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Das Blutschwert

Das Blutschwert

Titel: Das Blutschwert
Autoren: Christopher Golden , Nancy Holder
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ließ Giles sein großes hölzernes Kreuz auf den Vampir niedersausen, den Buffy über die Sitzreihen geschleudert hatte.
    Buffy beobachtete ihren Mentor, und sie musste zugeben, dass er sich sehr geschickt anstellte. Erst recht, wenn man bedachte, dass er schon über vierzig war und stramm auf die siebzig zuging. Giles beherrschte sein Handwerk. Mit einem sauberen Stoß stieß er das untere Ende des Kreuzes wie einen Pflock in das Herz des Vampirs. Er verstand genug von seinem Fach, um Buffy mehr über die Bekämpfung von Vampiren, Dämonen und der Mächte der Finsternis beizubringen, als ein heißblütiges amerikanisches High-School-Mädchen durchschnittlich wissen musste.
    Doch wer wollte schon zum Durchschnitt gehören?
    Nun, Buffy schon. Aber dieses Thema war inzwischen so oft durchgekaut worden, dass es in etwa so aktuell war wie ein Witz über O. J. Simpson.
    »Du wirkst ein bisschen eingerostet, Buffy«, stichelte Giles und rückte seine Krawatte zurecht. »Was mich zu der Frage bringt, ob ich in der letzten Zeit zu nachsichtig gewesen bin.«
    »Immerhin atmen Sie noch«, konterte Buffy.
    »Hmm?«, machte Giles und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Buffy. Er neigte dazu, sich leicht ablenken zu lassen. »Sicher. Und ich bin dir dankbar dafür, sehr sogar. Es ist nur so, dass ich mir Sorgen mache. Wenn du gegen einen mächtigeren Vampir antrittst, könnte deine Technik.«
    »Giles«, unterbrach Buffy.
    Aber er redete einfach weiter. »... etwas.«
    »Giles!«, schrie Buffy und rannte los. Doch es war bereits zu spät. Ein weiterer Vampir war von der Galerie gesprungen und auf dem Bibliothekar gelandet. Buffy spürte einen Adrenalinstoß bei dem Gedanken, dass Giles, der ihr so nahe stand, tatsächlich etwas zustoßen konnte.
    Glücklicherweise reagierte Giles schneller, als seine Zerstreutheit vermuten ließ. Er brach zwar unter dem Gewicht des Vampirs zusammen, aber noch bevor Buffy sich den Blutsauger greifen konnte, explodierte der Vampir auf äußerst befriedigende Weise und zerfiel in eine Staubwolke. Giles hatte das zersplitterte Ende seines großen Holzkreuzes gerade noch rechtzeitig herumgedreht und den Vampir aufgespießt.
    »Haben Sie vergessen, dass ich von vier Vampiren sprach, die dort oben lauern?«, fragte Buffy, als sie Giles beim Aufstehen half.
    »Hmm? Oh, ja«, erwiderte Giles, während er seine Brille von der Asche des Untoten säuberte. »Ich war bloß ein wenig abgelenkt.«
    »Vielleicht sollten Sie mal an Ihrer Technik arbeiten«, schlug Buffy vor.
    »Das ist womöglich keine schlechte Idee«, räumte Giles ein. »Aber vielleicht sollten wir uns darauf konzentrieren, Xander und Cordelia zu finden, bevor dieser Lear-Darsteller auf den Gedanken kommt, dass die beiden ihre Aufgabe als Köder erfüllt haben.«
    Buffy schnitt eine Grimasse. Sie war konzentriert. Nichts war wichtiger, als Xander und Cordy in Sicherheit zu bringen. Deshalb hatten sie und Giles sich überhaupt erst von Willow und Angel getrennt.
    Ein plötzliches Rauschen ließ sie aufhorchen und zur Bühne sehen. Der rote Samtvorhang öffnete sich. Buffy und Giles liefen den Gang hinunter. Die Jägerin versuchte, die etwas unansehnlichen Toten in der ersten Reihe vor dem Orchestergraben zu ignorieren. Sie hatte mehr Leichen als ein Serienmörder gesehen, aber das machte die Sache auch nicht leichter.
    »Warum muss immer ich es sein, die Leben in die Party bringt?«, murmelte sie vor sich hin. Die Antwort, die ihr einfiel, ließ sie zusammenzucken: Weil ich immer die Einzige bin, die noch lebt!
    Hinter der Bühne gab es einen zweiten Vorhang. Buffy zweifelte nicht daran, dass das Majestic viel komplizierter aufgebaut war als die Aula der Sunnydale High, in der sie vor kurzem eine Talentshow veranstaltet hatten. Aber selbst die Bühne der High School hatte vier oder fünf Vorhänge. Also blieb ihnen wohl nichts anderes übrig, als auf die Bühne zu steigen, um herauszufinden, was Lear mit Xander und Cordelia gemacht hatte. Andererseits.
    Buffy blieb stehen. Der Bösewicht wusste doch, dass sie hier waren.
    »Worauf wartest du, Lear?«, rief sie einer plötzlichen Eingebung folgend. »Das Publikum wartet!«
    Giles starrte sie an, als wäre sie nicht mehr ganz dicht. Man könnte auch sagen, als wäre sie sie selbst. Und Buffy musste zugeben, dass es zwar Spaß machte, einen aufgeblasenen Vampir zu reizen, es aber eigentlich keine besonders gute Idee war. Immerhin hatte dieser fette, blutsaugende Möchtegern-Schauspieler zwei
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