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Charons Klaue

Charons Klaue

Titel: Charons Klaue
Autoren: R. A. Salvatore
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lüsternen Bol zu gefallen; sie selbst hatte sich nicht darum geschert.
    Oder vielleicht doch, dachte Ratsis, als er von der Frau zu der Zwergin blickte und die Feindseligkeit registrierte, die zwischen ihnen schwelte. Dieser Feindseligkeit dürfte ihre Reaktion entsprungen sein.
    »Drei gegen zweieinhalb«, folgerte Jermander, um zum Thema zurückzukommen.
    »Eher vier!«, fügte Bol hinzu. »Wenn mein Schwertweib es so will, dann sei’s drum.«
    »Damit geht die Beute nicht durch sieben, sondern durch neun«, murrte Parbid.
    »Waren wir nicht übereingekommen, dass du und dein Bruder draußen nach Dahlia und dem Drow Ausschau halten?«, entgegnete Ratsis. »Wenn ihr zufällig auf sie trefft, dürft ihr sie gerne ergreifen und Effrons Gold gerecht durch zwei teilen.«
    Parbid und Afafrenfere wechselten einen gleichermaßen zweifelnden wie interessierten Blick, als könnten sie Ratsis beim Wort nehmen.
    Jermander hingegen wirkte weniger begeistert und starrte den Anführer grimmig an, als die beiden Mönche abzogen.
    »Sollen sie es doch versuchen«, erklärte Ratsis. »Dann sind es wieder sieben Anteile, selbst wenn wir die teuren Dienste der Wandlerin einberechnen.«
    Jermander schnaubte. Diese Möglichkeit schien ihn nicht besonders zu stören.
    Drizzt hockte einige Schritte abseits vom Stamm der dicken Kiefer unter den kräftigen, geneigten Ästen, die ihm und Dahlia in der Nacht Schutz geboten hatten. Er sah die weiße Schicht zwischen den Nadeln und richtete sich leicht auf, um die Zweige auseinanderzuziehen. Tatsächlich war heute Nacht der erste Schnee gefallen, und nun brachten die Sonnenstrahlen das Weiß zum Glitzern.
    Jetzt, wo das Licht in ihr Naturschlafzimmer vordrang, warf der Drow einen Blick auf die schlummernde Dahlia. Ihre Wange wurde von einem einzelnen Sonnenstrahl berührt, doch es schimmerte kein Kriegsblau darauf. In der Nacht hatte Dahlia wieder ihr sanfteres Aussehen angelegt, nachdem zwischen den beiden nach ihrem letzten Streit den ganzen Tag lastendes Schweigen geherrscht hatte. Ihre Haare umspielten weich die Schultern, und ihr Gesicht war unversehrt und klar.
    Das war das Erscheinungsbild, das Drizzt bei weitem vorzog, und Dahlia wusste das.
    Manipulierte sie ihn?, fragte er sich wieder einmal. Er wusste, dass Dahlia eine berechnende Frau war, eine erfahrene Kriegerin, die strategisch dachte. Aber war es denkbar, dass sie sich auch gegen ihn wandte? Sah sie in ihm einen Freund und Gefährten, oder spielte sie mit ihm, weil er das geeignete Werkzeug für ihre Pläne war?
    Drizzt versuchte, die düsteren Gedanken abzuschütteln, doch er vermochte es nicht. Wenn er hier zwischen den Zweigen stand und die schöne Elfe betrachtete, fühlte er sich unweigerlich zu ihr hingezogen. Zugleich jedoch erinnerte sich Drizzt daran, dass er Dahlia nicht wirklich kannte, und das wenige, was er von ihr wusste, war nicht gerade vertrauenerweckend.
    Immerhin hatte Dahlia Jarlaxle und Athrogate nach Gauntlgrym gelockt, um dort den Urelementar zu befreien. Im entscheidenden Moment hatte sie zwar von diesem zerstörerischen Werk abgelassen, aber dennoch hatte sie großen Anteil an der Katastrophe gehabt, die dieses Land verwüstet und die Stadt Niewinter vernichtet hatte.
    Sie sah so jung aus, wie sie dort in der Morgensonne lag, so unschuldig, geradezu kindlich. Und sie war tatsächlich sehr jung, erinnerte Drizzt sich selbst. War er in Dahlias Alter damals in Menzoberranzan überhaupt schon auf die Kriegerschule Melee-Magthere gegangen?
    Andererseits war Dahlia in vielerlei Hinsicht deutlich älter als er. Sie hatte am Hof von Szass Tam gedient, dem Erzlich von Tay. Sie hatte große Schlachten miterlebt und weit mehr Erfahrung in der körperlichen Liebe als er. Zudem war sie weit herumgekommen und hatte viel erlebt.
    Darum gestattete sich Drizzt in Bezug auf Dahlia keinerlei Herablassung, nicht einmal in Gedanken. Sie war so feurig und gefährlich, dass niemand, der mit ihr in irgendeiner Weise zu tun hatte, ob Freund, Geliebter oder Feind, sie unterschätzen sollte. Manipulierte sie ihn also doch mit diesem sanften Äußeren, dem verführerischen, unschuldigen Haarschnitt und ihrem makellosen Antlitz?
    Der Drow lächelte, als er die offensichtliche Antwort im Licht der gestrigen Ereignisse betrachtete. Die harte Kämpferin mit Zopf und Farbe hatte mit ihm gestritten und ihm sogar freigestellt, ohne sie weiterzuziehen. Sie würde schon selbst mit Erzgo Alegni fertig werden, hatte sie verkündet. Aber das
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