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Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Titel: Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Autoren: Robin Jarvis
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blass, aber hübsch, und ihr aschblondes Haar war mit einem dicken Stück Seil zu einem Zopf geflochten. Ihre grauen Augen waren glasig, trotzdem lag ein forschender Ausdruck darin, Lippen und Kinn waren mit dem widerlichen Saft der Früchte bekleckert, an denen Reggie vorhin vorbeigelaufen war.
    »Jeder hat ein Buch«, erklärte sie. »Meins ist da drüben. Ich bringe es her. Und dann liest du mir vor.«
    Sie wollte eben loslaufen, da hielt Reggie sie zurück. »Lass mal, wir nehmen meins«, sagte er schnell. »Es ist zu Hause, ich hab’s nur liegen lassen und war eh schon auf dem Weg, um es zu holen.«
    Das Mädchen legte den Kopf schief und sah ihn zweifelnd an. Mit diesem Jungen stimmte etwas nicht. Um seinen Mund waren keine Flecken und die dunklen Punkte in seinen Augen waren viel zu klein. Langsam wich sie vor ihm zurück, dann verzog sie ihr kleines Gesicht zu einer Fratze und brüllte aus Leibeskräften: »Abtrüger!« Sie zeigte anklagend mit dem Finger auf Reggie. »Abtrüger!« Reggie wollte ihr den Mund zuhalten, aber sie machte einen Sprung zur Seite und wich ihm aus – noch immer laut kreischend. »Abtrüger!«
    Reggie blickte sich ängstlich um. Die Gruppe der Lesenden stand auf. Einer von ihnen tippte auf seinem iPad herum. Reggie war klar, dass er online die Liste der gesuchten Abtrünnigen in England durchsuchte. Täglich wurde diese auf den neuesten Stand gebracht, sicher war auch sein Foto längst darauf. Bestimmt hatte seine Mutter nur zu gerne sein letztes Schulfoto zur Verfügung gestellt.
    Bingo! Der Mann mit dem iPad blickte mit einem Ruck auf und in Reggies Richtung. Er musste hier weg, und zwar schnell.
    Die Leser rannten auf ihn zu. Auch der Mann mit dem Hund eilte den Weg zurück, während das kleine Mädchen noch immer wie am Spieß schrie. Reggie zögerte nicht lange und nahm die Beine in die Hand.
    Tante Jen wohnte nicht weit vom Park entfernt. Reggie hatte die letzten paar Tage damit verbracht, zu ihr zu gelangen. Er war nur langsam vorangekommen, weil er möglichst nicht gesehen werden wollte – er war ziemlich stolz angesichts seines Einfallsreichtums. Jetzt hatte er es so weit geschafft! Warum war sie nicht aufgetaucht?
    Reggie rannte, bis er sich sicher war, seine Verfolger abgeschüttelt zu haben. Allmählich wurde er langsamer und kam wieder zu Atem. Eine halbe Meile lief er noch, bis ihm vor Hunger schlecht wurde und er sich gegen einen Zaun stützen musste. Vorsichtig blickte er sich um.
    Er war in einer hübschen grünen Wohnsiedlung gelandet – nicht zu viele und obendrein frei stehende Häuser, von denen keins dem anderen glich. Die Vorgärten waren gepflegt und einige, wenn auch wahrscheinlich unechte Buntglasfenster waren zu sehen. Bis zum Haus seiner Tante war es nicht mehr weit, es lag nur zwei Parallelstraßen entfernt von hier. Reggie wusste, wie dumm es war, dort aufzukreuzen, aber es half nichts. Er musste herausfinden, was geschehen war. Außerdem, wo sollte er sonst hin?
    Als er weiterging, fiel ihm auf, wie gespenstisch still es war. Kein Verkehr war zu hören, weder Musik noch Lärm drangen aus den Häusern und weit und breit war niemand zu sehen. Die Gegend wirkte so ausgestorben, dass Reggie einen erschrockenen Satz machte, als eine Elster aus einem Baum aufflog und auf dem nächsten Rasen landete.
    Reggie fragte sich ernsthaft, ob man die Straßenzüge hier vielleicht wegen irgendeines Notfalls evakuiert hatte, eine geplatzte Gasleitung oder so. Das würde zumindest erklären, warum hier alles wie eine gottverlassene Einöde wirkte. Und es würde auch erklären, warum Tante Jen nichts von sich hören ließ – vielleicht hatte sie das Haus überstürzt verlassen müssen und deshalb ihr Handy vergessen …
    So wird es sein, sagte er sich. Sie und alle anderen mussten auf einmal raus aus der Siedlung. Warum also laufe ich trotzdem weiter? Warum kehre ich nicht einfach um und haue ab? Es könnte gefährlich sein. Vielleicht kann man sich vergiften oder irgendwo explodiert gleich was.
    Mit gerunzelter Stirn bog er in die Straße, in der seine Tante wohnte.
    Aber wo ist man heute überhaupt noch sicher?, fuhr es ihm durch den Kopf.
    Er konnte das Haus seiner Tante schon fast sehen. Reggie verstärkte den Griff um die Rucksackgurte und ging weiter. Bei jedem Schritt schnüffelte er prüfend, aber von Gas war nichts zu merken, nur der entfernte Gestank dieser grässlichen Pflanze stieg ihm in die Nase. Mittlerweile bauten die Leute sie schon in ihren Gärten
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