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Das Ende der Geduld

Das Ende der Geduld

Titel: Das Ende der Geduld
Autoren: Kirsten Heisig
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werden soll, eine Kopie des Vorgangs an das Jugendgericht senden und eine „Krisenintervention' anregen. Das Gericht kann dann kurzfristig einen Anhörungstermin ansetzen, den Beschuldigten, die Eltern und die Jugendgerichtshilfe vorladen und bereits zu diesem Zeitpunkt anordnen, dass der junge Mensch z. B. unter Betreuung gestellt wird, einen sozialen Trainingskurs besucht oder seine Drogenproblematik angeht. Auch Unterbringungen sind mit Zustimmung der Eltern denkbar. Darüber hinaus könnten sich beispielsweise die Schulen an das Jugendgericht wenden, wenn sie auf straffällig gewordene Jugendliche, die im Unterricht „über Tische und Bänke" gehen, mit eigenen Maßnahmen nicht mehr einwirken können. Eine Intervention lässt sich in diesem Kontext außerdem beim Zusammentreffen von Schiildistanz und Straftaten denken.
    Von § 71 JGG wird zumindest in Berlin nach meiner Kenntnis gegenwärtig kein Gebrauch gemacht. Ich befasse mich erst seit kurzer Zeit mit der Idee, diese Vorschrift zu „beleben", denn wie bei der klügeren Nutzung der vereinfachten Verfahren sehe ich auch hier eine Möglichkeit, auf der Grundlage des geltenden Rechts frühe staatliche Reaktionen zu installieren. Die Lücke zwischen denjenigen Straftätern, die noch im vereinfachten Verfahren bearbeitet werden können, und denjenigen, die bis zur Hauptverhandlung in Untersuchungshaft genommen werden, könnte auf diese Weise vielleicht geschlossen werden.
     

Etwas Persönliches zu guter Letzt
    Einige Fragen werden mir immer wieder gestellt: Warum tun Sie das alles? Warum erledigen Sie nicht einfach nur Ihre Arbeit? Warum mischen Sie sich derart ein? Ich möchte hierauf kurz eingehen.
    Es ist in meinem Leben selten ein längerer Zeitraum vergangen, in dem ich nicht darüber nachdachte, welch unglaubliches Glück ich habe, als Frau in diesem Land zu diesem Zeitpunkt der Weltgeschichte leben zu dürfen. Ich bin 1961 geboren. Das ist nicht so lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Dennoch fand ich von Anfang an Entwicklungsbedingungen vor, die es mir ermöglichten, in Frieden, Freiheit und Gleichheit aufzuwachsen und schulisch, beruflich und privat unbehelligt von äußeren Einflüssen und gesellschaftlichen Zwängen eigene Entscheidungen zu treffen. Dafür bin ich meinem Elternhaus, aber auch den Vätern des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland dankbar, denn die meiner Generation zur Verfügung stehenden Möglichkeiten folgen keinem Naturgesetz. Wenn ich mich in anderen historischen Phasen oder in anderen Teilen der Welt umschaue, fühle ich mich darin bestärkt, unserem Land etwas zurückzugeben, das jenseits der Ausübung meiner beruflichen Tätigkeit liegt - auch wenn ich dabei anecke.
    Ich möchte, dass die künftigen Generationen dieselben Chancen erhalten, die sich mir boten. Hier sehe ich momentan Gefahren, die sich nicht ausschließlich, aber auch im Bereich der Kriminalitätsentwicklung zeigen. Die Gesellschaft befindet sich aus meiner Sicht an einem Scheideweg. Sie könnte sich spalten: in „reich" und „arm, in „links" und „rechts", in „muslimisch" und „nichtmuslimisch".
    Es ist deshalb, abgesehen von noch zu beseitigenden Handlungsdefiziten im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung, insgesamt notwendig, eine ehrliche Debatte jenseits von Ideologien zu führen. Sie wird kontrovers, wahrscheinlich auch schmerzhaft sein. Deutschland wird sie aushalten - und mich auch.
     

Dank
    Ich bedanke mich beim Verlag Herder, der mir die Gelegenheit gegeben hat, dieses Buch zu schreiben. Einige Zeit hatte ich bereits darüber nachgedacht, wäre aber nie auf die Idee gekommen, von mir aus an einen Verlag heranzutreten.
    Die Umsetzung eines Buchvorhabens ist schwieriger, als ich anfangs dachte, weshalb ich froh war, Dr. Stephan Meyer als Lektor an meiner Seite zu haben.
    Mein Dank gilt darüber hinaus meinem Kollegen Andreas Müller aus Bernau, der meine Arbeit als überzeugter „Linker" kritisch begleitet, und meinem Freund und Kollegen Stephan Kuperion. Er hat mir in schwierigsten Zeiten beigestanden und darüber hinaus die Ausweitung der vereinfachten Jugendverfahren in Berlin maßgeblich vorangebracht.
    Auch ohne die Unterstützung des Leitenden Oberstaatsanwaltes Dr. Andreas Behm, der die Berliner Staatsanwaltschaft leitet, und des Oberstaatsanwaltes Rudolf Hausmann, der Verantwortlichen der Berliner Polizeidirektion 5 sowie des Leiters der Jugendgerichtshilfe Neukölln, Thomas Weylandt, hätte das „Neuköllner Modell"
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