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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume
Autoren: Donna Leon
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irgendein Verbrechen planen. Oder er hatte sich mit Leuten eingelassen, die ihm gefährlich werden konnten. War vielleicht in Drogengeschäfte verwickelt oder gar selber süchtig. »Was hat er denn vor?«, fragte Brunetti schließlich. »Er will seine Wohnung verkaufen.«
    Die Venezianer waren bekannt für ihren Stolz auf die eigenen vier Wände, aber deswegen war es doch noch lange kein Verbrechen, eine Wohnung zu verkaufen. Außer natürlich, sie gehörte einem nicht.
    Brunetti beschloss, diesem Hin und Her ein Ende zu machen, bevor Antonin seine Geduld über Gebühr strapazierte. »Vielleicht sagst du mir erst einmal, ob an diesem Verkauf irgendetwas faul ist?«
    Antonin überlegte eine Weile, bevor er darauf antwortete. »Streng genommen nicht, nein.« »Damit kann ich nun wirklich nichts anfangen.« »Sicher nicht, nein. Also die Wohnung gehört ihm, mithin ist er gesetzlich berechtigt, sie zu verkaufen.« »Gesetzlich?«, wiederholte Brunetti, weil der Priester dieses Wort eigens betont hatte.
    »Er hat die Wohnung vor acht Jahren, an seinem zwanzigsten Geburtstag, von seinem Onkel geerbt. Und bewohnt sie zusammen mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter.«
    »Gehört die Wohnung ihm oder dem Paar?«
    »Ihm. Sie ist vor sechs Jahren bei ihm eingezogen, aber die Wohnung läuft weiter auf seinen Namen.« »Und die beiden sind nicht verheiratet?« Brunetti setzte das voraus, wollte es sich aber zur Sicherheit bestätigen lassen.
    »Nein.«
    »Und ist die Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung gemeldet?«
    »Nein«, antwortete Antonin widerstrebend. »Warum nicht?« »Das ist kompliziert«, erwiderte der Priester. »Wie die meisten Dinge im Leben. Also, warum nicht?« »Nun, die Wohnung, in der sie zuvor mit ihren Eltern gelebt hatte, gehört der IRE. Als ihre Eltern dann nach Brescia zogen, ging der Mietvertrag auf sie über, weil sie arbeitslos war und ein Kind hatte.«
    »Wann sind die Eltern weggezogen?« »Vor zwei Jahren.« »Als die Tochter schon mit diesem Mann zusammenlebte?« »Ja.«
    »Verstehe«, bemerkte Brunetti trocken. Die von der IRE verwalteten Sozialwohnungen waren für die Bedürftigsten unter Venedigs Bürgern gedacht. Doch im Lauf der Zeit hatten sich unter die Nutzer Anwälte, Architekten, Mitglieder der Stadtverwaltung oder gar Verwandte von IRE-Mitarbeitern eingeschlichen. Damit nicht genug, wurden viele der oft zu einem Spottpreis angemieteten Wohnungen mit beträchtlichem Gewinn untervermietet. »Die junge Frau wohnt also gar nicht mehr dort?«
    »Nein«, gestand der Priester. »Wer dann?« »Bekannte von ihr«, antwortete Antonin. »Aber der Mietvertrag läuft noch auf ihren Namen?« »Ich glaube schon, ja.« »Glaubst du es, oder weißt du's?«, erkundigte sich Brunetti freundlich.
    Antonin reagierte spürbar gereizt. »Es sind Freunde von ihr«, entgegnete er schroff, »und sie brauchten ein Dach über dem Kopf.«
    Brunetti unterdrückte den Einwand, so ergehe es den meisten Menschen, nur hätten sie in der Regel nicht das Glück, dass man ihnen eine Sozialwohnung zur Verfügung stellt. Stattdessen fragte er unverblümt: »Zahlen sie Miete?« »Ich glaube schon.«
    Brunetti holte hörbar tief Luft. Und der Priester bekräftigte hastig: »Ja doch, sie zahlen Miete.«
    Was die Bürger auf Kosten der Stadt erwirtschafteten, brauchte Brunetti nicht zu kümmern. Aber es war immer nützlich zu wissen, wie sie es anstellten.
    In die friedliche Atempause hinein sagte Antonin: »Aber das ist nicht das Problem. Es geht, wie gesagt, darum, dass er seine Wohnung verkaufen will.« »Und warum?«
    »Das ist ja genau der Punkt!«, rief der Priester. »Er möchte verkaufen, damit er jemandem das Geld geben kann.« Brunetti dachte sofort an Wucherer, an Spielschulden. »Wem?«, fragte er.
    »So einem Scharlatan aus Umbrien, der ihm eingeredet hat, er sei sein Vater.« Ehe Brunetti fragen konnte, ob es dafür irgendwelche Anhaltspunkte gebe, fügte der Priester hinzu: »Also sein geistiger Vater.«
    Brunetti lebte mit einer Frau zusammen, deren stärkste Waffe Ironie und, unter verschärften Bedingungen, Sarkasmus war. Wohl wissend, dass er im Lauf der Jahre mehr und mehr dazu neigte, sich aus demselben Arsenal zu bedienen, nahm Brunetti sich jetzt bewusst zurück: »Ist dieser Mann ein Geistlicher?«
    Antonin wischte die Frage vom Tisch. »Weiß ich nicht, jedenfalls gibt er sich dafür aus. In Wahrheit aber ist er ein Schwindler, der Roberto eingeredet hat, er besäße einen
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