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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir
Autoren: Linda Ladd
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angerufen, als ich mit Li He ins Haus gegangen bin. Er hat mir gesagt, er sei mit ein paar Freunden in Mikeys Haus, und ich sollte dich hinbringen. Er wird dir nichts tun. Er hat mir versprochen, dass er dir nichts tun wird.«
    Selten so gelacht, dachte ich. Das war in etwa so wahrscheinlich wie die Landung eines Raumschiffs auf meinem Autodach. Ich lehnte den Kopf an die Kopfstütze und schloss die Augen.
    Während ich halbherzig gegen den Schlaf ankämpfte, hörte ich, wie Khur-Vay ausstieg und zur Fahrerseite lief. Ich spürte, dass ich über den Sitz und aus dem Weg geschoben wurde, bis mein Kopf am Beifahrerfenster lehnte. Noch immer bemühte ich mich, wach zu bleiben und den Geschehnissen zu folgen. Ich durfte nicht bewusstlos werden. Als der Motor ansprang, blinzelte ich, schüttelte den Kopf und zwang mich, die Augen zu öffnen. Sie fuhr eine Weile die Hauptstraße entlang und bog dann scharf links ab.
    Weiter ging es, und wir holperten über unebenen Untergrund. Kies knirschte unter den Reifen, und kurz wurde ich vom Schlaf übermannt, bis das Auto wieder stehen blieb. Ich riss mich lange genug aus meinem Dämmerzustand, um im grellen Licht der Scheinwerfer ein verwittertes graues Lagerhaus zu erkennen. Als Khur-Vay die Tür öffnete und ausstieg, hörte ich wieder das laute Rauschen des Flusses, der unter lautem Plätschern und Gurgeln stromabwärts floss. Im nächsten Moment kam jemand aus dem Haus, und ich versuchte die Person zu erkennen, die sich dem Auto näherte. Doch ich konnte nicht lange genug die Augen offen halten, und endlich gewannen die Tabletten die Oberhand.
    Ich wachte auf, als sie mich aus dem Auto zerrten. Immer wieder schlief ich ein, doch den Großteil der Zeit war ich nur halb bei Bewusstsein. Ich spürte, wie das Adrenalin in mir hochkochte, als die Hände eines Mannes mich berührten und hochhoben, und ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass mir etwas einfallen würde, um mich gegen die Wirkung der Schlaftabletten zu wehren. Dann waren wir im Gebäude, in einem dämmrig beleuchteten Zimmer, und ich hörte Stimmen, konnte jedoch nicht richtig verstehen, was sie sagten. Ich wurde auf den Boden geworfen, und danach spürte und sah ich eine Weile gar nichts mehr.
    Später, ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, wurde ich von lauten Stimmen geweckt. Ich zwang mich, die Augen zu öffnen und klar zu sehen, was mir allerdings sehr schwerfiel. Inzwischen hing ich in einer Art Liegestuhl und konnte einige andere im Kreis aufgestellte Stühle ausmachen. Menschen saßen darauf, doch ihre Gesichter blieben in den dunklen Schatten am Rande des Raums verborgen. In der Mitte stand eine alte Kiste. Die elektrische Laterne darauf war die einzige Lichtquelle im Raum. Ich hörte Khur-Vay weinen. »Bitte, Tee, bitte, tu mir nichts. Ich habe dir gehorcht. Ich mache alles, was du willst«, sagte sie.
    »Ja, Blossom, das wirst du ganz bestimmt.«
    Die Stimme kam mir bekannt vor. Ich wusste, wem sie gehörte, konnte meinen Verstand aber nicht dazu bringen, sie einzuordnen. Doch ich sah den Mann, der sich bückte und Khur-Vay mit Klebeband an einen Stuhl fesselte. Er richtete sich auf, nahm meine rote Krokotasche vom Boden, kramte darin herum und holte das Asservatentütchen mit Mikey Murphys Schlüssel heraus.
    Er lachte triumphierend auf. »Da haben wir ja den Schlüssel zu Mikeys kleinem Versteck, wo immer es auch sein mag. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, was er und Orchid mit meinen Videos gemacht haben. Eins sage ich dir, Blossom, unser lieber Freund Mikey hat sich als richtiger Held erwiesen. Für so tapfer hätte ich ihn gar nicht gehalten. Er hat mir nicht verraten, wo die Bänder sind, nicht einmal als ich ihm die Schlinge um den Hals gelegt habe. Sogar als ich ihn von der Brücke gestoßen habe, hat er noch gedroht, mich fertigzumachen. Du hättest hören sollen, wie sein Genick geknackt hat, aber er hat noch eine Weile gezappelt, bevor Schluss war.«
    Ich versuchte, klar zu denken. Meine Waffe steckte nicht mehr im Schulterhalfter, so viel war klar. Ganz vorsichtig bewegte ich den rechten Fuß, um festzustellen, ob der .38er noch an meinem Knöchel befestigt war. Ich spürte kein Gewicht, also hatte er ihn mir ebenfalls abgenommen. Als er hörte, dass ich mich rührte, griff er nach der Laterne und kam näher. »Ach, ausgezeichnet, unsere berühmte kleine Polizistin ist wach. Ich habe hier die Überraschung ihres Lebens für sie.«
    Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
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