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Das Blut der Rhu'u (German Edition)

Das Blut der Rhu'u (German Edition)

Titel: Das Blut der Rhu'u (German Edition)
Autoren: Mara Laue
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außen zeigte.
    »Eine genaue Adresse kann ich euch natürlich nicht geben«, fuhr Megan fort, »aber die Dolche werden euch zu ihr führen.«
    Cameron hatte noch nie einen dieser Dolche gesehen, die der Engel damals den Gründervätern der Gemeinschaft gegeben hatte. Neun geweihte Dolche, von Gott mit der Macht ausgestattet, jeden Rhu’u-Dämon aufzuspüren und für immer zu vernichten. In der Vergangenheit hatten die Dolche schon mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie sehr gut funktionierten. Besonders in Verbindung mit der Tatsache, dass die Gemeinschaft des Lichts jedes ihrer Mitglieder – Männer wie Frauen – auch zu Soldaten ausbildete, die in ihrer Kampfkraft keinem Angehörigen einer Eliteeinheit der Welt nachstanden.
    Megan trat zurück und überließ Patrick wieder das Feld. »Jack, Liz, Janet, Seymour und Andrew«, er nickte den Auserwählten zu, »ihr macht euch in einer Stunde auf den Weg.« Er blickte Cameron an und lächelte entschuldigend. »Tut mir leid, Cameron, aber du hast noch nie gejagt. Und bei einem Rhu’u dürfen wir kein Risiko eingehen. Deshalb schicke ich unsere erfahrensten Jäger. Aber ich verspreche dir, dass du mit auf die nächste Jagd nach einem normalen Dämon gehen wirst.«
    »Kein Problem«, versicherte Cameron. »Der Erfolg ist das Einzige, was zählt, nicht wer ihn ermöglicht hat. Ich mache noch schnell den Ford fertig. Die neue Lichtmaschine dürfte den alten Kasten problemlos bis nach Edinburgh bringen.« Er nickte den Auserwählten zu. »Ich wünsche euch viel Glück und vor allem Erfolg. Und lasst euch bloß nicht erwischen.«
    Schließlich sah es für jeden Menschen, der zufällig Zeuge der Hinrichtung eines Rhu’u-Dämons wurde, so aus, als würde ein Mensch ermordet, denn das war ihre natürliche, angeborene Gestalt. Und ihr Blut war ebenso rot wie das jedes Menschen.
    Cameron verließ die Kapelle und ging zurück auf den Hof, um die Reparatur am Wagen abzuschließen. Es machte ihm wirklich nichts aus, dass er nicht für die Jagd auserwählt worden war. Denn die Vernichtung von Dämonen war nicht der Grund gewesen, warum er sich der Gemeinschaft des Lichts angeschlossen hatte.
     
    *
     
    Kara fuhr zurück und starrte das Spiegelbild an. Kniff die Augen zusammen und riss sie wieder auf. Das Bild des Mannes darin blieb. Sie presste die Hand vor den Mund, um das Wimmern zu ersticken, das in ihr aufstieg, und fühlte sich den Tränen nahe. Alles begann wieder wie damals. Nur dass sie statt des Jungen jetzt einen erwachsenen Mann im Spiegel sah.
    Dass das ein Zeichen war, dass sie verrückt wurde, erkannte sie daran, dass er ihr so ähnlich sah, als trüge er tatsächlich ihr Gesicht, nur eine ins Männliche verschobene Version davon. Aber er hatte die gleichen Augen wie sie, von genau derselben Form und Farbe, die gleichen roten Haare, nur dass er sie kurz trug, die gleichen geschwungenen Lippen und die gleiche Nase. Lediglich die Kinnpartie war etwas kantiger. Wenn sie den Rest des Bildes mit den Händen abdeckte und nur die Augenpartie frei ließ, waren ihre und seine exakt deckungsgleich.
    Genau wie damals. Deshalb hatte sie lange gebraucht, bis ihr aufgefallen war, dass das Spiegelbild nicht dieselben Bewegungen machte wie sie. Anfangs hatte sie das nicht als bedrohlich empfunden, hatte sogar versucht, mit dem Jungen zu sprechen. Aber er hatte sie nicht hören können. Dafür hatte ihre Mutter sie gehört und sie gefragt, mit wem sie denn redete. Erst als Kara begriffen hatte, dass ihre Mutter den Jungen nicht sehen konnte und erschrocken reagierte, war ihr bewusst geworden, dass das, was sie sah, nicht natürlich war.
    Die Angst war jedoch erst gekommen, als ihre Mutter mit ihr zu einem Arzt nach Inverness gegangen war, den sie Psychiater nannte. Dass sie eine so weite Reise von fast hundert Meilen gemacht hatten, nur um einen Arzt aufzusuchen – da musste Kara wirklich schlimm krank sein, obwohl sie sich nicht krank fühlte. Und dass sie eine ganze Woche in einer Klinik hatte bleiben müssen – »zur Beobachtung« –, hatte ihr noch mehr Angst gemacht. Zwar hatte sie auch in den Spiegeln der Klinik den Jungen gesehen, aber der Doktor und alle Schwestern hatten ihr immer wieder gesagt, dass sie sich das nur einbildete, weil sie sich einsam fühlte. Ein Einzelkind, ohne Vater, mit einer traurigen Mutter, die sich ebenfalls einsam fühlte nach dem Tod ihres Mannes, dazu die lebhafte Fantasie eines Kindes – sie hatte sich einfach jemanden in den Spiegel
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