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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz
Autoren: Sebastian Fleming
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gehandelt hatte. Begleitet wurde der Fürst von seinem treuen Waffenmeister Xavier del Mar, einem Katalanen.
    In Nikaia erwartete Alexios bereits der Türke, den Dschuneid gesandt hatte, um ihn zum Ort der Verhandlung zu führen, die in Bursa auf halbem Wege zwischen Konstantinopel und Smyrna stattfinden sollte. Für die alte Hauptstadt der Osmanen sprach zweierlei: Zum einen war sie sehr belebt, und deshalb würden Fremde kein Aufsehen erregen, zum anderen tummelten sich hier die wenigsten Späher. Wer hätte schon die Dreistigkeit besessen, ausgerechnet in der Höhle des Löwen das Komplott gegen den Löwen auszuhecken – wer, außer Dschuneid und Alexios?
    Der Fürst und sein Waffenmeister schlugen sich unter Führung des Türken durch das Gebirge um den Olympos Misios, den Bythinischen Olymp, um schließlich in das Nebelmeer der Ebene von Bursa einzutauchen. Wenig später betraten sie die Stadt durch ein trutziges Tor, das einem kauernden Bären mit aufgesperrtem Maul glich. Durch Reden und ein paar Münzen lenkte der Türke die Wächter ab, die es wegen des einsetzenden kalten Nieselregens ohnehin in die beheizte und vor allem trockene Wachstube zurückzog.
    Schweigend folgten Alexios Angelos und Xavier del Mar dem Türken durch labyrinthartige, enge Gassen in ein Haus, das mit seinem etwas schief aufgesetzten Stockwerk weder prächtig noch auffällig wirkte. Der Waffenmeister bezog am Fenster im Erdgeschoss Stellung und beobachtete von dort aus die Straße. Durch einen langen Gang und über ein steiles Treppchen gelangte Alexios in das obere Stockwerk. Es roch muffig, ungelüftet, ein Geruch, den er nicht kannte.
    In einer niedrigen und mit Tischchen und Teppichen eilig eingerichteten Stube wurde er bereits ungeduldig von einem hageren, bärtigen Mann in einem recht einfachen Gewand erwartet. Seinem spitznasigen Gesicht mit den ausdruckslosen dunkelbraunen Augen, die ein kalter Glanz überzog, war die Leidenschaft für die Intrige anzusehen. Nur wenige hätten in dem türkischen Kaufmann mit seinem abgetragenen Kaftan, den er über angegrauten Pluderhosen trug, und dem flachen gelben Turban den reichen Emir Dschuneid erkannt. Die Verkleidung saß perfekt. Alexios legte den Pelzmantel ab, den Harnisch behielt er lieber an. Das Schwert nahm er aus dem Wehrgehänge, behielt es aber in Griffweite.
    Nachdem sie sich begrüßt hatten und ein Diener, der Tee, Gebäck, Süßigkeiten und gebratenes Hühner- und Rinderfleisch serviert hatte, wieder verschwunden war, eröffnete Dschuneid das Gespräch mit einigen Nettigkeiten über Johannes Palaiologos, der sicher einmal ein großer Kaiser werden würde, und seinen exzellenten Berater. Obwohl Alexios die Schmeichelei durchschaute, hörte er sie doch gern, denn ganz gleich, ob der Emir an seine eigenen Worte glaubte, wusste Alexios doch, dass er die lauterste Wahrheit sprach, zumindest soweit es ihn selbst betraf. Den Sohn des Kaisers überschätzte Dschuneid dann doch ein wenig. Aber so war es eben Brauch. Alexios griff hungrig nach einem Stück Fleisch. Es schmeckte köstlich, denn der Koch hatte es in Honig eingelegt, bevor er es briet. Gern hätte er einen Wein dazu getrunken, aber sei es aus Geiz oder aus religiöser Strenge hatte der Emir nur Tee reichen lassen. Auch aß er selbst nichts.
    Dschuneid fuhr sich mit seinen langen, femininen Fingern durch den Bart. »Kommen wir zur Sache, denn wir beide wollen ja das Schicksal nicht herausfordern.«
    Alexios nickte.
    »Sultan Mustafa befindet sich in der Obhut Eures Kaisers in einem Kloster auf der Insel Chios«, fuhr Dschuneid fort. Alexios wusste, dass Sultan Bayazid Yildirim in der Schlacht von Ankara in die Gefangenschaft des Mongolen Timur Lenk geraten und schließlich in der Haft gestorben war. Sein Nachfolger war sein Sohn Mehmed. Bayazids ältester Sohn, Mustafa, galt als in der Schlacht verschollen. Der Mann, den Kaiser Manuel auf Chios interniert hatte, behauptete nun, Mustafa zu sein, der erstgeborene Sohn des Sultans, dem die Herrschaft eigentlich zustand. Mehmed erkannte diesen Mustafa aber nicht als seinen Bruder an und ließ überall verkünden, dass er ein Scharlatan und Lügner wäre.
    »Dafür, dass Kaiser Manuel Mustafa nicht dem elenden Thronräuber Mehmed ausgeliefert hat, sind wir euch zu großem Dank verpflichtet. Aber wir bitten um mehr und sind auch bereit, dafür große Beweise unserer Dankbarkeit und Freundschaft zu erbringen. Ich ersuche euch, lasst Mustafa frei, damit er seinen Thron
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