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Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)

Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)

Titel: Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
Autoren: Åke Edwardson
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etwas zu verstehen, nur den Schmerz, den Hunger, die Kälte, die Hitze, ohne Sprache. Ohne Erinnerung. Hatte das Baby den Mörder gesehen? Hatte er es aus dem Bett gehoben? Hatte er es gar nicht bemerkt? Das Kind hatte einen Namen, Greta. Ihre Person existierte noch in ihrem Namen im Unterschied zu den anderen, die nur noch Erinnerung waren, in der Erinnerung Lebender.
    Torstens Leute hatten das Bett und alles andere aus dem Zimmer mitgenommen. Winter verließ sich auf Torsten, Spuren waren entscheidende Beweise, wichtiger als jemand, der ein Geständnis ablegte, die Leute konnten alles Mögliche gestehen, sich in den Abgrund phantasieren.
    Er ging einmal um das Bett herum, sah es immer noch dort stehen. Hier war er hereingekommen, in dem Moment, das Kind war schon weg gewesen, es war bei Frau Krol, aber alles andere war noch da gewesen, das Bettzeug, das auf dem Fußboden lag … was hatte auf dem Boden gelegen?
    Was habe ich gesehen? Etwas Weiches habe ich gesehen, irgendein kleines Kuscheltier, so eins wie Elsa und Lilly gehabt haben, Kuscheltiere, die ich selber gekauft habe, schadstofffrei und groß genug, damit die Kinder sie nicht verschlucken konnten. Warum hat es an der Stelle gelegen? Greta hatte noch keine Kraft, es so weit zu werfen. Warum lag es ganz hinten in der Ecke?
    Was hatte er im Bett gesehen?
    Was hatte er nicht gesehen?
    Was habe ich gesehen?
    Was habe ich nicht gesehen?
    Jetzt wusste er, was er nicht gesehen hatte. Nicht auf dem Fußboden. Nicht im Bett. Nirgends.
    Er nahm sein iPhone aus der Tasche und gab Torstens Kurzwahl ein. Der Kollege meldete sich nach dem dritten Signal.
    »Ich bin in dem Haus bei Amundö. Habt ihr hier einen Nuckel gefunden?«
    »Nuckel? Das muss ich überprüfen. Ich gehe gerade alles durch. Wie du weißt, habe ich mit dem Kinderzimmer nicht viel zu tun gehabt.«
    »Ja, das waren Lisbeth und Mario, nicht?«
    »Genau. Ich werde sie fragen. Lisbeth ist gerade im Haus. Ich kann sie sofort fragen.«
    »Bitte.«
    Torsten bohrte nicht weiter nach. Ihm brauchte Winter nie etwas zu erklären. Fragen brachten nichts. Winter lauschte nach Geräuschen außerhalb des Hauses, aber da draußen gab es nur die Stille des Winters. In seinem Kopf brauste es, er machte ein paar Schritte über den leeren Fußboden.
    »Erik?«
    »Ich bin hier.«
    »Kein Treffer.«
    »Seid ihr sicher?«
    »Was zum Teufel denkst du denn?«
    »Entschuldige, Torsten.«
    »Kein Nuckel in dem Zimmer. Es hätte eigentlich einen geben müssen.«
    »Vielleicht hat das Kind an den Fingern gelutscht«, sagte Winter. »Das hat Lilly immer gemacht. Tut es jetzt sogar noch manchmal, wenn ich ehrlich sein soll. Sie hat nie einen Nuckel besessen.«
    »Du wirst den Vater fragen müssen.«
    »Er wird sagen, das Baby habe einen Nuckel gehabt«, sagte Winter.
    »Dann …«
    »Nein, ich weiß nicht. Oder der Mörder hat den Nuckel mitgenommen.«
    »Warte mal«, sage Öberg. »Lisbeth kommt gerade herein.«
    Winter hörte Stimmen im Hintergrund.
    »In einer Küchenschublade haben wir mehrere Nuckel gefunden«, sagte Öberg in den Hörer. »Es war offenbar ein Nuckelkind, oder sie haben die Nuckel der älteren Kinder zur Erinnerung in der Schublade aufbewahrt.«
    »Der Scheißkerl hat den Nuckel mitgenommen. Er hat ihn angefasst. Er wusste, dass er ihn angefasst hat.«
    »Schon möglich. Warum hat er ihn berührt?«
    »Er hat versucht, das Kind zu beruhigen.«
    Winter stand im Wohnzimmer, sah aus dem Fenster, inside looking out , dachte er, vielleicht Marsalis. Jetzt wusste er, an was ihn die Felsen oberhalb des Hauses erinnerten. An einen Zweimaster, ein Segel aus Stein, abgetrennt vom Meer.
    Der Junge hatte teilweise verborgen unter der Decke gelegen, einem Plaid. Warum? Wollte der Mörder ihn nicht mehr sehen? Winter kauerte sich vor der Kontur des ermordeten Kindes auf dem Fußboden hin. Der Junge hatte Erik geheißen, heißt immer noch Erik, dachte Winter. Er war fünf Jahre alt geworden. An den Wänden hingen Fotos von ihm, Fotos standen auf Kommoden, überall, zusammen mit der kleinen Schwester, allein, zusammen mit der großen Schwester, die Anna geheißen hatte. Anna heißt, dachte er.
    Das andere Schlafzimmer betrat er nicht, nicht jetzt.
    Er stellte sich vor die Eingangstür in der Diele. Sie hatten keine Spuren von einem Einbruch gefunden. Torstens Männer hätten sie sofort entdeckt, so etwas sah man.
    Winter drehte sich um. Auf dem Fußboden zeichneten sich noch Schleifspuren ab. Jemand war hereingekommen, und
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