Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämenkind 2 - Kind der Götter

Dämenkind 2 - Kind der Götter

Titel: Dämenkind 2 - Kind der Götter
Autoren: Jennifer Fallon
Vom Netzwerk:
können.
    Während er die endgültigen, unwiderruflichen Schritte erwog, erschien auf der anderen Seite des Tors eine
    Gestalt. Der hoch gewachsene, in Weiß gekleidete Jerandenan, der immerzu ein Lächeln im Gesicht trug, war Torwächter, seit Brakandaran sich an ihn erinnern konnte: also seit fast einem Jahrtausend. Die gänzlich schwarzen Augen des Harshini waren feucht, und sein gesamtes Wesen verströmte die Herzlichkeit seiner Begrüßung. Weit breitete der Torwächter die Arme aus.
    »Willkommen daheim, Brakandaran.«
    Noch zauderte der Magus. »So entsinnst du dich denn an mich?«
    Gedämpft lachte Jerandenan. »Wie du sehr wohl weißt, erinnere ich mich an jede Seele, die je durch mein Tor getreten ist. Und dich könnte ich erst recht nicht vergessen. Komm, Brakandaran, tritt ein. Die Sippe wartet auf dich, die Dämonen vermissen dich, und …« Als der Torwächter mit den Schultern zuckte, verklang seine Stimme, und er lächelte das ärgerlich ruhige Lächeln, das Brakandaran schon jetzt wieder störte. Dabei hatte er noch nicht einmal die Schwelle zum Sanktuarium überquert.
    »Und Korandellan wünscht mit mir zu sprechen?«, riet Brakandaran.
    Jerandenan nickte. »Solltest du denn etwa von deinem König weniger erwarten dürfen?«
    Bevor Brakandaran antworten konnte, hatte er plötzlich den Eindruck, dass durch die flimmerige WehrMagie des Tors mehrere graue Geschosse auf ihn zurasten. Außer sich vor Freude sprangen die Dämonen ihn an, schnatterten einander unverständliches Zeug zu und zeigten sich über seine Wiederkehr dermaßen beglückt, dass sie ihn beinahe über den Haufen stießen. Ein paar
    der Geschöpfe erkannte Brakandaran, noch während er sie abzuschütteln versuchte, aber es zählte auch etlicher, ihm noch fremder Nachwuchs zu der Schar. Allerdings wussten diese Jungen ihrerseits über ihn Bescheid. Sein Blut sprach weitaus deutlicher zu ihnen, als Worte es vermocht hätten.
    Jerandenan schmunzelte nachsichtig, während die Dämonen Brakandaran halb durchs Tor schoben, halb zerrten und dabei seinen Widerspruch ebenso missachteten wie seine Grußworte, die zu etwa gleichen Teilen über seine Lippen kamen.
    »Dir selbst kannst du etwas abschlagen, Brakandaran, aber den Brüdern nicht. So wie wir alle sind auch sie überaus froh über deine Heimkehr.«
    Brakandaran schnitt eine grimmige Miene und streifte sich einen kleinen Dämon vom Hals, der ihn so fest drückte, dass ihm der Atem stockte. Kaum hatte er sich befreit, schwang sich ein anderer an seinen Platz. Streng stieß er ihn von sich.
    »Fort!«
    Bei diesem scharfen Ton erschraken die Dämonen und wirkten zunächst regelrecht gekränkt. Brakandaran bereute seine Schroffheit, eine Tatsache, die sich die Dämonen allerdings sogleich zu Nutze machten. Beim ersten Anzeichen von Schwäche stürzten sie sich erneut auf ihn, dieses Mal jedoch ließen sie ihm Gelegenheit zum Atmen. Ratlos wandte Brakandaran sich an Jerandenan. »Und da wunderst du dich, dass ich diesen Ort über zwanzig Jahre lang gemieden habe.«
    »Deine Sehnsucht nach den Dämonen ist so groß«, entgegnete der Torwächter mit mildem Lächeln, »wie
    ihre Neigung zu dir tief ist, Brakandaran. Versage ihnen und uns nicht die Freude über deine Rückkehr.«
    Als Brakandaran sich ein zweites Mal aus dem Andrang der Dämonen befreite, hatten sich weitere Gestalten in weißen Gewändern eingefunden, die durch den ungewöhnlichen Tumult zum Tor gelockt worden waren. In den gegenwärtigen Zeiten – seit in Medalon vor zwei Jahrhunderten die Schwesternschaft die Macht ergriffen hatte – verließen die Harshini kaum jemals das Sanktuarium; nur wenige hatten seither dieses Tor jemals durchquert. Die harshinische Fluchtburg befand sich außerhalb des herkömmlichen Gefüges von Raum und Zeit, gleichsam in einer eigenen, gesonderten Welt. Eine magische Wehr schützte sie, und nur Harshini – oder innerhalb der Mauern des Sanktuariums Geborene – konnten sie finden und betreten.
    Zuerst näherten sich die Neugierigen dem Tor, die lediglich nachsehen wollten, aus welchem Grund die Aufregung entstanden war. Andere folgten ihnen, manche eilten herbei. Letztere Harshini gehörten dem Geschlecht der té Carn an, seiner Sippe, sie waren durch die Freude der Dämonen über die Wiederkehr des verschollenen Verwandten auf ihn aufmerksam geworden.
    In diesem Augenblick hätte Brakandaran beinahe einen Rückzieher gemacht. Als er die Gesichter seiner Anverwandten erblickte, hatte er das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher