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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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sonst noch in dem Stapel mit den neuen Fällen, Rose?«
    Einen Moment lang sah es so aus, als überlegte sie, ihm den ganzen Kram in die Arme zu drücken. Aber Carl kannte seine Pappenheimer. Das eine oder andere hatte bereits ihre Aufmerksamkeit erregt.
    »Dieser Anschlag auf die Callgirl-Zuhälterin heute Nacht erinnert mich an einen Fall, den wir gerade aus Kolding reinbekommen haben. Der lag in dem Stapel, den ich drüben beim NEZ abgeholt habe.«
    »Du bist dir schon darüber im Klaren, dass es sich bei der Callgirl-Zuhälterin, wie du sie nennst, um Baks Schwester handelt?«
    Rose nickte. »Kenne den Mann eigentlich nicht, aber die Gerüchteküche hier drinnen brodelt. Das war doch der, der gerade hier war, oder?« Sie tippte mit ihren schwarz lackierten Fingernägeln auf die oberste Aktenmappe und schlug sie dann auf. »So, und jetzt hör gefälligst zu, Carl, sonst kannst du dir den Mist selbst durchlesen.«
    »Ja, ja.« Carl ließ den Blick durch Roses klinische, schwarzweiß gehaltene Bürolandschaft schweifen. Fast vermisste er das rosafarbene Inferno ihres Alter Egos Yrsa.
    »Der Fall hier handelt von einer Frau namens Rita Nielsen, mit ›Künstlernamen‹« - Rose zeichnete ein Paar Anführungszeichen in die Luft - »Louise Ciccone. Den benutzte sie in den Achtzigern, als sie in Nachtclubs im Trekant-Viertel sogenannte« - hier kamen wieder diese Anführungszeichen - »›erotische Tänze‹ arrangierte. Sie wurde mehrfach verurteilt wegen Betrugs und später wegen Kuppelei und Zuhälterei. In den Siebzigern und Achtzigern leitete sie einen Escort- und Begleitservice in Kolding, bevor sie 1987 anlässlich eines Ausflugs nach Kopenhagen spurlos verschwand. Die Polizei konzentrierte sich bei ihrer Suche nach der Dame in erster Linie auf das mitteljütländische Pornomilieu. Aber nach drei Monaten wurden die Nachforschungen eingestellt mit der Begründung, es handele sich höchstwahrscheinlich um Selbstmord. Zwischenzeitlich sei man mit anderen drängenden Fällen konfrontiert worden, weshalb man die Ressourcen nicht länger für den Fall Rita Nielsen einsetzen könne, steht dort.«
    Sie legte die Akte auf den Tisch und setzte eine säuerliche Miene auf. »Eingestellt. Und genau das wird mit dem Fall Esther Bak von heute Nacht auch geschehen. Garantiert. Oder siehst du hier drinnen vielleicht irgendjemanden fieberhaft rumrennen, um den Scheißkerl zu kriegen, der der armen Frau das angetan hat?«
    Carl zuckte die Achseln. Das einzig Fieberhafte, was er an diesem Morgen gesehen hatte, war sein Stiefsohn Jesper gewesen, nachdem er ihn um sieben unsanft geweckt und angerüffelt hatte, sich schleunigst zu seinem Abitur-Vorbereitungskurs nach Gentofte zu bewegen.
    »Meines Erachtens gibt es in dem Fall nicht den geringsten Hinweis auf suizidale Tendenzen«, fuhr Rose fort. »Rita Nielsen setzt sich in ihren geilen weißen Mercedes 500 SEC und fährt in aller Ruhe von zu Hause weg. Nur zwei Stunden später ist sie wie vom Erdboden verschluckt, und das war's dann.« Sie zog ein Foto aus der Mappe und warf es Carl hin. Darauf war der Wagen abgebildet, der mit völlig demolierter Fahrerkabine am Straßenrand abgestellt war.
    Was für ein Schlitten! Das war mal ein anderes Kaliber als sein Dienstwagen! Auf der Kühlerhaube hätte sich locker die Hälfte der einschlägigen Ladys von Vesterbro in ihren sauer verdienten Kunstpelzen räkeln können.
    »Am 4. September 1987 wurde sie zum letzten Mal gesehen, das war ein Freitag. Durch die Abbuchungen von ihrer Kreditkarte können wir ihre Route ziemlich genau nachvollziehen, von ihrem Wohnort in Kolding morgens um fünf Uhr, wo sie auftankt, weiter nach Fünen und mit der Fähre über den Großen Belt und schließlich nach Kopenhagen, wo sie um 10.10 Uhr in einem Kiosk auf der Nørrebrogade Zigaretten kauft. Seither ist sie nicht mehr gesehen worden. Ihr Mercedes wird ein paar Tage später im Kapelvej gefunden, gründlich ausgeschlachtet. Ledersitze, Reserverad, Autoradio, Kassettenrekorder und viele andere Dinge haben Abnehmer gefunden. Sogar das Lenkrad wurde geklaut. Übrig geblieben sind nur ein paar Musikkassetten und Broschüren im Handschuhfach.«
    Carl kratzte sich am Kinn. »Damals hatten noch nicht viele Geschäfte Kreditkartenlesegeräte, und wenn, dann furchtbar umständliche. So eine Art Fliegenklappen, durch die man seine Karte ziehen und anschließend unterschreiben musste. Erstaunlich, dass ein Kiosk im Stadtteil Nørrebro so etwas hatte. Und noch
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