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CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

Titel: CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)
Autoren: Bianca Balcaen
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Kehle kam nur ein heiseres, tonloses
Flüstern. Nach ein paar Minuten versuchte sie es erneut; diesmal mit ganze
Kraft. »Hallo!«, krächzte sie. Als nächstes hörte sie einen überraschten
Aufschrei, und das Poltern eines umfallenden Hockers. Das helle Licht
verdunkelte sich, als jemand sich über sie beugte. Durch die Nebelwand
blinzelnd, erkannte sie das erleichterte Gesicht ihrer Mutter. »Mom?«, flüsterte
sie heiser.
    »Ja, mein Liebling, ich
bin hier und dein Vater auch. Wie fühlst du dich?«
    Angestrengt überlegte
sie. »Als wenn ein Traktor mich überfahren hätte, der danach noch dreimal den
Rückwärtsgang eingelegt hat.«
    »Oh gut … gut, wenn du
deinen Humor zurück hast, ist das ein gutes Zeichen«, erwiderte ihre Mutter
lachend und gleichzeitig mit den Tränen kämpfend.
    »Ein gutes Zeichen
wofür?« Verständnislos sah Hannah hoch. Dabei fühlte sie die warmen Hände ihres
Vaters auf ihrem Körper, der irgendetwas zu kontrollieren schien. Irritiert
blinzelte sie an sich herunter und entdeckte unzählige Schläuche und Kabel, die
in ihrem linken Arm und in ihrem Oberkörper steckten. Sie waren an eine monströs
aussehende Maschine angeschlossen, über der ein Monitor hing, von dem ganz
eindeutig der schrille Piepton kam.
    Ihre Stimme klang
belegt und verunsichert. »Was ist passiert?« fragte Hannah. Erschüttert bemerkte
sie, dass auch die Augen ihres Abbas verdächtig glitzerten. Sie hatte ihren
sonst so besonnenen Vater noch nie weinen gesehen. »Deine Mutter und ich haben
uns große Sorgen um dich gemacht, Hannah«, antwortete er sanft. »Als wir dich
eingeliefert haben, dachten wir, dass du es dieses Mal nicht
schaffst.«
    »Warum bin ich hier?«
    »Du hattest einen
Anfall. Als ich dich gefunden habe, warst du schon bewusstlos. Bei der
Notoperation mussten wir schmerzvoll erkennen, dass die gerissene Ader schon so
porös war, dass die Anlage einer Naht nicht mehr möglich war. Nur die
Herz-Lungenmaschine ermöglichte in diesem Moment noch eine Aufrechterhaltung
deiner Kreislauffunktionen.« Bei seinen Worten begann Hannah unkontrolliert zu
zittern, bis sich der starke Arm ihres Vaters beruhigend um sie schlang.
    Mit der anderen Hand
strich er sanft über ihre blasse Wange, bevor er stockend weitersprach.
»Inmitten unserer Verzweiflung erhielten wir vollkommen unerwartet einen
anonymen Anruf aus dem Zainab-Krankenhaus des Gazastreifens. Wir sollten uns
umgehend mit einem Krankenwagen zur Grenze des Schmugglertunnels begeben. Dort
angekommen erwartete uns ein älterer Mann. In Decken gewickelt trug er seinen
Sohn. Er war tot. Behutsam legte der Mann den leblosen Körper in meine Arme und
sagte: »Ich möchte, dass das Herz meines einzigen Sohnes weiterschlägt, damit
sein Tod nicht sinnlos war. Darum gebe ich ihnen die Erlaubnis für eine
Organspende.« Und mit leiser Stimme fügte der Mann hinzu: »Mein Sohn hat die
Blutgruppe 0.«
    Ihre Mutter nickte und
ergänzte die Ausführungen ihres Mannes mit erstickter Stimme: »Mein Liebling, du
hast ein Spenderherz bekommen. Es war ein sehr schwerer Eingriff, aber jetzt ist
das Schlimmste überstanden. Du wirst wieder ganz gesund werden. Ist das nicht
wunderbar?«
    »Ja, wunderbar«, echote
Hannah vollkommen überwältigt. »Wie hieß der Junge, ich möchte mich bei seinem
Vater bedanken.«
    »Das wird nicht möglich
sein, Hannah. Der Mann bestand ausdrücklich auf einer anonymen Organspende.«
Fassungslosigkeit spiegelte sich in ihrem Gesicht. »Und wann hatte ich den
Anfall?«, hauchte sie kraftlos. Mit einem gequälten Aufseufzen löste ihr Vater
seine Umarmung und erhob sich nervös.
    »Vor zwei Wochen, in
der Nacht des ersten Raketenangriffs. Ich bin von der Nachtschicht gekommen. Als
ich die Haustür aufschloss, habe ich dich bewusstlos neben deinem Bett liegend
gefunden.« Sie nickte. »Ja, ich erinnere ich mich, aber in dieser Nacht war
Hakim bei mir, bis der Anfall vorüber war.«
    »Wer?« Bei dem
verdutzten Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter biss sich Hannah verlegen auf
die Lippe. »Also, mir ging es nicht so gut an diesem Abend. Hakim, äh… ein
Freund von mir«, murmelte sie leise, »hat mich nach Hause begleitet und
gewartet, bis es mir wieder besser ging.«« Sie verschwieg ihren Eltern, dass
Hakim sich zu ihr ins Bett gelegt hatte und sie in seinen beschützenden Armen
eingeschlafen war. Sie wusste nur, dass bis dahin alles in Ordnung gewesen war.
    Mit einmal stutzte
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