Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
Kind von drei Jahren.«
    »Wieso?«
    Was ist das denn für eine dämliche Frage?, dachte Guido, dessen Nervenkostüm inzwischen einigermaßen strapaziert war. Aber er antwortete: »Wir finden ihn nicht mehr.«
    »Au je!«, sagte der alte Mann und machte ein besorgtes Gesicht, ehe er sich anschickte, ins Haus zu gehen. Guido war völlig perplex. »Was bedeutet das Au je, bitte?«
    »Au je bedeutet au je und sonst nichts. Ich hab diesen kleinen Jungen nicht gesehen, und überhaupt weiß ich gar nichts und will über diese Sache auch nichts wissen«, sagte der Mann resolut, ging ins Haus und schloss die Tür. »Oh nein! Hören Sie!«, sagte Guido wütend. »Das ist doch keine Art zu antworten! Sie sind ein Flegel!« Er war in der Stimmung, einen Streit vom Zaun zu brechen und ein bisschen Dampf abzulassen. Er stieg aus dem Wagen, ging zu dem Häuschen und klopfte an die Tür. Er trat gegen sie, doch das nutzte gar nichts, die Tür blieb zu. Fluchend stieg er wieder in den Wagen, fuhr los, kam an dem anderen Haus vorbei, das freundlicher aussah, offenbar war es unbewohnt, fuhr weiter und kehrte dann zur Villetta zurück. »Nichts?«
    »Nichts.«
    Laura umarmte Livia und fing an zu weinen.
    »Habt ihr's nun gesehen? Hab ich euch nicht gesagt, dass das hier ein verfluchtes Haus ist?«
    »Nimm dich zusammen, Laura, ich bitte dich!«, sagte ihr Mann.
    Das Einzige, was er damit erreichte, war, dass Laura noch heftiger weinte.
    »Was können wir tun?«, fragte Livia. Guido traf eine Entscheidung. »Ich rufe Emilio an, den Bürgermeister.«
    »Wieso ausgerechnet den Bürgermeister?«
    »Ich lasse mir die Mannschaft schicken. Oder irgendeinen Polizisten. Je mehr es sind, die ihn suchen, umso besser. Meinst du nicht?«
    »Warte. Ist es nicht besser, wenn wir Salvo anrufen?«
    »Vielleicht hast du recht.«
    Ungefähr zwanzig Minuten später traf Montalbano mit einem von Gallo chauffierten Dienstwagen ein, der eine Fahrt hingelegt hatte, die eines Indianapolis-Rennens würdig war.
    Als der Commissario aus dem Wagen stieg, wirkte er leicht mitgenommen und vergrätzt, aber so sah er immer aus, wenn er mit Gallo im Auto gefahren war. Livia, Guido und Laura erzählten ihm die Geschichte alle gleichzeitig, sodass es Montalbano unglaublich viel Konzentration kostete, überhaupt etwas zu verstehen. Dann hielten sie inne und warteten auf seine erlösenden Worte, und das in der gleichen Haltung wie jemand, der mit einem Gnadenbeweis der Madonna von Lourdes rechnet.
    »Könnte ich ein Glas Wasser haben?«, lautete dagegen die heiß ersehnte Antwort.
    Er musste erst wieder zu sich kommen, sowohl wegen der großen Hitze als auch wegen Gallos tollkühner Fahrerei. Während Guido das Wasser für ihn holte, sahen die beiden Frauen ihn enttäuscht an.
    »Wo könnte er deiner Ansicht nach stecken?«, fragte Livia.
    »Woher soll ich das wissen, Livia? Schließlich bin ich kein Zauberer! Jetzt schauen wir mal, beruhigt euch, die ganze Aufregung bringt mich völlig durcheinander.«
    Guido brachte ihm das Wasser. Montalbano trank es aus. »Könnt ihr mir erklären, was wir hier draußen tun, in dieser Hitze?«, fragte er. »Sollen wir etwa alle einen Sonnenstich bekommen? Lasst uns doch reingehen. Du kommst auch mit, Gallo.«
    Gallo stieg aus dem Auto, und alle folgten Montalbano gehorsam.
    Doch kaum waren sie im Wohnzimmer, verlor Laura, wer weiß, warum, von einem Augenblick auf den anderen die Nerven. Zuerst stieß sie einen ungeheuer lauten Klagelaut aus, dass man meinen konnte, es wäre die Sirene der Feuerwehr, und danach brach sie in verzweifeltes Weinen aus. Ihr war plötzlich ein Gedanke gekommen. »Er ist entführt worden ! «
    »Versuch, einen kühlen Kopf zu bewahren, Laura«, ermahnte Guido sie.
    »Aber wer soll ihn denn entführt haben?«, fragte Livia. »Was weiß denn ich? Zigeuner! Schausteller! Beduinen! Ich spüre, dass man ihn entführt hat, meinen armen kleinen Jungen!«
    Montalbano kam ein böser Gedanke: Wenn jemand ein so schreckliches Kind wie Bruno entführt hat, bringt er es mit Sicherheit am nächsten Tag zurück. Doch dann fragte er Laura:
    »Und weshalb hat man dann deiner Meinung nach auch Ruggero entführt?«
    Gallo sprang vom Stuhl auf. Er wusste zwar, dass ein Kind verschwunden war, denn das hatte ihm der Commissario gesagt; aber als sie eingetroffen waren, war er im Auto sitzen geblieben und hatte daher nichts von dem mitbekommen, was sie Montalbano erzählt hatten. Und jetzt stellte sich heraus, dass es zwei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher