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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor
Autoren: Jules Verne
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Knurren vernehmen.
    »Daß niemand sich rührt«, ermahnte Herr Dardentor,
    »wir werden unsere Sache schon machen!«
    Marcel Lornans warf einen Blick auf das junge Mädchen.
    Wieder zu sich gekommen, doch wachsbleich und mit ent-
    stellten Zügen, suchte sie ihre Mutter zu beruhigen. Dann
    traten Jean Taconnat und er 10 Schritte über die Bäume hi-
    naus, neben Clovis Dardentor und Moktani heran.
    Eine Minute später krachte, da die Raubtiere sich genä-
    hert hatten, der erste Schuß. Der Perpignaneser hatte auf
    die Löwin gefeuert, diesmal aber hatte ihn seine gewöhn-
    liche Gewandtheit im Stich gelassen, und nur am Hals ge-
    streift, stürzte das Tier unter schrecklichem Brüllen auf die
    Männer zu. Als in demselben Augenblick auch der Löwe
    heransprang, gab Marcel Lornans auf ihn Feuer.
    »Ich Ungeschickter!« rief Herr Dardentor wegen seines
    verfehlten Schusses.
    Marcel Lornans brauchte sich einen solchen Vorwurf
    nicht zu machen, denn er hatte den Löwen an der Schul-
    ter getroffen. Die dicke Mähne mochte die Kugel aber ab-
    geschwächt haben, so daß sie nicht tödlich wirkte, und mit
    verdoppelter Wut sprang das Tier vorwärts, ohne sich von
    drei Revolverkugeln Taconnats aufhalten zu lassen.
    All das hatte sich in wenigen Sekunden abgespielt, und
    ehe die Gewehre wieder geladen werden konnten, waren die
    Raubtiere an der Baumgruppe angelangt.
    Marcel Lornans und Jean Taconnat wurden von der Lö-
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    win umgerannt, die schon die Tatzen über sie erhoben hatte,
    als eine Kugel Moktanis sie für einen Moment ablenkte.
    Dann stürzte sie sich aber wieder, den Angriff erneuernd,
    auf die am Boden liegenden jungen Leute.
    Das Gewehr des Herrn Dardentor krachte ein zweites
    Mal. Die Kugel schlug der Löwin in die Brust, doch ohne
    das Herz zu treffen, und wenn sich die beiden Vettern jetzt
    nicht aufspringend etwas zur Seite geflüchtet hätten, wären
    sie gewiß nicht mit gesunden Gliedern davongekommen.
    Trotz der schweren Verwundung war die Wut der Löwin
    noch immer zu fürchten. Der Löwe, der jetzt an ihrer Seite
    war, stürzte mit ihr auf die Gegner los, unter denen die To-
    desangst der Pferde und anderen Gespanne die Verwirrung
    und das Entsetzen noch vermehrten.
    Von dem Löwen gepackt, wurde Moktani ganz blutüber-
    strömt etwa 10 Schritte weit hingezerrt. Jean Taconnat, den
    Revolver in der Hand, und Marcel Lornans mit dem neu-
    geladenen Gewehr eilten wieder der Böschung zu. Da don-
    nerten aber zwei Schüsse fast gleichzeitig und machten der
    Löwin ein Ende, die mit einem letzten Satz fast schon leblos
    zusammenbrach.
    Mit einem 20 Fuß weiten Sprung fiel der Löwe jetzt
    in höchster Wut über Dardentor, der, unfähig, von seiner
    Waffe Gebrauch zu machen und zur Erde stürzend, in Ge-
    fahr war, von der Last des Tieres erdrückt zu werden . . .
    Jean Taconnat stürmte bis auf 3 Schritte vor dem Löwen
    auf ihn zu und – er dachte jetzt gewiß nicht an die im Zi-
    vilgesetzbuch vorgeschriebenen Bedingungen einer Adop-
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    tion – drückte am Abzug seines Revolvers, der im Augen-
    blick der höchsten Not . . . versagte . . .
    Vor Angst unsinnig, hatten die Pferde und Gespanne
    sich voneinander losgerissen und jagten über die Felder
    hin. Moktani, der seine Waffe verloren hatte, schleppte sich
    wieder nach der Böschung, während Herr Désirandelle,
    Herr Oriental und Agathokles selbst zitternd noch vor den
    Damen standen . . .
    Clovis Dardentor hatte sich nicht aufrichten können,
    und schon wollte der Löwe die Tatze in seine Brust ein-
    schlagen, als noch ein Schuß krachte . . .
    Mit durchbohrtem Schädel warf das gewaltige Tier den
    Kopf zurück und fiel tot an der Seite des Perpignanesers
    nieder.
    Louise Elissane war es gewesen, die Moktanis Revolver
    aufgehoben und aus unmittelbarer Nähe auf das Tier ge-
    feuert hatte.
    »Gerettet . . . durch Sie gerettet!« rief Dardentor. »Und
    sie steckten nicht in Schaffellen und hatten keine Rollen an
    den Beinen, diese Löwen hier!«
    Dann erhob er sich mit einem Sprung, der dem neben
    ihm liegenden König der Tiere keine Schande gemacht
    hätte.
    Was also weder Jean Taconnat noch Marcel Lornans
    hatte tun können, das hatte das junge Mädchen getan! Wohl
    verließen sie gleich danach die Kräfte und sie wäre umgefal-
    len, wenn Marcel sie nicht mit den Armen aufgefangen und
    zu ihrer Mutter geführt hätte.

    — 333 —
    — 334 —
    Jede Gefahr war vorbei, und was hätte Herr Dardentor
    jetzt mehr sagen können,
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