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Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Titel: Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Autoren: Cassandra Clare
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Fluss stand hoch und spritzte zwischen den Lücken im Metall hindurch und erfüllte den kleinen Bereich mit dem Geruch von Salz, Schlick und Flusswasser.
    Jem stand am Geländer und schaute auf die Themse hinaus. Er hatte die Hände tief in den Taschen vergraben und die Schultern hochgezogen, als würde er sich gegen einen starken Wind stemmen. Angespannt starrte er geradeaus, sodass er Tessa nicht zu hören schien, als sie zu ihm trat.
    Sie berührte ihn am Ärmel und drehte ihn zu sich herum. »Was …?«, schnaufte sie. »Was wolltest du mich gerade fragen, Jem?«
    Mit großen Augen schaute er sie an. Seine Wangen waren gerötet, aber Tessa wusste nicht, ob vom Laufen oder von der Kälte. Er sah sie an, als wäre sie irgendeine eigenartige Pflanze, die wie aus dem Nichts und vollkommen überraschend hier aus dem Boden gewachsen war. »Tessa … du bist mir gefolgt?«
    »Natürlich bin ich dir gefolgt. Schließlich bist du mitten im Satz davongestürmt!«
    »Es war kein besonders guter Satz.« Jem schaute zu Boden und dann wieder zu ihr hoch – und ein Lächeln, so vertraut wie ihre eigenen Erinnerungen, umspielte seine Lippen. In diesem Moment fiel es Tessa wieder ein – eine Erinnerung, die lange verloren schien, aber doch nicht vergessen war: Jems Lächeln war immer schon warm und strahlend wie der Schein der Sonne gewesen. »Ich war nie gut mit Worten«, räumte er ein. »Wenn ich meine Geige hätte, könnte ich dir vorspielen, was ich sagen will.«
    »Versuch es einfach.«
    »Ich … ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann. Ich hatte sechs oder sieben Reden vorbereitet, aber keine scheint wirklich zu passen.«
    Tessa streckte die Arme aus und berührte behutsam seine Handgelenke. »Okay, aber ich bin gut mit Worten«, sagte sie. »Also lass mich einfach reden und dich etwas fragen.«
    Jem ließ sie seine Hände aus den Taschen ziehen und Tessa umfasste seine Gelenke mit ihren Fingern. So standen sie einen Moment da. Jem schaute Tessa an. Der Wind, der über den Fluss wehte, hatte ihm die dunklen Haare ins Gesicht geweht, durch die sich noch immer eine silberhelle Strähne zog; sie hob sich deutlich vom schwarzen Rest ab.
    »Du hast mich gefragt, ob ich außer Will sonst noch jemanden geliebt habe«, sagte Tessa. »Und die Antwort darauf lautet Ja. Denn ich habe dich geliebt. Ich habe dich immer geliebt und werde dich auch immer lieben.«
    Jem sog scharf die Luft ein. Sein Puls klopfte schnell an seiner Kehle, gut sichtbar unter der hellen Haut mit dem verblassenden Gitterwerk der Bruderschafts-Runenmale.
    »Es heißt, man könne nicht zwei Menschen gleichermaßen lieben«, fuhr Tessa fort. »Und vielleicht ist das bei anderen Menschen ja auch tatsächlich so. Aber du und Will … ihr beide seid nicht wie zwei herkömmliche Menschen, wie zwei Männer, die vielleicht eifersüchtig aufeinander gewesen wären oder geglaubt hätten, meine Liebe zu einem von euch würde meine Liebe zu dem anderen schmälern. Ihr beide habt eure Seelen in der Kindheit miteinander verbunden. Ich hätte Will nicht so lieben können, wenn ich dich nicht auch geliebt hätte. Und ich könnte auch dich nicht so lieben, wie ich dich liebe, wenn ich nicht auch Will geliebt hätte.« Ihre Finger umfassten Jems Handgelenke nur leicht, direkt unterhalb der herabgerutschten Pulloverärmel. Es war so eigenartig, ihn so zu berühren – und trotzdem weckte es in Tessa den Wunsch, ihm noch näher zu sein. Sie hatte fast vergessen, wie sehr ihr die Berührung eines geliebten Menschen gefehlt hatte.
    Dennoch zwang sie sich, seine Hände loszulassen. Dann griff sie unter ihren Schal, zog die Kette hervor und hielt sie so, dass Jem den Jadeanhänger sehen konnte, den er ihr vor so langer Zeit geschenkt hatte. Die Inschrift auf der Rückseite schimmerte noch immer wie neu:
    Doch wo zwei Menschen einig sind in ihrem innern Herzen, da brechen sie die Stärke selbst von Eisen oder Erzen.
    »Du weißt doch noch, dass du den Anhänger bei mir gelassen hast, oder?«, fragte sie. »Ich habe ihn seitdem keine Sekunde abgelegt.«
    Jem schloss die Augen. Seine Wimpern streiften über seine Wangen, lang und seidig. »In all den Jahren …«, flüsterte er mit leiser Stimme – nicht die Stimme, die er als junger Mann gehabt hatte, aber dennoch eine Stimme, die Tessa liebte. »In all den Jahren hast du ihn immer getragen? Das habe ich nicht gewusst.«
    »Es erschien mir wie eine zusätzliche Last, die ich dir nicht auferlegen wollte. Ich hatte Angst, du
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