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Cotton Reloaded - Folge 1 - Der Beginn

Cotton Reloaded - Folge 1 - Der Beginn

Titel: Cotton Reloaded - Folge 1 - Der Beginn
Autoren: Mario Giordano
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electric, to celebrate me yet to come, I toast to my own reunion, when I become one with the sun.«
    »Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, Cotton, aber singen können Sie nicht.«
    »I sing the body electric. Ein Gedicht von Walt Whitman”, erwiderte Cotton. »Nie gehört? ›Ich singe den Leib, den elektrischen.‹ Die elektrischen Gegenstände in den Händen der Opfer. Ding-Dong.«
    Decker wirkte nicht überzeugt. »Wo ist der Zusammenhang?«
    »Moment, es geht noch weiter. Da sind ja noch die Gürtel. Die erste Zeile des Songs zitiert das Gedicht von Whitman. Hatten Sie das etwa nie in Ihrer exklusiven Privatschule?« Er schob ihr einen geöffneten alten Gedichtband von Walt Whitman über den Tisch.
    Decker las:
    Ich singe den Leib, den elektrischen,
    Die Heerscharen, die ich liebe,
    umgürten mich und ich umgürte sie.
    Sie wollen mich nicht lassen,
    bis ich ihnen folge, ihnen gehorche,
    dass ich sie läutere und anfülle
    mit der Fülle der Seele!
    Decker hob den Blick von dem Buch. »Was soll der Quatsch, Cotton?«
    »Sehen Sie es denn nicht? Unser Killer weist uns auf eines der größten erotischen Gedichte in der amerikanischen Literatur hin.«
    »Also haben wir es mit einem Schöngeist zu tun?«, fragte sie spöttisch.
    »Nein, mit einem Besessenen. Für ihn sind diese Morde Akte der Läuterung. Er kann gar nicht anders. Das Gedicht ist nicht sein Mordmotiv, es ist nur die Hymne zur Tat. Sein Motiv liegt ganz woanders, wahrscheinlich ein Kriegstrauma aus dem Irakkrieg.«
    »Warum Kriegstrauma?«
    Cotton sammelte die Tatortfotos ein und verteilte sie lose auf dem Tisch.
    »Der Killer hat jedes Opfer in einer anderen Position arrangiert. Er hat sämtliche Möbel um die Toten herum weggerückt, sehen Sie? Warum hat er das getan?«
    »Sagen Sie es mir.«
    »Weil sie im Bild stören. Unser Killer hat seine Opfer fotografiert! «
    »Warum?«
    »Weil er ein Massaker nachstellt, das er selbst erlebt hat.«
    »Das ist doch Mumpitz!«
    »Lassen Sie Zeerookah nach Fotos von einem Massaker suchen, das in den letzten Jahren im Irak verübt wurde.«
    »Auf keinen Fall. Er ist mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Sie verrennen sich in wilden Spekulationen, Cotton. Unser Mann ist älter und auch kein Veteran. Ich war nämlich auch nicht ganz untätig.«
    Sie berichtete, dass sie sich Maggies Bewegungsprofil der letzten Wochen genauer angesehen hatte.
    »Unsere Smartphones zeichnen ständig unsere Position auf und geben sie an das HQ durch, wo die Profile gespeichert werden. Mr High hat das als Sicherheitsmaßnahme eingeführt. Maggie hat in den letzten Wochen wiederholt verschiedene teure Bars in Upper Manhattan und im Village aufgesucht. Einer der Barbesitzer hat sich an sie erinnert. Sie hat sich da mit einem Mann um die vierzig getroffen. Der Barmann hat sich sogar an den Militärring des Mannes erinnert. Das bedeutet, Sie liegen falsch, Cotton. Unser Killer ist älter. Er ist wohlhabend und vermutlich tatsächlich Regierungsbeamter. Und jetzt überraschen Sie mich mal mit einem echten Geistesblitz, sonst sind Sie raus aus dem Geschäft.«
    Cotton blickte sie einen Moment an, dann sammelte er die Fotos ein und verließ kommentarlos den Konferenzraum.
    »He!«, rief Decker ihm nach.
    Doch ehe sie es verhindern konnte, hatte er Zeerookah bereits erklärt, was er suchte.
    »Kannst du so was?«
    »Klar, Mann. Ich hab ein Perl-Script geschrieben, mit dem ich an jede Art von Bildmaterial rankomme, das irgendwo gespeichert ist. Zeitraum?«
    »Erst mal die letzten zwei Jahre, dann schrittweise zurück.«
    Gegen Deckers Protest unterbrach Zeerookah seine laufende Arbeit, scannte die Tatortfotos ein und startete die Suchroutine. Auf dem Monitor ruckten die Bilder der toten Chinesinnen in wechselnden Kombinationen hin und her, flackernd überlagert vom Aufblitzen Tausender Fotos, die Soldaten oder Journalisten im Irak geschossen hatten. Tote Soldaten, Taliban, Zivilisten, Kinder, Alte, Frauen, Hunde. Leichen in allen Verwesungszuständen, verstümmelte Leichen, verbrannte Leichen, Leichenteile, Leichenberge. Ein flackernder Tanz des Grauens, schon nach wenigen Sekunden unerträglich.
    »Sie sind raus aus dem Spiel, Cotton«, zischte Decker wütend. »Keine Soloshow, schon vergessen? Sie sind raus.«
    Sie winkte dem Sicherheitsdienst. Cotton starrte auf den Monitor.
    »Sir?« Zwei Sicherheitsbeamte standen hinter ihm.
    »Eine Sekunde«, sagte Cotton abwesend, doch die beiden Sicherheitsleute packten ihn hart unter den Achseln
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