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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta
Autoren: Donna Leon
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aber er kam erst wieder, als alle durchgelaufen waren.«
    »Und die beiden anderen?«
    »Oh, erregt waren sie auch. Aber sie kannten die Filme schon, alle, und konnten sich beherrschen.«
    »Waren sie wie der, den ich gesehen habe?«
    »Wurde eine Frau umgebracht?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Dann waren es die gleichen. Sie wird vergewaltigt, meist mehrmals, und dann umgebracht.« In ihrer Stimme klang so viel Bewegung mit, als hätte sie ihm einen Ausbildungsfilm für Flugbegleiter beschrieben.
    »Wie viele von diesen Videos gab es?« fragte Brunetti.
    »Das weiß ich nicht. Mindestens sieben, von denen ich wußte, nicht mitgerechnet die drei, die ich gesehen habe. Aber die ersten haben sie gleich verkauft; diese letzten drei wollten sie vervielfältigen und vertreiben.«
    »Was haben Sie ihnen gesagt, nachdem Sie die Filme gesehen hatten?«
    »Ich habe ihnen gesagt, daß ich einen Tag oder zwei zum Nachdenken brauche und daß ich jemanden in Brüssel kenne, der vielleicht Interesse hätte, Kopien für den belgischen und niederländischen Markt zu kaufen. Aber da hatte ich schon beschlossen, sie zu töten. Es ging nur noch darum, die beste Art zu finden.«
    »Warum?«
    »Warum was? Warum ich gewartet habe, oder warum ich beschlossen habe, sie zu töten?«
    »Warum Sie beschlossen haben, sie zu töten.«
    Sie ging vom Gas, weil ein Wagen vor ihnen nach rechts abbiegen wollte. Nachdem die Rücklichter des anderen Autos verschwunden waren, wandte sie sich wieder zu Brunetti. »Darüber habe ich viel nachgedacht, Commissario. Ich glaube, das für mich Entscheidende war, daß sie diese Videos so genossen; das hat mich bei ihnen überrascht. Und wie ich so dasaß und die drei beobachtete, merkte ich, daß sie nicht nur gar nicht auf den Gedanken kamen, es könnte unrecht sein, sich solche Videos anzusehen, sie fanden es offenbar nicht einmal unrecht, sie drehen zu lassen.«
    »Und sie haben welche drehen lassen?«
    Sie blickte wieder auf die Straße. »Bitte, Commissario, stellen Sie sich nicht dumm. Wenn es für so etwas keinen Markt gäbe, würde es nicht gemacht. Trevisan und seine Freunde haben einen Markt geschaffen und dann dafür gesorgt, daß er beliefert wurde. Bevor ich die Videos gesehen hatte und wußte, was darauf war, hatte ich Trevisan und Lotto darüber reden hören, ein Fax nach Sarajewo zu schicken und weitere zu bestellen. Darüber redeten sie so beiläufig, als ginge es um die Bestellung einer Kiste Wein oder um einen Auftrag an ihren Börsenmakler, irgendwelche Aktien für sie zu verkaufen. Es war für sie nur Geschäft.«
    »Aber dann haben Sie die Filme gesehen?«
    »Ja. Dann habe ich die Filme gesehen.«
    »Haben Sie darüber nachgedacht, ob es unrecht war, sie zu ermorden?«
    »Das versuche ich Ihnen die ganze Zeit zu sagen, Commissario. Es war nicht unrecht. Es war recht. Das stand für mich nie in Frage, von Anfang an nicht. Und bevor Sie fragen: Ja, ich würde es wieder tun.«
    »Weil die Frauen Bosnierinnen sind? Muslime?«
    Sie ließ einen Laut hören, der wie ein leises Lachen klang. »Es spielt doch keine Rolle, wer die Frauen sind. Oder waren. Sie sind tot, und was immer passiert, es ändert für sie nichts mehr, die armen Dinger.« Sie dachte kurz noch über seine Frage nach. »Nein, das spielte dabei keine Rolle.« Sie hob den Blick von der Straße und sah ihn an. »Da reden die Leute über Menschlichkeit und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Commissario. Die Zeitungen sind voll mit Kommentaren, und die Politiker reden und reden und reden. Und keiner tut etwas. Wir kriegen nur Reden und noble Gesinnungen aufgetischt, und trotzdem gehen solche Dinge weiter; Frauen werden vergewaltigt und ermordet, und jetzt drehen wir davon sogar Filme und gucken zu.« Er hörte ihre Wut, aber die machte ihre Rede langsamer, nicht schneller. »Darum habe ich beschlossen, ihnen das Handwerk zu legen. Weil es nur so ging.«
    »Sie hätten zur Polizei kommen können.«
    »Und dann, Commissario? Sie verhaften lassen, wofür? Ist es ein Verbrechen, was sie getan haben?«
    Brunetti wußte es nicht und schämte sich, es einzugestehen.
    »Ist es ein Verbrechen, Commissario?« bohrte sie.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er endlich. »Aber Sie hätten die Männer wegen ihrer Geschäfte mit Prostituierten bloßstellen können. Das hätte ihnen auch schon das Handwerk gelegt.«
    Sie lachte laut auf. »Was sind Sie doch begriffsstutzig, Commissario! Ich hatte nicht die Absicht, der Prostitution einen Riegel
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