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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn
Autoren: John Stephens
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Einleitung! –, noch einen Schritt weiter und ihr betretet Privatbesitz. Unbefugte werden erschossen, gehängt, zu Brei geprügelt und noch einmal erschossen. Die Krähen werden euch die Augen auspicken, eure Leber wird auf dem offenen Feuer geröstet – herrje, das ist ja ekelhaft, und es geht noch eine ganze Weile so weiter …« Sein Blick wanderte zum Ende der Holztafel. » Also kehrt um, wenn ihr noch Grips im Hirn habt. Mit freundlichen Grüßen, der Teufel von Castel del Monte .« Dr. Pym richtete sich auf. »Nicht gerade einladend, nicht wahr? Na los, weiter geht’s!«
    Und damit kletterte er über die Mauer.
    Michael überlegte gerade, ob es nicht klüger wäre, vorher anzurufen, aber Emma sprang schon auf der anderen Seite der Mauer herunter, und er beeilte sich, ihr zu folgen. Sie waren gerade einmal zehn Meter weit gekommen, als ein Krachen ertönte und etwas durch das Laub über ihren Köpfen zischte. Michael und Emma ließen sich flach zu Boden fallen.
    »Wisst ihr was?« Dr. Pym war stehen geblieben, machte aber keine Anstalten, sich zu ducken. »Ich glaube, er hat gerade auf uns geschossen.«
    »Echt?«, ließ sich Emma von unten vernehmen. »Was Sie nicht sagen!«
    Ein weiteres Krachen ertönte und von einem nahe gelegenen Baum splitterte Rinde ab.
    Eine Stimme brüllte etwas auf Italienisch.
    »Also wirklich«, sagte Dr. Pym. »Das ist doch lächerlich!« Er hob seine Stimme. »Hugo! Würdest du bitte aufhören, uns zu beschießen? Das ist wirklich sehr lästig!«
    Eine Weile herrschte Stille.
    Dann rief die Stimme auf Englisch: »Wer ist da?«
    Vorsichtig hob Michael den Kopf und blickte den Hügel hinauf. Oben zwischen den Bäumen stand ein kleines Steinhaus, aber den Mann, der geschossen hatte, sah er nicht.
    »Ich bin es – Stanislaus Pym! Hugo, ich möchte mit dir reden!«
    Ein raues Gelächter war die Antwort. »Pym? Du Trottel! Kannst du nicht lesen? Unbefugte werden erschossen! Jetzt mach kehrt, marsch, marsch, und befördere deinen Kadaver von meinem Grund und Boden, bevor ich der Welt einen Gefallen tue und eine Kugel durch die Hafergrütze jage, die du Gehirn nennst! Ha!«
    »Hugo«, sagte der Zauberer, als würde er mit einem unartigen Kind sprechen. »Glaubst du wirklich, ich hätte den weiten Weg unternommen, nur um wieder umzukehren? Ich komme jetzt rauf.«
    Michael glaubte, ein wütendes Gemurmel zu hören.
    »Hugo?«
    Ein Wutgebrüll ertönte, und dann: »Also gut, komm rauf, mach schon! Ich wusste ja schon immer, dass es bei deinen beschränkten geistigen Fähigkeiten zu viel verlangt ist, von dir Respekt vor dem Privatbesitz anderer Leute zu verlangen!«
    Dann ertönte ein Geräusch, als ob jemand einen Baumstamm mit Fußtritten malträtierte.
    Dr. Pym schaute die Kinder an. »Jetzt besteht keine Gefahr mehr.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Michael.
    »Ähm, vielleicht sollten Sie vorgehen«, schlug Emma vor.
    »Das ist nicht nötig. Vertraut mir.«
    Die Kinder standen auf und wischten sich Staub und Holzstückchen von Armen und Beinen. Es waren noch einmal fünfzig Meter bis zu dem Steinhäuschen, aber der Mann kam erst zum Vorschein, als sie nur noch zehn Schritte von der Tür entfernt waren. Dann trat er plötzlich hinter einem Karren hervor, der auf der Seite lag. Seine Erscheinung war in jeder Beziehung merkwürdig. Er war klein und hatte ein breites Gesicht. Seine Kleidung war verblichen und ausgefranst vom vielen Waschen. Die seit Langem nicht mehr gestutzten schwarzen Haare und der Bart rahmten wild und unbändig sein Gesicht. Dicke Brauen beschatteten die Augen, aber was die Kinder in diesen lasen, war unmissverständlich: Dieser Mann würde sich mit der ganzen Welt anlegen, falls nötig. Er hatte das Gewehr in der linken Hand.
    »Stanislaus Pym«, schnaubte der Mann höhnisch. »Das muss mein Glückstag sein. Ich bin überrascht, dass du bloß zehn Jahre brauchtest, um mich zu finden. Wahrscheinlich hattest du Hilfe.«
    »Du hättest nicht untertauchen sollen, Hugo. Dadurch ist alles noch viel komplizierter geworden.«
    »Und du solltest dich nicht so benehmen wie ein aufgeplatztes Furunkel! Aber die Welt ist nun einmal nicht vollkommen.«
    Damit wandte er sich um und stapfte durch die Tür ins Haus. Dr. Pym und Emma folgten. Sobald sie eingetreten war, hielt sich Emma die Nase zu. Der Gestank war überwältigend. Michael kam als Letzter herein. Er blieb im Türrahmen stehen. Direkt neben dem Eingang befand sich eine alte Holztruhe, auf der ein gerahmtes
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