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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor
Autoren: Jules Verne
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solchen Ausdrucks bediente, und
    sollte auch das letztemal gewesen sein, sonst wollte Patrice
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    sich eine neue Stellung suchen . . . womöglich bei einem
    Mitglied der Französischen Akademie, der eine gewähltere
    Sprache liebte, natürlich nicht bei Zola . . .
    Jetzt trat Jean Taconnat heran.
    »Sie werden ihm verzeihen, nicht wahr, Herr Darden-
    tor?« fragte er.
    »Ja, warum denn?«
    »Weil das nicht die Sache danach ist, einen Menschen
    aufzuhängen. Ein Gastronom ist ja am Ende auch ein As-
    tronom, nur mit der Schlinge des G voran.«
    Clovis Dardentor mußte lachen.
    »Oh, diese Pariser, mit denen soll einer auskommen! . . .
    Die verstehn’s, einen anderen zu nehmen! Nein, das käme
    in Perpignan nicht vor, und die Perpignaneser sind doch
    auch nicht auf den Kopf gefallen . . . gewiß nicht.
    »Zugegeben«, sagte Jean Taconnat für sich, »sie haben
    nur zu sehr die Begabung, sich als Retter aufzuspielen!«
    Bald ging es wieder weiter. Den Alfaanpflanzungen folg-
    ten Kolonisationsländereien. Gegen 1 Uhr wurde der Wei-
    ler Lamtar erreicht, genau an der Kreuzungsstelle eines klei-
    nen Nebenwegs, der den großen Kommunikationsweg von
    Aïn-Temouchent mit der staatlichen Landstraße nach Sidi-
    bel-Abbès verbindet. Um 3 Uhr erfolgte die Ankunft an der
    Brücke nach Mouzen, an der Stelle, wo sich der gleichna-
    mige Oued mit einem seiner Nebenflüsse vereinigt, und um
    4 Uhr da, wo die beiden vorgenannten Straßen sich ein we-
    nig unterhalb Sidi-Kraleds und wenige Kilometer von Sidi-
    Lhassen treffen, nachdem sie ein Stück weit den Lauf des
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    Mekerra – das ist der Name, den der Sig hier annimmt – be-
    gleitet haben.
    Sidi-Lhassen bildet eine Art Vorwerk mit 600 Einwoh-
    nern, meist Deutschen und Eingeborenen. Hier sollte nicht
    gehalten werden.
    Plötzlich – es war etwa halb 5 – machte das Mehari des
    an der Spitze reitenden Führers einen Seitensprung. Ver-
    geblich versuchte er, ihm zuzureden, das Tier weigerte sich
    zu gehorchen und wich immer weiter zurück.
    Fast gleichzeitig bäumten sich die unruhig gewordenen
    Pferde der jungen Leute und ließen ein erschrecktes Wie-
    hern hören. Trotz Sporens und Zügels drängten sie sich
    nach den Wagen hin, deren Gespanne ebenso ein auffallen-
    des Entsetzen verrieten.
    »Was gibt es denn?« fragte Clovis Dardentor.
    Schnüffelnd und in der Ferne etwas witternd, kauerte
    sich sein Mehari eben nieder.
    Auf seine Frage antwortete ein doppeltes Gebrüll, über
    dessen Natur sich niemand täuschen konnte. Es kam etwa
    100 Schritte weit aus einem Piniendickicht hervor.
    »Da sind Löwen!« rief der Führer.
    Begreiflicherweise packte die Karawane der Schrecken.
    Solche Raubtiere in unmittelbarer Nähe und am hellen Tag,
    Bestien, die gewiß schon zum Sprung ansetzten . . .
    Voller Entsetzen beeilten sich Frau Elissane, Frau Dési-
    randelle und Louise ihren Wagen zu verlassen, dessen Maul-
    tiere die Stränge zu zerreißen suchten, um zu entfliehen.
    Zuerst wollten die Damen, die Herren Désirandelle Va-
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    ter und Sohn und Herr Oriental ganz instinktiv zurücklau-
    fen und sich nach dem einige Kilometer entfernten Vor-
    werk flüchten.
    »Alle dableiben!« rief da aber Clovis Dardentor mit so
    befehlender Stimme, daß er sich passiven Gehorsam er-
    zwang.
    Frau Désirandelle hatte übrigens die Besinnung verlo-
    ren. Die Pferde und die Kamele hatten der Führer und die
    Eingeborenen im Handumdrehen fest zusammengekoppelt,
    so daß diese nicht ausreißen konnten.
    Marcel Lornans war nach dem zweiten Wagen gelaufen
    und brachte mit Hilfe Patrices Gewehre und Revolver her-
    bei, die sofort geladen wurden.
    Dardentor und Marcel Lornans erhielten die Gewehre,
    Jean Taconnat und Moktani ergriffen Revolver. Alle hielten
    sich bei einer Gruppe von Terpentinfichten an der linken
    Böschung der Straße zusammen.
    Hier in der öden Landschaft war auf keine Hilfe zu rech-
    nen.Von neuem dröhnte das Gebrüll und fast gleichzeitig
    tauchte am Waldsaum ein Raubtierpaar auf.
    Es waren ein Löwe und eine Löwin von außerordent-
    licher Größe, deren gelbliches Fell lebhaft gegen das dunkle
    Grün der Aleppopinien abstach.
    Würden sich die Tiere nun auf die Karawane stürzen, die
    sie mit glühenden Augen anstarrten, oder würden sie, von
    der Zahl der Gegner erschreckt, in das Gehölz zurückwei-
    chen und den Weg freigeben?

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    — 330 —
    Zuerst taten sie nur langsam einige Schritte vorwärts
    und ließen dabei ein leises
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