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Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Titel: Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)
Autoren: Giulia Enders
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fiese Bakterien die Oberhand gewinnen.
    Dabei ist es gar nicht so schwer, sich und seinen besten Mikroben etwas Gutes zu tun. Die meisten haben ohnehin irgendein präbiotisches Lieblingsgericht, das sie ohne Probleme öfter essen würden. Meine Oma hat immer Kartoffelsalat im Kühlschrank, mein Papa macht einen grandiosen Chicorée-Salat mit Mandarinen (Tipp: Chicorée kurz mit warmem Wasser abspülen, dann ist er nicht mehr bitter, nur noch knackig), und meine Schwester liebt Spargel oder Schwarzwurzelgemüse in einer feinen Sahnesoße.

Abb.: Artischocke, Spargel, Chicorée, grüne Banane, Topinambur, Knoblauch, Zwiebel, Pastinak, Schwarzwurzel, Weizen (Vollkorn), Roggen, Hafer, Lauch
    Das wären nur ein paar Gerichte, die Bifidobakterien oder Lactobazillen auch ziemlich gut schmecken. Wir wissen mittlerweile, dass sie Liliengewächse mögen, Compositae -Pflanzen oder auch resistente Stärke. Liliengewächse sind nicht nur Lauch oder Spargel, sondern auch Zwiebeln und Knoblauch. Zu den Compositae gehören neben Chicorée auch Schwarzwurzeln, Topinambur und Artischocken.
    Resistente Stärke bildet sich beispielsweise, wenn man Kartoffeln oder Reis kocht und anschließend abkühlen lässt. Dabei kristallisiert die Stärke aus und wird verdauungsrobuster. Vom »robusten« Kartoffelsalat oder dem kaltem Sushi-Reis kommt mehr unversehrt bei den Mikroben an. Wer noch kein präbiotisches Leibgericht hat, sollte sich mal durchprobieren. Wer diese Gerichte dann regelmäßig isst, wird ein lustiges Phänomen feststellen: Man bekommt ab und zu richtigen Heißhunger auf solche Mahlzeiten.
    Wer sich größtenteils von ballaststoffarmen Dingen ernährt wie Nudeln, weißes Brot oder Pizza, sollte nicht allzu plötzlich auf große Portionen ballaststoffreicher Gerichte umsteigen. Das überwältigt die ausgezehrte Bakteriengemeinschaft: Sie drehen dann völlig am Rad und verstoffwechseln alles über-euphorisch. Folge: Man pupst sich ins Nirwana. Ballaststoffe also langsam steigern und auch dann nicht auf übertrieben hohe Mengen. Essen ist schließlich immer noch in erster Linie für uns und erst in zweiter Linie für unsere Dickdarmbewohner.
    Sich ins Nirwana pupsen ist keine angenehme Sache: Viel Gas bläht unseren Darm unangenehm auf. Ein bisschen Pupsen ist allerdings gesunde Pflicht. Wir sind Lebewesen, in unserem Bauch lebt eine kleine Welt, die munter arbeitet und viele Dinge produziert. So wie die Erde unsere Abgase toleriert, sollten wir auch die unserer Mikroben freundlich weiterleiten. Lustig klingen darf das, komisch riechen muss es nicht unbedingt. Bifidobakterien oder Lactobazillen verbreiten zum Beispiel keine unangenehmen Gerüche. Wer nie pupsen muss, lässt seine Darmbakterien verhungern und ist kein guter Mikrobengastgeber.
    Wer es ganz gezielt will, kann sich direkt pure Präbiotika aus der Drogerie oder Apotheke holen. Aus Chicorée isoliert man hierfür zum Beispiel das Präbiotikum Inulin , aus Milch GOS ( Galacto-Oligo-Saccharide ). Diese Stoffe sind auf ihre gesunde Wirkung getestet und ernähren ziemlich effektiv nur bestimmte Bifidobakterien und Lactobazillen.
    Präbiotika sind bei weitem nicht so gut erforscht wie Probiotika – allerdings gibt es schon ein paar ganz solide Einsatzgebiete. Präbiotika fördern gute Bakterien so, dass weniger Gifte im Darm entstehen. Besonders wenn jemand Probleme mit der Leber hat, kann er Schadstoffe von schlechten Bakterien nicht mehr so gut entschärfen und bekommt dies manchmal deutlich zu spüren. Bakteriengifte haben verschiedene Wirkungen, die von Müdigkeit über Zittern bis zum Koma reichen. Im Krankenhaus gibt man in solchen Fällen oft hochkonzentrierte Präbiotika. In der Regel gehen die Probleme wieder zurück.
    Aber auch für Otto Normal mit quietschfideler Leber spielen Bakteriengifte eine Rolle. Sie entstehen zum Beispiel, wenn die wenigen Ballaststoffe alle schon am Anfang des Dickdarms aufgebraucht wurden und sich Bakterien am Darmende auf unverdaute Proteine stürzen. Bakterien und Fleisch sind manchmal keine gute Kombi – das kennen wir vom Gammelfleisch-Skandal. Zu viele dieser Fleischgifte schädigen den Dickdarm und können im schlimmsten Fall Krebs auslösen. Darmkrebs kommt überdurchschnittlich oft genau hier vor: am Ende des Darms. Deshalb werden Präbiotika vor allem für die Darmkrebsprävention getestet. Erste Studien sind vielversprechend.
    Präbiotika wie GOS sind spannend, weil sie von unserem Körper auch selbst hergestellt werden. In
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