Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd
Autoren: Nele Neuhaus
Vom Netzwerk:
es hinkriege, dass Gentos Fell so glänzt, und wie er so im Umgang ist …« Ich verstummte.
    Eine Weile sahen wir schweigend zu. Der junge Mann ritt gut. Herr Lauterbach begann, die Hindernisse auf dem Platz niedriger zu machen. Er redete mit dem Mann, der auf Gento um ihn herumtrabte und -galoppierte.
    Â»Lotte«, sagte Dorothee leise, »ich will dir echt keine Angst machen, aber ich finde, es sieht irgendwie so aus, als ob der Mann Gento … ausprobieren würde.«
    Â»Ausprobieren?« Ich kapierte nicht, was sie meinte. »Wofür denn?«
    Â»Na ja.« Dorothee sah mich nachdenklich an. »Vielleicht will Herr Lauterbach Gento verkaufen.«
    Gento verkaufen? Mir wurde vor Schreck erst heiß, dann eiskalt. Nein, das war unmöglich! Wieso sollte Herr Lauterbach so etwas tun? Schließlich hatte er dem Mann doch erst vor ein paar Minuten ganz stolz erzählt, was Gento schon alles an Preisen gewonnen hatte.
    Doch plötzlich hing ein noch dunklerer Schatten über dem schönen sonnigen Abend, dem letzten Schultag vor den großen Ferien. Ich traute mich kaum über das nachzudenken, was Dorothee gesagt hatte. Wie entsetzlich, wie unvorstellbar schrecklich, wenn das geschehen würde! Düster sah ich zu, wie der Mann mit Gento über ein paar niedrige Hindernisse sprang. Der braune Wallach flog mühelos über Steilsprünge, Oxer, die zweifache Kombination. Herr Lauterbach erhöhte die Hindernisse und grinste zufrieden.
    Â»Hoffentlich schmeißt Gento den Kerl in den Dreck«, murmelte ich, aber nichts dergleichen geschah. Gento sprang geschmeidig und fehlerlos, bis der Mann zum Schritt durchparierte und dem Pferd den Hals klopfte. Er hielt neben Herrn Lauterbach an, doch obwohl Dorothee und ich die Ohren spitzten, konnten wir nicht verstehen, was die beiden Männer sprachen.
    Â»Komm.« Dorothee rutschte von dem Balken. »Lass uns gehen. Es ist fast halb acht, und ich will nicht gleich zum Ferienbeginn Ärger kriegen.«
    Ich warf Gento noch einen sehnsüchtigen Blick zu und folgte meiner Freundin dann schweren Herzens die Auffahrt hinunter nach Hause.
    Daheim zankten sich Florian und Cathrin um die besten Sessel im Fernsehzimmer. Ich zog meine Stiefel aus und wollte gerade nach oben in mein Zimmer gehen, als Mama zur Haustür hereinkam. Sie hatte wohl im Garten gearbeitet, was sie mit Vorliebe tat. Stundenlang konnte sie in den Blumenbeeten herumhäckeln, Rosen schneiden oder ihre Tomatenpflanzen umtopfen. In einer Hand trug sie nun eine Schüssel mit frisch gepflückten Johannisbeeren, in der anderen ihre Gartenhandschuhe.
    Â»Na, wie war es heute im Stall?« Mama ging an mir vorbei in die Küche und stellte die Schüssel mit den Johannisbeeren in die Spüle. »Welches Pferd hast du geritten?«
    Â»W…wie bitte?« Ich starrte sie verwirrt an und musste wirklich einen Moment überlegen, bevor mir wieder einfiel, dass ich Tanja geritten hatte.
    Â»Ist irgendetwas passiert?«, fragte Mama und sah mich prüfend an.
    Â»Ein Mann ist heute auf Gento geritten.« Ich traute mich kaum, die ungeheuerliche Vermutung auszusprechen. »Er ist mit ihm gesprungen. Dorothee meint, dass Herr Lauterbach ihn vielleicht … verkaufen will.«
    Â»Wie kommt sie denn darauf?«
    Â»Es war eben alles so komisch.« Ich zuckte mit den Schultern. »Sie haben sich darüber unterhalten, was Gento in diesem Jahr schon alles auf Turnieren gewonnen hat. Und der Mann hat mich über Gento ausgefragt.«
    Â»Nun ja.« Mama öffnete den Kühlschrank und nahm einen großen Becher Quark heraus, dann begann sie, die Stiele von den Johannisbeeren zu zupfen. »Gento ist nuneinmal nicht dein Pferd. Manchmal muss man im Leben auch Verluste einstecken. Weißt du noch, wie traurig du warst, als Arabella verkauft worden ist?«
    Â»Aber das war etwas ganz anderes!«, antwortete ich heftig. »Arabella war doch bloß ein Schulpferd! Gento ist … er … er ist …«
    Ich brach ab. Wie sollte ich meiner Mutter erklären, dass Gento einfach alles für mich war?
    Â»Jetzt mach dir mal nicht so viele Sorgen«, sagte Mama. Sie war in Gedanken schon wieder ganz woanders. »Bis jetzt sind das doch alles nur Vermutungen. Gleich gibt’s Quark mit frischen Beeren aus dem Garten.«
    Â»Ich hab keinen Hunger.« Ich drehte mich frustriert um und ging die Treppe hoch. Wie sehr hatte ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher