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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro
Autoren: J.J. Voskuil
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ihn.
    Sie schwiegen eine Weile.
    „Hast du schon darüber nachgedacht, was du verdienen möchtest?“
    Die Frage durchbrach die Vertraulichkeit. „Das weiß ich nicht“, wehrte er ab. „Das sollten Sie einfach bestimmen.“
    Beerta nickte bedächtig. „Ich werde der Kommission vorschlagen, dich einzustellen.“
    Auf dem Rückweg traf Maarten im ersten Raum auf Koert Wiegel, den Bibliothekar. Er kannte ihn noch aus seiner Studienzeit.
    „He, was machst du denn hier?“, fragte Wiegel erstaunt. Es klang nicht besonders erfreut. Auch früher schon hatte er Maarten das Gefühl vermittelt, als hätte er ihm ein unverzeihliches Unrecht zugefügt.
    „Ich werde hier vielleicht arbeiten“, antwortete Maarten. Er bemerkte, dass ein älterer Mann, der hinter Wiegel an einem Schreibtisch saß und arbeitete, den Kopf hob und ihn ansah.
    „Das ist nicht dein Ernst!“, sagte Wiegel, ohne eine Spur von Freude. „Komm eben mit.“ Er ging mit kleinen, stolzierenden Schritten voran, in den hinteren Teil des Raums, der hinter einem Bücherregal verborgen lag, das ihn teilte. Seine Art zu gehen erinnerte an die von Beerta, und unter den Studenten kursierte die Ansicht, dass es einst als Imitation angefangen hatte, wie so vieles bei Wiegel, der ein Meister im Imitieren war. „Kennst du Herrn Veerman?“, fragte er mit einer Kopfbewegung hin zu einem dicken Mann, der, ihnen den Rücken zugewandt, vor einer Reihe von Registraturschränken saß und damit beschäftigt war, Zeitungsausschnitte einzusortieren.
    „Ach, Herr Wiegel“, sagte der Mann, ohne Maarten zu beachten. „Hier habe ich so einen merkwürdigen Ausschnitt, man könnte sogar sagen, einen sehr merkwürdigen.“ Mühsam richtete er sich aus seiner hockenden Stellung auf und reichte Wiegel einen Ausschnitt. Sein Kopf war feuerrot. Er trug ein ebenfalls rotes Oberhemd, das am Hals offenstand, sowie eine weite, unförmige Hose.
    „Gleich, Herr Veerman“, wehrte Wiegel ab, „ich habe gerade Besuch.“ Er schob einen Stuhl an seinen Schreibtisch. „Setz dich“, forderte er Maarten auf. „Hätte dir nicht etwas Besseres einfallen können?“
    „Nein“, antwortete Maarten. Weil er nie wusste, was dieser Mann wirklich meinte und wann er einen Scherz machte, fühlte er sich in seiner Gegenwart unbehaglich.
    Wiegel lachte freudlos. „Der eine weiß nicht, wie er hier wegkommen soll, und der andere kommt freiwillig zum Arbeiten her. Gab es keine Stelle an der Universität?“
    „Ich möchte nicht mal daran denken!“ Hinter sich hörte er Veerman herumkramen und stöhnen. Sollte er tatsächlich eingestellt werden, dann wollte er lieber nicht in dieser Ecke arbeiten müssen.
    „Oder als Lehrer?“, fuhr Wiegel fort.
    „Du bist doch auch Lehrer gewesen und hast es aufgegeben.“
    Wiegel lachte. „Kennst du die Geschichte von dem Lehrer aus Makkum?“
    Maarten schüttelte den Kopf.
    „Schade, ich auch nicht.“ Der Scherz bereitete ihm einen Heidenspaß, doch plötzlich wurde er ernst. „Aber im Ernst. Es läßt sich hier aushalten. Zumindest, wenn du Sinn für Humor hast.“
     
    Nicolien war beim Staubsaugen. Als er das Haus betrat, schaute sie auf und schaltete mit ihrem Fuß den Staubsauger aus. „Und, wie war es?“
    „Er wird es der Kommission vorschlagen.“ Er lächelte schuldbewusst.
    „Aber hat er denn nichts gefragt?“
    „Ich glaube, ihm wäre jede Antwort recht gewesen.“
    „Aber du hast ihm doch sicher gesagt, dass du die Wissenschaft verabscheust?“
    „Ich habe gesagt, es würde mich ansprechen, dass diese Arbeit keinen Anspruch auf irgendetwas erhebt.“ Er hatte den Eindruck, dass diese Antwort sie nur halb zufriedenstellte, doch sie sagte nichts. Sie brachte den Staubsauger weg und ging in die Küche, um Kaffee zu machen. Er setzte sich auf die Couch und sah vor sich hin. Er fühlte sich leer und vielleicht auch ein wenig bedroht, er konnte es nicht eindeutig bestimmen. Unsinn, dachte er missmutig, ebenso gut könnte man damit zufrieden sein. Er sah hoch. Sie kam mit dem Kaffee ins Zimmer. „Warum weinst du?“, fragte er verstimmt.
    „Ich weine nicht“, antwortete sie mit erstickter Stimme. Die Tränen liefen ihr über die Wangen.
    „Und ob du weinst.“
    „Ich hatte so gehofft, du würdest es nicht tun. Ich fand es so schön, zusammen mit dir.“
    Es rührte ihn. Er hockte sich neben ihren Stuhl und ergriff ihre Hand. „Aber jeder hat doch eine Stelle.“ Er spielte mit ihrer Hand, die schlaff in der seinen hing. „Aber
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