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Das Fliederbett

Das Fliederbett

Titel: Das Fliederbett
Autoren: Unknown
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dich holen und dann werden wir vor der ganzen Welt demonstrationsbürsten!«
    Sie lachte leise.
    »Wie meinst du das? So wie hier?«
    »Eigentlich ist es verrückt.«
    »Was denn«, sagte sie, »was ist denn verrückt?«
    »Der ganze Scheißdreck«, sagte ich und war jetzt richtig in Fahrt. »Aber ich werde das ändern, verflucht noch mal.«
    »Wieso?«
    »Ich werde neunhundert Mann aufstellen«, sagte ich. »Aber nicht mit der Waffe! Neunhundert Mann mit ihren Schwänzen statt Gewehren in der Hand.
    Oh, welche Schwänze! Schwester im Herrn, welche Auswahl. Neunhundert Mann, und du wirst gewöhnliche und ungewöhnliche finden, rote und blaue Schwänze, Bauernschwänze und studierte Schwänze, rauhe Schwänze, braune Schwänze, Fischerschwänze von Orust, schüchterne Schwänze und freimütige Schwänze, große und kleine Schwänze, bereits schäumende Schwänze und trockene Bürokratenschwänze, Kutscherschwänze mit Lederbeuteln, Wurstverkäuferschwänze, mit Senf bestrichen, und Redakteursschwänze mit Druckerschwärze an der Eichel, Steinmetzschwänze und Schweißerschwänze, Hornbläserschwänze und Trompeterschwänze, harte Boxerschwänze und den einen oder anderen Bibliothekarsschwanz, Kommunistenschwänze, Pfaffenschwänze und Postbotenschwänze und Lehrerschwänze, Schwänze wie Maiskolben und Rhabarberschwänze, Rosenschwänze und Schwänze, steinhart wie Großmutters Kürbisse im Garten, weinbespritzte Schwänze, dreisternige Schwänze, giftige und eßbare Schwänze, Wasserschwänze und Kaffeeschwänze, Meeresschwänze und Binnenseeschwänze, Selbstbedienungslädenschwänze und Kellnerschwänze, ausgeruhte und erschöpfte Schwänze, Fußballschwänze und Gymnastikschwänze. Oh, Schwester, mit was für einer Auswahl werden wir hinaus in die Welt ziehen.
    Wieviel Mädchen seid ihr bei euch?«
    »Sechsundfünfzig«, sagte sie. »Das wird anstrengend. Aber ich kann mehr besorgen.«
    »Gut«, sagte ich. »Eines schönen Tages hole ich euch ab und wir ziehen in die Welt hinaus.
    Wir können in Scheunen und auf den Wiesen anfangen, wenn das auch ein bißchen banal ist. Es gibt so viele neue Milieus, alte übrigens auch. Ich will dich auf der Spitze des Eiffelturms bimsen oder vor dem Hochaltar in Canterbury. Auf dem nackten Asphalt der Golden-Gate-Brücke will ich dich bei Sonnenuntergang bürsten. Wir können auf der Lok des Expreßzuges Le Mistral, der zeitweise zwischen Paris und Marseille auf 210 kommt, sitzen. Im Cockpit einer DC-8 kann ich dich langsam und raffiniert nehmen, gerade über dem magnetischen Pol. In der Berg-und-Tal-Bahn auf Coney Island müssen wir sitzen, so wie wir es hier machen, und während der Guide über Ramses II. vor der Cheopspyramide in Ägypten spricht, schaffen wir es schnell, ehe die Nacht anbricht und die Laut- und Lichtspiele beginnen.
    Laß uns einander intim auf dem Trapez unter der Kuppel des Zirkus besitzen. Okay, okay, wir können das Schutznetz anwenden, wenn du darauf bestehst.
    Ich werde die neunhundert Mann des Regiments aufstellen.
    Nicht doch, nicht eine einzige, verfluchte Waffe, nicht mal ein Bajonett, bloß hochgereckte Schwänze! Und dann stürmen wir deine Anstalt. So, ja so, wie ich es jetzt mache.
    Ist das nicht schön?
    Und dann holen wir neunhundert Frauen und marschieren durch die Welt. Wir zerbürsten alle verfluchten Institutionen, alle Gefängnisse und Konzentrationslager. Alle Kirchen und alle Kasernen werden wir zerbimsen, alle scheinheiligen Gebäude, die ihre Angst hinter imponierenden Fassaden verbergen, werden wir überrollen.« All das flüsterte ich in das Ohr des kleinen, dunklen, weichen Geschöpfes, das auf mir ritt in dem großen Bus, dessen Reifen jetzt auf dem Asphalt der Drottninggata sangen.
    »Verstehst du, was ich meine?«
    »Nicht richtig«, sagte sie, »aber es klingt todfeierlich.«
    Gerade in dem Moment fuhren wir an einem kleinen Geschäft vorbei, das Damenwäsche ausgestellt hatte.
    >Boutique Intime< stand mit ausholenden Neonbuchstaben über dem Schaufenster. Auf kleinen Fahnen darunter: Ausverkauf . Da kam es mir während der Busfahrt zum vierten Mal.
    »Komm zu mir raus einen Tag, dann machen wir, was du möchtest«, sagte sie, als wir uns am Kasernentor trennten. Sie gab mir einen flüchtigen Kuß auf die Wange und steckte mir etwas in die Hand.
    Es fühlte sich wie kleine Münzen an.
    Die Kasernenwache nahm sich Sergeant Bergströms an und transportierte ihn ins Revier.
    Hauptmann Persson und ich gingen in Richtung der
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