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Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Titel: Das ewige Lied - Fantasy-Roman
Autoren: Tanja Bruske
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ihm verharrte der Strahl, um in eine andere Richtung weiter zu schießen.
    Jayel begriff, dass der Strahl einen geschlossenen Ring um sie bildete, der die Plattform vom Rest des Höhlensystems trennte.
    Als der Strahl verlosch, ließ Jayel erschöpft die Arme sinken. Hinter der Feuerwand konnte sie Cwell toben hören, doch sie kümmerte sich nicht darum. „Schnell!“, sagte sie zu den anderen. „Wir müssen das Ritual durchführen. Wer weiß, wie lange der Zauber vorhält...“
    Kaiera, die Jayels Wirken mit ehrfürchtigen Blicken beobachtet hatte, nickte und nahm ihr den Feuerkristall behutsam aus der Hand. Die Shádim stellte sich auf den Platz, über dem die Zeichnung einer Figur mit rotem Stein an die Decke gemalt war. Auch Kallabul, Gemma und Tiark hatten Position unter dem jeweiligen Symbol ihres Kristalls bezogen.
    Daphnus stand etwas unschlüssig in der Mitte der Plattform und wusste nicht genau, wohin er sollte. Er konnte die Plattform wegen des Feuers nicht verlassen.
    „Es ist gut“, sagte Jayel und wischte sich den Schweiß von der Stirn, denn es begann, unerträglich heiß zu werden. Sie hörte bereits die sanften Klänge des Ewigen Liedes im Hinterkopf und wollte das Ritual so schnell wie möglich durchführen. Jayel stellte sich in die Mitte der Plattform und meinte zu Daphnus: „Es wird schon nicht schlimm sein, wenn eine weitere Person auf der Plattform ist.“ Der Magier nickte und reichte ihr den Kristall. Während der Magier einige Schritt zurücktrat, schloss Jayel die Augen, um sich besser auf die Melodie konzentrieren zu können.
    Das Ewige Lied verstummte.
    Zuerst war Jayel erschrocken, doch dann zwang sie sich zur Ruhe und suchte in ihrem Geist nach den Tönen, die sie jetzt schon so häufig gehört hatte. Sie fand nichts. Verwirrt öffnete sie die Augen und sah, dass die anderen sie erwartungsvoll anblickten. „Es ... es geht nicht...“, sagte sie leise, „irgendetwas müssen wir falsch machen...“
    Kaiera schlug vor: „Vielleicht stehen wir doch nicht richtig? Vielleicht müssen wir näher zusammen?“
    Tiark brummte: „Oder vielleicht liegt es doch an dem Magier!“
    Jayel murmelte: „Daphnus...“ Dann sagte sie lauter: „Ja, natürlich! Daphnus ist es!“
    Der Magier sagte mutlos: „Aber wo soll ich denn hin? Überall um uns sind die Flammen...“
    Jayel ging auf ihn zu: „Aber nein! Verstehst du denn nicht? Du bist es! Nicht ich! Du bist derjenige, der die Völker vereint! Du hast sowohl Menschenblut in dir als auch elfisches Blut und aquantisches! Auch das Erbe des Erdvolkes ist bei dir vertreten. Du hast alle Völker in dir, und deswegen“, sie wies an die Decke auf die bunte Person im Mittelpunkt, „bist
du
das!“
    Daphnus starrte sie mit offenem Mund sprachlos an. Jayel fuhr fort: „Deswegen konnte ich die Melodie nicht mehr hören, als du mir den Kristall gegeben hast. Ich soll ihn nicht halten – sondern du. Ich bin das dort!“ Und sie zeigte auf die Gestalt, die dem Träger des fünften Kristalls zu Füßen saß. Rasch schob sie Daphnus, der noch immer nicht genau wusste, was er davon halten sollte, plötzlich der Auserwählte der Prophezeiung zu sein, auf seine Position. Sie drückte ihm den Kristall in die Hand, und sofort hörte sie leise das Ewige Lied erklingen. Sie hockte sich, ihm den Rücken zugewandt, zu seinen Füßen auf die Knie nieder und schloss die Augen.
    „Du musst den Kristall hoch über deinen Kopf heben!“, erinnerte sie Daphnus, und er tat es.
    Plötzlich verstummten alle Geräusche – das Prasseln der Flammen, das Geschrei von Cwell und dem dunklen Herrscher, das Murmeln der anderen Männer – und Jayel hörte nichts anderes mehr als das Ewige Lied. Es war wunderschön – nicht so einfach und natürlich wie damals in den unendlichen Wäldern, als sie es zum ersten Mal gehört hatte, sondern viel abstrakter. Auch nicht so einseitig wie die Male, als sie es beim Benutzen der Kristalle gehört hatte oder so eindeutig wie bei ihrem Treffen mit dem Einhorn; es war weitaus vielschichtiger und hunderte von unterschiedlichen Melodien verwoben sich zu einem komplizierten Geflecht, das wie ein riesiger Wandteppich war und eine große Geschichte erzählte. Und als sie zu singen begann, sah sie die unterschiedlichen Bilder deutlich vor sich: das Wasser, die Erde, die Luft und das Feuer, aber auch die Völker und ihre Geschichten, die alten Legenden und ihren wahren Kern.
    Jayel sang von der Prophezeiung, von den Kriegen und Gefahren – und
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