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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge
Autoren: Andrea Camilleri
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dem Handschuhfach seines Wagens, wo er sie immer aufbewahrte, und steckte sie sich in den Gürtel. Dann kehrte er die Bruchstücke des Handys und der Brille zusammen und wickelte sie in Zeitungspapier. Er nahm das Schäufelchen, das Mimi Francois geschenkt hatte, und hob direkt neben der Veranda zwei tiefe Löcher aus. In eines legte er das Päckchen und schaufelte das Loch wieder zu, in das andere die Papierbögen und die zerschnipselten Ausweise. Er schüttete Benzin darüber und zündete sie an. Als sie zu Asche geworden waren, schaufelte er auch dieses Loch wieder zu. Es begann hell zu werden. Er ging in die Küche, machte sich einen starken Kaffee und trank ihn. Dann rasierte er sich und stellte sich unter die Dusche. Er wollte die Aufnahme ganz entspannt genießen. Er schob die kleine Kassette in die größere, wie Nicolò es ihm gezeigt hatte, schaltete den Fernseher und den Videorecorder ein und ließ sich in seinem Sessel nieder. Als nach ein paar Sekunden noch nichts zu sehen war, stand er auf und kontrollierte die Geräte, weil er glaubte, er hätte irgendwas falsch zusammengestöpselt. Für solche Sachen hatte er nämlich überhaupt kein Talent, und vor Computern hatte er einen richtigen Horror. Es passierte immer noch nichts. Er zog die große Kassette heraus, öffnete sie und sah hinein. Es kam ihm vor, als sei die kleine Kassette nicht richtig eingelegt; er drückte sie ganz hinein und schob das Ganze noch mal in den Videorecorder. Nichts, aber auch gar nichts war auf dem Bildschirm zu sehen. Was, zum Teufel, funktionierte da nicht? Noch während er sich das fragte, erstarrte er, denn ihm war ein Verdacht gekommen. Er lief ans Telefon.
    »Pronto?« sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung und brachte jeden einzelnen Buchstaben nur mit größter Mühe heraus.
    »Nicolo? Hier ist Montalbano.«
    »Wer denn sonst, buttanazza della miseria!«
    »Ich muß dich was fragen.«
    »Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
    »Entschuldigung. Erinnerst du dich an die Kamera, die du mir gegeben hast?«
    »Und?«
    »Welche Taste muß man denn drücken, wenn man aufnehmen will, die obere oder die untere?«
    »Die obere, du Idiot.« Er hatte auf die falsche Taste gedrückt.
    Er zog sich wieder aus, schlüpfte in die Badehose, ging mutig ins eiskalte Wasser und schwamm. Als er müde wurde, spielte er toten Mann und überlegte, daß es gar nicht so schlimm war, daß er nichts aufgenommen hatte. Wichtig war nur, daß der Colonnello es geglaubt hatte und weiterhin glaubte. Er schwamm ans Ufer zurück, ging nach Hause, warf sich, naß wie er war, aufs Bett und schlief ein.
    Es war schon neun vorbei, als er aufwachte. Er hatte das sichere Gefühl, daß er nicht in der Lage war, ins Büro zu gehen und seiner Routinearbeit nachzugehen. Er beschloß, Mimi anzurufen.
    »Pronti! Pronti! Wer spricht denn da?«
    »Catare, ich bin's, Montalbano.«
    »Sind Sie es wirklich?«
    »Ich bin's wirklich. Gib mir Dottor Augello.«
    »Pronto, Salvo. Wo bist du denn?«
    »Zu Haus. Mimi, ich kann nicht ins Büro kommen.«
    »Bist du krank?«
    »Nein. Aber ich fühl' mich weder heute noch morgen danach. Ich brauche vier oder fünf Tage Erholung. Kannst du mich vertreten?«
    »Klar.«
    »Danke.«
    »Warte, leg noch nicht auf.«
    »Was ist denn ?«
    »Ich mach' mir Sorgen, Salvo. Du bist seit ein paar Tagen so komisch. Was ist denn los? Mach mir keinen Kummer!«
    »Mimi, ich brauche nur ein bißchen Erholung, das ist alles.«
    »Wo fährst du hin?«
    »Ich weiß es noch nicht. Ich ruf dich an.«
    Aber er wußte genau, wo er hin wollte. In Marinella packte er in fünf Minuten seinen Koffer. Um die Bücher auszusuchen, die er mitnehmen wollte, brauchte er etwas länger. In Blockbuchstaben schrieb er eine Nachricht an seine Haushälterin Adelina, in der er ihr mitteilte, daß er in einer Woche wieder da sei. Als er in Mazàra in der Trattoria ankam, wurde er wie ein verlorener Sohn empfangen. »Sie vermieten doch auch Zimmer, nicht wahr?«
    »Ja, oben haben wir fünf Zimmer. Aber es ist keine Saison, und nur eines ist bewohnt.«
    Man zeigte ihm ein großes, helles Zimmer mit Blick aufs Meer.
    Er streckte sich auf dem Bett aus; seine Gedanken waren wie weggeflogen, aber seine Brust war von einer glückliehen Melancholie erfüllt. Er wollte gerade die Leinen losmachen, um in Richtung »the country sleep« in See zu stechen, als es klopfte. »Herein, es ist offen.«
    Der Koch stand in der Tür. Er war ein großer Mann von bemerkenswerten Ausmaßen,
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