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Das Erwachen des Dunkeltraeumers

Das Erwachen des Dunkeltraeumers

Titel: Das Erwachen des Dunkeltraeumers
Autoren: S. G. Felix
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die Stimme zu kommen schien.
    »Hierher!«
    Antilius kniete neben der Bank nieder und sah aber immer noch niemanden.
    »Direkt vor deiner Nase. Hier bin ich!«
    Dann bemerkte er etwas. Etwas im Laub. Es war aus Metall. Und aus Glas. Er schob mit seiner Hand die Blätter zur Seite und zum Vorschein kam ... ein Spiegel . Ein kleiner rechteckiger Handspiegel mit einem breiten Griff, der gegen einen moosbewachsenen Stein gelehnt war.
    »Es wäre schön, wenn du den Spiegel mal in die Hand nehmen würdest. Dann kann ich dich sehen und du mich.«
    Antilius starrte den Spiegel mit weit geöffnetem Mund an. Zunächst glaubte er an irgendeinen Trick. Eine Illusion. Vielleicht hatte ihn der Schlag von letzter Nacht härter als geglaubt getroffen. Aber dem war nicht so.
    »Nun mach schon!«, forderte ihn die Stimme ungeduldig auf.
    Vorsichtig streckte Antilius eine Hand nach dem Spiegel aus. Er berührte den schnörkellosen Griff, zögerte noch einmal und umschloss ihn dann fest.
    Eigentlich erwartete er, in dem Spiegel sein eigenes Gesicht zu sehen, aber was sich ihm jetzt bot, ließ ihn die Luft anhalten. Antilius konnte durch das Spiegelglas hindurchsehen, wie durch ein Fenster. Hinter dem Glas stand ein schmächtiger Mann mit braunen Haaren und abgewetzter Kleidung. Er befand sich in einem kleinen Zimmer mit nur einem einzigen Fenster. An der rechten Seite stand ein kleines Bett. An der gegenüberliegenden Seite ein einfacher alter Holztisch mit einem noch einfacheren Stuhl.
    »Na endlich! Endlich wieder mal jemand, mit dem ich mich unterhalten kann. Ich glaube, dass wird ein guter Tag«, sagte die Person im Spiegel. Sie schaute Antilius dabei freudig an.
    »Was ... Wer ...«, Antilius brachte keinen vollständigen Satz heraus. Er war völlig perplex.
    Der Mann hinter dem Spiegelglas nickte verständnisvoll: »Schon gut. Ich verstehe schon. Glaube mir, du bist nicht der Erste, dem die Kinnlade herunterklappt. Stell die vor, einmal ist jemand sogar schon in Ohnmacht gefallen, aber das hast du ja schon hinter dir, nicht wahr? Ich hoffe, du bist kein Wiederholungstäter.« Der Mann lächelte augenzwinkernd. »Gilbert.«
    »Was?«
    »Gilbert. Das ist mein Name. Und du bist ...«
    »Antilius. Wie ... wie bist du in den Spiegel geraten?«
    Gilberts Miene wurde ernster. »Du glaubst doch wohl nicht, du wärst der Erste, der mich so etwas fragt? Was meinst du wohl, wie oft mir diese Frage schon gestellt wurde? Hundert, ach was sage ich: Tausendmal! Mindestens. Und ich bin es Leid, immer wieder dieselbe langweilige Geschichte zu erzählen. Diese Geschichte ist nämlich so langweilig, dass du dich zu Tode langweilen würdest. Und das wollen wir doch nicht. Ich jedenfalls kann keine Verantwortung dafür übernehmen.«
    »Wie du willst.« Antilius schaute noch einmal genauer in das Bild, das der Spiegel ihm bot. Gilbert trat sogar ein Stück zur Seite, damit er sein Zimmer genauer betrachten konnte. Hinter dem Fenster von Gilberts Zimmer strahlte ein hellblauer Himmel, der am Horizont auf eine gigantische Wildblumenwiese traf.
    »Ich weiß, es ist nicht gerade eine Luxusherberge, aber man kann es sich halt nicht immer aussuchen«, sagte Gilbert mit einer unüberhörbaren Bitterkeit in seiner Stimme.
    Antilius hörte ihm gar nicht richtig zu. Er versuchte immer noch, eine logische Erklärung für diese Erscheinung zu finden.
    »Ist dies hier so eine Art Kommunikationsinstrument, über das wir uns sehen und sprechen können?«, wollte er wissen.
    »Nein. Das ist es nicht. Ich bin nicht irgendwo anders und spreche mit dir. Nein, ich bin hier in diesem Spiegel gefangen. Dies ist ein Gefängnis.«
    »Das verstehe ich nicht. Und... und wie siehst du mich?«
    »Ich habe hier auch einen Spiegel. Er hängt an der Wand und ich sehe dich im Wald stehen. Hinter dir erhebt sich diese entsetzlich protzige Statue, deren Bildhauer wohl so wenig Talent gehabt haben muss, so dass er seine Hände mit seine Füßen verwechselte.«
    »Was heißt, du bist im Spiegel gefangen?«
    »Ich wurde zur Strafe hierher verbannt, obwohl ich nicht einmal einen Prozess bekommen habe. Du kannst dir das nicht vorstellen, aber das ist die schlimmste Strafe, die es auf Thalantia gibt. Ich kann hier nicht einmal etwas essen und verhungere trotzdem nicht. Diese Strafe wird heute gar nicht mehr angewendet. Ich sollte ein freier Mann sein. Aber niemand, den ich bisher getroffen habe, weiß, wie ich hier wieder rauskommen kann.«
    »Dein Zimmer hat keine Tür«, bemerkte
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