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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten
Autoren: Laura Kalpakian
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ein unruhiges Kind zum Schlafen legte.
    Eden wandte sich zu Liza um und wischte sich mit einem Zipfel ihrer weißen Schürze den Schweiß von der Stirn. »Du kannst die Dessertspezialität für heute Abend in Bananen-Käse-Kuchen umändern. Aber nicht gleich. Wenn draußen niemand mehr ist, brauche ich deine Hilfe. Wir zwei sind die Letzten, die die Stellung halten.«
    Liza hasste diesen Ausdruck. Er erinnerte sie immer an den Geruch von Pferden, Annie Oakley und Lariat. Sie blickte zur Spüle, wo sich das schmutzige Geschirr stapelte. »Ich mache aber nicht den Abwasch. Wo ist Mikey?«
    Â»Er raucht gerade draußen eine Zigarette. Und du weißt doch, dass er nicht Mikey genannt werden will. Er heißt Mike.«
    Â»Er ist ein Freund von Nicky, also nenne ich ihn auch Mikey. Ich wusste gar nicht, dass du ihm erlaubst zu rauchen.«
    Â»Ich bin seine Arbeitgeberin, nicht seine Mutter. In der Küche raucht niemand, aber in der Pause kann er machen, was er will.« Sie zeigte auf einen Berg von Orangen und Paprika, die auf dem Tisch in der Mitte lagen. »Die kannst du klein schneiden.«
    Â»Wo ist Nicky überhaupt?«
    Â»Er ist nach oben gegangen. Er kommt gleich wieder.«
    Liza schnaubte verächtlich, ein Laut, den sie unwissentlich von Afton geerbt hatte.
    Nicky war bestimmt nach oben gegangen, um einen Joint zu rauchen. Ihre Mutter hatte ja keine Ahnung, was er alles so trieb. Liza ergriff das Messer und begann, eine Orange zu schälen. »Hoffentlich beeilt er sich. Ich habe keinen Tischdienst.«
    Â»Es hat dich auch niemand darum gebeten«, sagte Eden, ohne aufzublicken. »Aber die Trinkgelder nimmst du gerne, oder?«
    Eden hob schwere Töpfe vom Herd, goss das Wasser heraus und ließ frisches hineinlaufen. Mit ihren sechsundfünfzig Jahren war sie immer noch stark, und die grauen Strähnen in ihren kurzen dunklen Haare machten ihre Gesichtszüge weicher. Manchmal verwechselte sie ihr Spiegelbild mit Ruth Douglass, obwohl sie Ruth als königlich in Erinnerung hatte. Selbst konnte sie sich so nicht sehen, sie empfand sich eher als Maultier im Geschirr. Vielleicht hatte Ruth es ja ähnlich empfunden. Auf jeden Fall war es ihre Großmutter gewesen, an der sie sich nach dem Zusammenbruch ihres Lebens orientiert hatte. Wie Ruth ließ sie sich von niemandem etwas vorschreiben. Und sie führte ein Restaurant.
    Der Hauptgrund dafür war, dass ein Restaurant sie nach Matts Tod ausreichend beschäftigt hielt, sodass sie keine Zeit zum Grübeln hatte. Und außerdem kochte sie gern für andere Leute. Sie konnte es gut, und es befriedigte sie. Kreativ wandelte sie die Rezepte, die sie im Laufe ihres Lebens zusammengetragen hatte, ab und wurde fast so gut wie der legendäre Napoleon. Das Café Eden nahm keine Reservierungen entgegen, und im Sommer kam es einem manchmal so vor, als feierten die Gäste, die wartend auf dem Bürgersteig standen, kostenlosen Hibiskustee tranken und sich angeregt unterhielten, ein Straßenfest. Sonntagsnachmittags spielten Jazzbands oder klassische Musiker aus dem Ort.
    Im Anfang war das Lokal noch nicht so erfolgreich, aber es war trotzdem schon genug zu tun. Sogar Stella erwachte aus ihrer Starre und arbeitete fleißig mit, bis sie 1971 starb. Als der Name und der Ruf des Café Eden immer bekannter wurden, hätte Eden ohne Weiteres aus der engen Wohnung über dem Restaurant ausziehen können, aber es gefiel ihr, so nahe am Geschehen zu wohnen.
    Dass ihre Kinder im Restaurant mitarbeiteten, bedeutete noch lange nicht, dass sie ihre Mutter liebten und respektierten. Eden wusste, dass sie bei ihren Töchtern irgendwie versagt hatte. Für Liza und Stellina blieb Matts Tod das große Problem in ihrem Leben. Eden hatte schon lange aufgegeben, ihre Kinder für diesen Verlust entschädigen zu wollen. Sie lebte damit, wie man mit einer angeborenen Herzschwäche oder einer Allergie lebt. Die Wut, die Liza und Stellina auf ihren Vater empfanden, projizierten sie auf ihre Mutter, während Matt in der Erinnerung überlebensgroß wurde. Als Teenager taten sie alles, um Eden gegen sich aufzubringen, und Eden blieb nichts anderes übrig, als sich ein dickes Fell zuzulegen. Solange sie ihre Arbeit taten und gut in der Schule waren, verschloss sie die Augen vor ihren Launen.
    Liza hatte überhaupt keine Probleme in der Schule. Eden lobte sie für ihre Leistungen und ließ sich
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