denken Sie gerade?«, fragte er sie.
    »Können wir wirklich sicher sein, dass Ninas Vater tot ist?«, erklärte sie. »Denken Sie einmal nach, mein lieber Wenji. Wer hat uns gesagt, dass Paul d’Armand tot sei? Eine einzige Person. Und diese Person ist Professor Morton.«
    »Vielleicht hat er ihn sogar umgebracht.«
    »Vielleicht, ja. Aber wir wissen, dass er immer noch nach der Figur sucht. Es ist also wahrscheinlich, dass Paul d’Armand sein Geheimnis nicht preisgegeben hat. In dem Fall dürfte Morton größtes Interesse daran haben, von Nina irgendetwas zu erfahren.«
    Wenji konnte darauf nichts antworten. Die Königin Phuong hatte recht, natürlich. Er war nun zerrissen zwischen der Freude, sich vorzustellen, dass Paul lebte, und der Furcht, Nina vom Tod bedroht zu wissen.
    Er sah den klaren Blick des jungen Mädchens vor sich, ihr freches Lächeln, die dummen Späße, hinter denen sich die Einsamkeit einer Waise verbarg. Die Gefühle, die er für Nina empfand, waren nicht dieselben wie für seine Schwestern oder Tam, das musste er zugeben. Doch jetzt war nicht der Moment, darüber nachzudenken. Vor allem musste sie aus Mortons Klauen befreit werden. Später würde man sehen, was das für ihn und für sie bedeuten würde. Noch einmal überlegte er angesterngt. Wo könnten sie noch suchen? Es gab so viele Gebäude in diesem abgeschlossenen Bezirk, und alle waren in irgendeiner Weise miteinander verbunden. Säulengänge, Verbindungstunnel, Türen, Dächer, Drachen, dann wieder Säulen und noch mehr Drachen …
    Aber was war das?
    Hatte ihm eben einer der Drachen vom Dach aus zugezwinkert?
    Wenji riss die Augen auf und ging auf den kleinen Tempel zu, auf dessen Dach sich dieses eigenartige Monster befand. Mit erhobenem Kopf musterte er das Tier aus Keramik: seine offenen Nasenlöcher, seine spitzen Zähne, die glänzenden Pupillen.
    »Auf den Dächern werden Sie Professor Morton wohl kaum finden, Monsieur Teng«, wunderte sich die Königin Phuong, die ihm interessiert zusah.
    Genau in diesem Moment zwinkerte der Drache ein zweites Mal mit dem Auge und stieß einen merkwürdig hohen Schrei für ein so großes Tier aus.
    »Kuirk!«
    »Was hat das zu bedeuten?«, rief Wenji aus.
    »Es ist nur ein Affe«, bemerkte die Königin und zuckte mit den Schultern.
    »Ja, aber nicht irgendein Affe. Ich erkenne ihn, er wohnt auf unserem Grundstück. Wie kommt
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