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Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See

Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See

Titel: Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See
Autoren: Elke Schwab
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Monument geriet er niemals in Vergessenheit.
    Moritz bellte und wedelte voller Vorfreude mit dem Schwanz, weil er auf den Hochsitz wollte. Mit einem Ruck nahm Steiner den Hund Huckepack und kletterte mit seiner Last die Leiter hinauf. Der Anblick, der sich von oben bot, war sogar für einen Jäger wie Steiner, der schon seit fünfzehn Jahren in diesem Revier arbeitete, eine Augenweide. Rechts von ihm gähnte eine Schlucht fast zweihundert Meter tief. Der Grund war nicht zu erkennen, der Nebel versperrte die Sicht. Auf der anderen Seite des Abgrunds lag Laubwald, dessen Blätter wie Farbtupfer zwischen den immergrünen Nadelbäumen abstachen. Kiefern ragten majestätisch in die Höhe, Bäume im Alter von über dreihundert Jahren. Stufenweise abgesetzte Berghänge auf der Südseite erinnerten an den Weinanbau aus vergangenen Zeiten. Beschädigte Steinkreuze und Heiligenfiguren des alten Kreuzwegs des Bildhauers Corail aus dem siebzehnten Jahrhundert, bildeten die kläglichen Überreste einer Ölbergszene. Von den acht Skulpturen konnten lediglich die Fußsockel und wenige Figuren ohne Köpfe den französischen Revolutionsstürmen trotzen.
    Links von ihm lag eine Wiese zwischen vereinzelten Kiefern, auf die sich die Sonnenstrahlen hin verirrten. Durch den plötzlichen Wärmeeinfall stiegen weiße Nebelschwaden wie Dampf auf. Besser konnte der Zeitpunkt nicht gewählt sein, um den Wildbestand zu beobachten. Schon nach kurzer Zeit kamen die ersten Schmalrehe, dann die Ricken und zum Schluss ein Bock aus ihrem sicheren Schutz, um zu äsen. Ein Anblick, der Steiner in innere Ruhe versetzte.
    Die Stille wurde durch Schritte unterbrochen.
    Vorbei war der Augenblick der Muße.
    Moritz horchte auf, zog seine Zunge ein und richtete seine langen Schlappohren auf. Steiner schaute in dieselbe Richtung wie sein Hund. Da sah er ihn auch schon. Der Störenfried war ein Jogger. Der kleine Sprung von Ricken und Schmalrehen mit Bock war blitzschnell im Dickicht verschwunden. Vorbei das trügerische Bild von Vollkommenheit.
    Der Jogger kam näher, bis Steiner ihn erkennen konnte. Es war Helmut Brack, der Dorfpolizist. Er war der einzige der Trinkbrüder im Gasthof Donze , der stets gepflegt und sportlich wirkte. Hier sah Steiner, dass er mehr für seine Gesundheit tat, als er dem trinkfreudigen Gesellen zugetraut hätte.
    Ohne seinen Rhythmus zu unterbrechen, trabte Helmut Brack an der Kanzel vorbei. Steiner und Moritz verhielten sich still; er bemerkte sie nicht. In der nächsten Kurve verschwand er aus ihrem Sichtfeld, die Ruhe kehrte zurück. Aber das Rehwild blieb im sicheren Versteck.
    Es war schon später Nachmittag, als Steiner aufbrach und den Heimweg antrat. Die Temperaturen sanken, der Nebel stieg an. Der plötzliche Kälteeinbruch nötigte ihn zum Aufbruch. Wie schnell die Zeit vergangen war; er hatte es nicht bemerkt.
    Das Geräusch seiner gleichmäßigen Schritte, das vertraute Hecheln seines Hundes neben ihm, gaben ihm das gute Gefühl von Beständigkeit und Ruhe. Doch diese Ausgeglichenheit sollte nicht von langer Dauer sein. Kaum trat er auf Hoflimberg zu, sah er im Nebel eine Gestalt verschwinden.
    Â»Halt! Bleiben Sie stehen!«, rief er.
    Moritz bellte ganz aufgeregt und zog ruckartig an der Leine. Steiner ließ den Hund laufen, in der Hoffnung, dass er den Unbekannten stellte. Es konnte nur einer seiner üblichen Feinde aus dem Dorf sein. Und die waren alle nicht gut zu Fuß. Also wäre es für Moritz keine große Herausforderung.
    Plötzlich hörte er seinen Hund jaulen.
    Er hatte Helmut Brack vergessen. Der war gut zu Fuß. Alarmiert rannte er auf die Stelle zu, wo er das Geräusch gehört hatte.
    Nichts!
    Er rief den Namen seines Hundes. Nichts!
    Nervös durchkämmte er das umliegende Waldstück, marschierte alle Wege ab, kraxelte über die steilen Hänge durch das Dickicht, für den Fall, dass Moritz von einem Keiler verletzt worden war und irgendwo im Wundbett lag. Aber von seinem Hund keine Spur. Auf sein ständiges Rufen kam keine Antwort. Die Dunkelheit brach so schnell herein, dass er bald von undurchdringlicher Schwärze umgeben war. Seine Taschenlampe spendete nur einen begrenzten Lichtkegel. Damit gelang es ihm gerade mal, auf den Hauptweg zurückzuleuchten. Aber den Hund würde er so niemals finden.
    Enttäuscht kehrte er um.
    Allein betrat er das große Haus.
    Die Angst
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