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Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Titel: Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden
Autoren: V.C. Andrews
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unserer Phantasie freien Lauf lassen konnten. Ohne daß wir es vereinbart oder ausgesprochen hätten, wußten wir beide, daß wir, wann immer wir etwas Besonderes tun oder besprechen wollten, zu dem Pavillon gehen würden.
    Wenn wir die drei Stufen hinaufstiegen, hatten wir das Gefühl, die Realität hinter uns zu lassen. Es war ein großer Pavillon, und rundherum war am Geländer eine Bank angebracht. Meine Eltern hatten es weiß und hellgrün streichen lassen. An den Deckenbalken hingen in Abständen kleine Lampen, so daß man ihn nachts beleuchten konnte – was ihn in unseren Augen natürlich noch viel geheimnisvoller erscheinen ließ. Wir waren eigentlich die einzigen, die sich dort aufhielten. Ich konnte mich nicht daran erinnern, daß mein Vater je dort gewesen wäre. Und auch Drake hatte noch nie das Bedürfnis verspürt, dort zu sitzen. Er verbrachte seine Zeit selbst an warmen Sommertagen lieber in seinem Arbeitszimmer. Nur manchmal, wenn ich gerne hingehen wollte und er nichts anders zu tun hatte, machte er eine Ausnahme. Aber dann beklagte er sich die ganze Zeit über das Ungeziefer und die harten hölzernen Sitzbänke.
    »Wir müssen sowieso zum Pavillon gehen«, sagte Luke. »Ich habe etwas für dich.«
    »Ich für dich auch. Siehst du, es wird ein wunderbarer Tag werden. Herzlichen Glückwunsch.«
    »Herzlichen Glückwunsch, Annie.«
    »Gut, aber laß uns jetzt erst etwas essen, ich komme um vor Hunger. All diese Aufregung macht Appetit.«
    Er lachte, und wir liefen zurück zum Hasbrouck House.
    Was seine Mutter betraf, so hatte Luke sich getäuscht. Tante Fanny kam wie üblich gerade in dem Moment hereingerauscht, als wir uns bereits alle hingesetzt hatten, um mit dem Frühstück anzufangen.
    »Sieht euch ähnlich, daß ihr nicht auf mich wartet«, erklärte sie und stemmte dabei die Hände in die Hüften. Sie trug einen breitkrempigen, schwarzen Satinhut mit einem hellgrünen Band, unter dem ihr Haar hochgesteckt war. Was ihren Kater anging, so hatte Luke anscheinend recht gehabt, denn sie behielt auch im Haus ihre Sonnenbrille auf. Tante Fanny trug oft ausgefallene Kleidung, vor allem, wenn sie uns besuchte. Ich nahm an, daß sie damit nur meine Mutter eifersüchtig machen wollte, doch Mammi schenkte Fannys Aufmachung nie besondere Beachtung. Heute trug sie einen kurzen Rock und eine Jacke aus dunkelgrünem Leder und dazu eine grelle pinkfarbene Bluse. Mit ihren bunten Farben erinnerte sie an einen geschmückten Weihnachtsbaum.
    »Wir haben uns mit fast einer halben Stunde Verspätung an den Tisch gesetzt, Fanny«, sagte meine Mutter.
    »Ach, sag bloß?« Schwungvoll legte sie ihren Hut ab und seufzte gekränkt. Dann kam sie auf mich zu und überreichte mir einen in Geschenkpapier gewickelten Karton. »Herzlichen Glückwunsch, Annie, mein Liebes.«
    »Danke, Tante Fanny.« Ich nahm das Paket entgegen und trat zur Seite, so daß ich es auspacken konnte, ohne den Tisch in Unordnung zu bringen. Daddy saß mit versteinertem Gesicht da, den Kopf auf die gefalteten Hände gestützt. Luke starrte auf den Tisch und schüttelte den Kopf. Von uns allen mochte Drake Tante Fanny am meisten. Ich nehme an, sie wußte das, denn sie sah ihn immer an und zwinkerte ihm zu, als bestünde zwischen ihnen ein geheimes Einverständnis. Ihr Geschenk war ein handgeschnitzter Schmuckkasten aus Elfenbein mit einer eingebauten Spieluhr, die das Lied »Memories« aus dem Musical »Cats« spielte, wenn man den Deckel öffnete. Mammi warf einen bewundernden Blick darauf.
    »Es ist wunderschön, Fanny. Wo hast du das entdeckt?«
    »Ich wollte was, was es nicht in Winnerrow gibt, Heavenly. Habe ‘nen Freund von mir nach New York geschickt, extra für deine Annie.«
    »O danke, Tante Fanny.«
    Ich küßte sie, und sie strahlte.
    »Lukes Geschenk is zu Hause. Is zu groß, um es rumzuschleppen. Hab ihm ‘nen eigenen Farbfernseher geschenkt.«
    »O wie schön, Luke«, sagte Mammi, doch Luke schüttelte nur sanft den Kopf. Er sah nicht viel fern, sondern las lieber.
    »Wäre besser, ihr wärt ‘n paar Monate nacheinander geboren«, sagte Tante Fanny uns setzte sich an den Tisch. »Das würde es einfacher machen.« Sie lachte schallend. »Nun, auf was wartet ihr denn noch? Wenn das hier ein Frühstück sein soll, könnten wir ja mal anfangen. Hab seit gestern morgen nichts mehr gegessen«, fügte sie hinzu und lachte wieder. Trotz Tante Fannys Possen und der lauten Kommentare, die sie zu allem und jedem abgab, war das Frühstück sehr
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