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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon
Autoren: Neal Stephenson
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lediglich entscheiden, wo er seine drei Löcher bohrt: zwei von oben in das Hauptgewölbe und eines, das in leicht ansteigendem Winkel vom Flussufer ausgeht und an der Stelle endet, die er für den niedrigsten Sumpf in der Hauptkammer hält. Den Ableitungskanal.
    Aus der Außenwelt trifft jemand ein, der Randy davon überzeugt, dass er die Titelseiten von TIME und Newsweek ziert. Randy hält das nicht für eine gute Nachricht. Er hat eine ganz bestimmte Vorstellung davon, worin sein neues Leben besteht, nämlich hauptsächlich darin, mit Amy verheiratet zu sein und sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, bis er an Altersschwäche stirbt. Dass es sein Leben bestimmen würde, auf dem Titelblatt von Nachrichtenmagazinen abgebildet zu sein und seinen Namen auf Transparenten zu sehen, die Leute im Dschungel hochhalten, war nicht in seine Berechnungen eingegangen. Nun würde er sich am liebsten im Dschungel verkriechen.
    Die Pumpen sind gewaltige Apparate, so groß wie ein Haus; das müssen sie auch sein, um gegen den Staudruck anzukommen, den man erzeugen will. Goto Dengos junge Ingenieure kümmern sich darum, dass sie an die zwei senkrechten Löcher angeschlossen werden: Eine liefert Druckluft, die andere unter Hochdruck stehendes Dieselöl. Doug Shaftoe würde sich gern daran beteiligen, aber er weiß, dass es ihn technisch überfordert, und außerdem hat er andere Aufgaben: die Sicherung des Verteidigungsrings gegen Goldsucher und etwaige Finsterlinge, die Wing schicken könnte, um ihre Arbeit zu stören und zu sabotieren. Aber Doug hat einen Rundruf gestartet und eine Menge seiner hochinteressanten und weit gereisten Freunde aus aller Welt sind in Golgatha zusammengeströmt, kampieren in Schützenlöchern im Dschungel und bewachen einen Verteidigungsring, der mit Stolperdrähten und anderem Kram gesichert ist, von dem Randy am liebsten gar nichts wissen will. Doug sagt ihm einfach, er solle sich von dort fern halten, und das tut er. Aber Randy spürt Dougs Interesse an dem zentralen Projekt und deshalb lässt er ihn, als der große Tag kommt, den Schalter betätigen.
    Davor wird ausgiebig gebetet: Avi hat einen Rabbiner aus Israel herangeholt, Enoch Root hat den Erzbischof von Manila hinzugezogen, Goto Dengo hat einige Shinto-Priester eingeflogen und diverse südostasiatische Länder beteiligen sich ebenfalls an der Zeremonie. Alle beten oder singen zum Gedenken an ihre Toten, obwohl die Gebete von den Hubschraubern über ihnen praktisch restlos übertönt werden. Viele Leute wollen, dass Golgatha in Ruhe gelassen wird, und Randy findet, dass sie im Grunde Recht haben. Aber er hat ein Abtastbild von Wings Tunnel, diesem unterirdischen Lufttentakel, der nach dem Schatz greift, herstellen und dreidimensionale Karten des ganzen Komplexes an die Medien verteilen lassen und er hat – wie er findet, einigermaßen überzeugende – Argumente dafür geliefert, warum es besser ist, etwas Konstruktives zu unternehmen, als das Ganze von Leuten wie Wing abräumen zu lassen. Mancher hat sich auf seine Seite gestellt und mancher nicht, aber aus der zweiten Gruppe ziert niemand das Titelblatt von TIME oder Newsweek.
    Doug Shaftoe ist der Letzte, der das Wort ergreift. Er nimmt seine Baseball-Mütze ab, hält sie sich aufs Herz und sagt mit tränenüberströmtem Gesicht etwas über seinen Vater, an den er sich kaum erinnere. Er spricht von der Schlacht um Manila: wie er seinen Vater zum ersten Mal in der Ruine der Kirche San Agustin gesehen habe und wie sein Vater ihn dort die Treppe hinauf- und hinuntergetragen habe, ehe er fortgegangen sei, um ein Höllenfeuer über den Japanern zu entfesseln. Er spricht von Vergebung und bestimmten anderen Abstraktionen, und die Worte werden von den Hubschraubern am Himmel zerhackt und verzerrt, was sie in Randys Augen nur um so eindrucksvoller macht, denn sie handeln im Grunde von einem Haufen Erinnerungen, die schon in Dougs Gedächtnis zerhackt und verzerrt sind. Doug gelangt schließlich irgendwie zu einem Schluss, der in seinem Herzen und seinem Verstand sehr klar, aber schlecht formuliert ist, und legt dann den Schalter um.
    Die Pumpen brauchen ein paar Minuten, um Golgatha mit einer unter Druck stehenden, hochbrennbaren Mischung aus Luft und Dieselöl zu füllen, dann legt Doug einen zweiten Schalter um, der unten eine kleine Detonation auslöst. Dann bebt und donnert die Welt, ehe sie sich zu einer Art unterdrücktem, pochendem Heulen herabdämpft. Ein weiß glühender
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