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Das fünfte Kind. Roman

Das fünfte Kind. Roman

Titel: Das fünfte Kind. Roman
Autoren: Doris Lessing
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dem Titel
The Fifth Child
und gleich darauf auch in deutscher Übersetzung. Die Autorin befand sich seinerzeit in ihrem siebzigsten Lebensjahr und hatte bereits seit nahezu vier Jahrzehnten publiziert. In ihrem – schon damals – sehr umfangreichen Werk kann man verschiedene inhaltliche wie formale Strömungen erkennen und über große Zeiträume hinweg nachvollziehen. Einzelne Werke sind durch bestimmte Charakteristika miteinander verbunden und lassen sich einander zuordnen. Welchen Platz nimmt also
Das fünfte Kind
im Kontext von Doris Lessings Werk um 1988 ein?
     
    Im Zentrum des Romans steht die in der Nähe von London lebende Familie Lovatt, in die mit Ben, dem »fünften Kind«, ein sonderbares, unerklärliches Wesen hineingeboren wird, das von Anfang an für Unruhe sorgt und das idyllische Leben der Familie schließlich zerstören wird. Ben wird von seiner Umgebung als »Feind« wahrgenommen, als tierartiges Wesen, als »Monster«, und seine Mutter stellt ihrer Ärztin sogar die Frage: »Er ist kein menschliches Wesen, nicht wahr?« Niemand weiß wirklich, wer oder was Ben ist. Es handelt sich also um eine realistisch erzählte Geschichte, die einen fremden, befremdlichen, störenden Faktor enthält – der realistische Roman beinhaltet ein Element des Fantastischen.
     
    Doris Lessings Interesse am Fantastischen hat seine Wurzeln in den späten sechziger Jahren. Zuvor hatte sie sich mit ihrem Erstlingsroman
Afrikanische Tragödie
( 1950 ), mit dem epochemachenden
Goldenen Notizbuch
( 1962 ) und mit dem fünfteiligen Romanzyklus »Kinder der Gewalt« ( 1952 – 1969 ) über den persönlichen, sozialen und politischen Reifungsprozess der Protagonistin Martha Quest auf das realistische Erzählen konzentriert.
    In
Die viertorige Stadt
( 1969 ), dem letzten Band des Romanzyklus, arbeitet sie erstmals mit Elementen des Fantastischen, indem sie den letzten Teil des Romans in eine apokalyptische Zukunft verlegt. Im Anschluss daran entfernt sich die Autorin mit
Anweisung für einen Abstieg zur Hölle
( 1971 ) und
Die Memoiren einer Überlebenden
( 1974 ) weiter vom realistischen Erzählen: Mit diesen Werken, die der von ihr so bezeichneten »Inner-space fiction« angehören, erforscht sie den »inneren Raum« der Menschen, ihre Psyche, geistige und seelische Vorgänge. Im Gegensatz zu realistischen Darstellungsformen werden diese hier aber nicht aus der Außenperspektive beschrieben, sondern möglichst unmittelbar dargestellt.
    1979 erschien mit
Shikasta
der erste Band des Romanzyklus »Canopus im Argos«, der Doris Lessing bis 1983 beschäftigen sollte. In diesem Zyklus steht nicht mehr der »innere Raum« im Vordergrund – die Autorin verlegt das Geschehen vielmehr ins All und in eine ferne Zukunft. Entsprechend hat sie als Genrebezeichnung für die Canopus-Romane den Begriff »Space-Fiction« gewählt, der mit dem Begriff der »Inner-space fiction« korrespondiert. Auf diese Weise grenzt sie ihr Werk auch von der »Science-Fiction« ab – diese beruhe nämlich auf Wissenschaft und Technik, während ihre eigenen Romane vor einem ganz anderen Hintergrund zu lesen seien: »Meine Romane sind fantastische Märchen, sind Utopien im wahrsten, genauesten Sinn des Wortes. (…) Es sind Fabeln, die Dinge weiterspinnen, die heute schon geschehen.« Wenn Doris Lessing also in
Das fünfte Kind
eine nette Durchschnittsfamilie mit einem fremdartigen, unerklärlichen Wesen konfrontiert, greift sie auf Mittel zurück, die von ihr in anderen Zusammenhängen bereits erprobt worden sind.
     
    Schon Mitte der achtziger Jahre hatten sich in Doris Lessings Leserschaft wie in der Kritik zwei Fraktionen gebildet: Die Anhänger ihres realistischen Schreibens stritten leidenschaftlich mit den Anhängern der fantastischen Strömung in ihrem Werk. Anlässlich der Veröffentlichung von
Das fünfte Kind
geriet die Kritik nun durch die Mischung von Realismus und Fabel in große Verwirrung und hatte Mühe, den Roman einzuordnen – ein für Doris Lessings Begriffe übrigens vollkommen nutzloses Unterfangen, das sie in der Regel amüsant, bisweilen aber auch ärgerlich findet. Anschaulich schildert sie in verschiedenen Interviews, wie allerhand Schubladen bemüht wurden, um dem Buch einen Platz oder zumindest ein konkretes Thema zuzuweisen: Ein Buch »über« das Palästinenserproblem sei es, über Genforschung, Feminismus, Antisemitismus, Aids. Sarkastisch kommentiert die Autorin: »Eine Geschichte einfach um des Erzählens willen zu
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