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Das Arrangement

Das Arrangement

Titel: Das Arrangement
Autoren: Suzanne Forster
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Durcheinandersein. Vielmehr begann jeder Tag seit dem Unfall mit einer Erkenntnis, die sie fast körperlich spürte. Es war, als müsse sie ihr ganzes Denken und Empfinden zurechtrücken, es in die neue Zeit und an den neuen Ort verpflanzen, in eine Welt, die sie kaum kannte. Und über die sie doch mehr wusste, als ihr lieb war.
    Ihre Amnesie war nicht so umfassend, wie die Ärzte vermuteten. Sie erinnerte sich nicht daran, wie sie auf die Felsen aufgeschlagen und fast ertrunken war, und auch nicht, wie sie in das rasende Gewässer des Ozeans gestürzt war, doch sie besaß noch genug Erinnerungen an das, was sich davor ereignet hatte, um sich zu fürchten.
    Diese aufblitzenden Bilder aus der Vergangenheit erschienen ihr wie blendende Scheinwerferlichter, die sie blind für alles andere machten. Alles darum herum schien wie ein Ring aus tiefer Finsternis.
    Vielleicht kam das von den Tabletten, die sie reihenweise nahm, um schlafen zu können und um sich ihrer Träume zu erwehren. Egal, ob es Tag oder Nacht war, wenn sie eine winzige blaue Pille schluckte, wurde sie an einen kühlen, sicheren Ort transportiert, eine schattige tropische Lagune, an der ihre Gedanken frei von allen Wirren und jedem Aufruhr waren. Dann schlief sie unschuldig wie Eva vor dem Sündenfall.
    Sie umklammerte den kleinen verbeulten Kupferring, der an ihrem Armband hing. Er war ein hässliches Stiefkind unter all den zierlichen goldenen Anhängern, doch sie war erleichtert, ihn nicht verloren zu haben. Immer wieder hatte sie danach gegriffen, es war schon ein Reflex. Eine peinliche Angewohnheit. Aber dem Tod so nahe gewesen zu sein, hatte sie abergläubisch werden lassen, und dieser alte Kupferpenny hatte ihr buchstäblich das Leben gerettet, als er sich an diesem Stück Treibholz verfing. Seine Talismanfunktion war damit bewiesen.
    Sie rollte sich auf die Seite und setzte sich auf, ohne darauf zu achten, dass sie nackt war. Es konnte sie ohnehin niemand sehen. Sie teilte diese wunderschöne Suite, in der sie ihre Tage verschlief, nicht mit Andrew, und soweit sie wusste, war das auch immer so gewesen. Vor dem “Unfall”, wie sie es nun nannten, hatten sie in seinem Apartment in Manhattan gelebt. Hier in seinem beträchtlich größeren Anwesen in Oyster Bay lagen ihre Schlafzimmer in verschiedenen Gebäudeflügeln. Jeder hatte seine privaten Räume. Jeder führte sein eigenes Leben.
    In den letzten Tagen hatte sie kaum Kontakt zu ihrem Ehemann gehabt, bis auf die hin und wieder stattfindenden Besprechungen von gesellschaftlichen Veranstaltungen, zu denen sie ihn begleiten sollte. Doch das waren sehr wenige. In den ersten Wochen nach dem Unfall hatte er stundenlang damit verbracht, ihre Wissenslücken bezüglich ihres Lebens mit ihm auszufüllen, ebenso die aus ihrem Leben davor. Er erzählte ihr alles, was er aus ihrer Vergangenheit wusste, doch was er von ihrer Beziehung berichtete, machte ihr klar, dass sie vor dem Unfall kurz vor der Scheidung gestanden hatten – und Andrew schien nicht die Absicht zu haben, ihre Ehe jetzt wieder zu kitten.
    Er schien sie nicht einmal zu mögen, was ihr ein seltsam leeres Gefühl gab und sie irgendwie wütend machte. Dabei war sie sich gar nicht sicher, wie sie selbst früher zu ihm gestanden hatte. Die intimen Einzelheiten ihrer Beziehung wollte er nicht erläutern, wodurch er sie gleichzeitig neugierig und misstrauisch machte. Hauptsächlich aber fühlte sie sich verloren. Wie sollte sie Puzzleteile zusammensetzen, wenn ihr die Hälfte fehlte?
    Sie waren zurzeit nur aufgrund jener Vereinbarung zusammen, die sie getroffen hatten – ihre Beziehung war rein geschäftlich. Sobald sie sich genug erholt hatte, um alleine zurechtzukommen, hatte er sie auch allein gelassen. So wollte er es. Was sie wollte, schien nicht von Belang zu sein, obwohl sie fairerweise zugeben musste, dass er sie zumindest einmal danach gefragt hatte.
    Was willst du mit deiner zweiten Chance anfangen?
    Ihre Antwort hatte ihn überrascht. Sie hatte ihm nämlich erklärt, dass sie nie um eine zweite Chance gebeten hatte.
    Sie stand auf und reckte sich, streckte die Arme aus und spürte die Spannung im ganzen Rücken. Statt ihrer Trägheit machte sich plötzlich ein leichtes Schuldgefühl in ihr breit, als ihr der Zustand ihres Schlafzimmers und des anschließenden Wohnraumes auffiel, den sie teilweise durch den offenen Türbogen sehen konnte. Überall hatte sie irgendwelche Kleidungsstücke fallen gelassen, Bücher und Magazine lagen
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