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Chindi

Chindi

Titel: Chindi
Autoren: Jack McDevitt
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abgesehen, war sie allein an Bord des Schiffs.
    In diesem Augenblick sah er aus wie der nette Onkel, den eigentlich jeder mag, obwohl er gern zu viel trinkt und ein gar zu offensichtliches Interesse an der holden Weiblichkeit zeigt.
    »Denkst du, wir werden eine Evakuierung durchführen müssen?«, fragte sie.
    »Mir stehen nicht genug Daten für eine verlässliche Schätzung zur Verfügung, aber ich nehme es nicht an. Das Ding ist schon so lange hier, da wird es doch nicht ausgerechnet in dem Moment hochgehen, in dem wir eintreffen.«
    In Hutchs Ohren klangen seine Worte wie eine Grabrede.
    Ohne Sensoren konnten sie die Eruption natürlich nicht sehen. Ohne Sensoren konnten sie gar nichts sehen. Der glühende Nebel, durch den die Wildside flog, beschränkte die Sicht auf einen Umkreis von gerade 30 Kilometern.
    Der Nebel bestand aus Wasserstoff, angestrahlt von der Glut in seinem Kern. Auf ihren Schirmen unterschied sich Proteus kaum von einem echten Stern, abgesehen von den Stichflammen, die aus seinen Polen hervorschossen.
    Hutch betrachtete die Bilder auf dem Monitor, starrte auf die gewaltigen Flammen, die sich durch die Wolken bohrten, auf das Inferno, das irgendwie noch beunruhigender wirkte als die Eruption eines Sterns, vielleicht, weil es nicht einmal die Illusion einer definierbaren Grenze gab, sondern das Glühen die ganze Welt auszufüllen schien.
    Von einem Blickwinkel außerhalb der Wolke gesehen, ordneten sich die Flammen zu einem eleganten Bild, das einen Platz in der Sorbonne verdient hätte. Strahlen, bestehend aus geladenen Partikeln und nicht vollends stabil, schossen aus einem kosmischen Leuchtturm hervor, der gelegentlich seine Position auf den Felsen veränderte. Renaissance Station befand sich auf einer äquatorialen Umlaufbahn, um die Gefahr zu minimieren, dass die Elektronik der Raumstation von einem verirrten Feuerstoß beeinträchtigt würde.
    »Wann rechnen die Experten damit, dass das Atomkraftwerk die Arbeit aufnimmt?«, erkundigte Hutch sich.
    »Vermutlich nicht vor Ablauf weiterer tausend Jahre.«
    »Diese Leute müssen verrückt sein, dass sie sich freiwillig in dieser Suppe aufhalten.«
    »Die Bedingungen haben sich während der letzten achtundvierzig Stunden offensichtlich deutlich verschlechtert.« Auf die gewohnt blasierte Art blickte Bill oberlehrerhaft auf sie herab und brachte eine Tafel zum Vorschein. »Es heißt, sie wären komfortabel untergebracht. Pools, Tennisplätze, Parks. Sogar ein abgeschiedener Küstenbereich ist vorhanden.«
    Hätte sich Proteus in der Mitte des Sonnensystems befunden, so hätte der dünne Schleier seines äußersten Randes die Venus verschlungen. Verschlingen war vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck. Eher schon hätten die Nebel den Planeten in ein Leichentuch gehüllt. Wenn der Druck schließlich die kritische Masse aufgebaut hätte, würde eine atomare Reaktion eintreten, der äußere Wasserstoffnebel würde fortgeschleudert und Proteus zu einem Klasse-G-Stern werden, der vermutlich eine größere Masse als die Sonne aufwiese.
    »Es wird kaum jemanden interessieren, wie viele Parks sie haben, wenn dieses Ding da instabil geworden ist.«
    Die KI zeigte ihr Missfallen deutlich. »Es gibt keinen bekannten Fall, in dem ein Klasse-G-Protostern instabil geworden wäre. Er ist lediglich Ausgangsobjekt diverser Stürme, und genau das sehen wir hier. Ich denke, Sie machen sich unnötige Sorgen. «
    »Vielleicht. Aber wenn dieses Wetter normal ist, dann möchte ich nicht hier sein, wenn es wirklich schlimm wird.«
    »So wenig wie ich. Aber falls während unserer Anwesenheit ein Problem zutage tritt, sollten wir imstande sein, schnell genug zu verschwinden.«
    Hoffentlich.
    Wie der Abfertigungsbeamte ihr versichert hatte, war es unwahrscheinlich, dass ein EREIGNIS (er hatte unzweifelhaft in Großbuchstaben gesprochen) eintreten würde. Proteus hatte derzeit nur ein wenig Schluckauf. So etwas passiert ständig. Kein Grund zur Sorge, Hutchins, Sie sollen nur als zusätzlicher Sicherheitsfaktor vor Ort sein.
    Sie hatte das Schiff auf Serenity warten lassen, als der Befehl eingetroffen war. Lawrence Dimenna, Leiter der Renaissance Station bat nun plötzlich um Unterstützung – derselbe Dimenna, der gerade zwei Monate zuvor gegen den Rat einiger Spitzenleute der Akademie dafür gestritten hatte, die Station in Betrieb zu behalten, und getönt hatte, Proteus wäre vollkommen ungefährlich, so verlässlich wie die Sonne. Schicken wir also die gute alte
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