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Brombeersommer: Roman (German Edition)

Brombeersommer: Roman (German Edition)

Titel: Brombeersommer: Roman (German Edition)
Autoren: Dörthe Binkert
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und wartete schon in den Betten, die zum Mittagsschlaf einluden.
    Theo liebte Viola besser, zärtlicher und öfter als zu Hause, denn er vergaß, an seine Arbeit zu denken. Und Viola liebte Theo, weil er gegenwärtiger und entspannter, weil er ihr näher war als sonst. Und weil Karl ganz nahe warund seine Hand mit im Spiel hatte. Theo und Viola liebten sich, wenn Karl auf seinen Spaziergängen nach Ronco war oder im Bach badete, aber Viola spürte seine Anwesenheit wie einen süßen Hauch. Sein zerwühltes Laken im Nebenzimmer duftete nach ihm, sein Lachen hing in den Mauern des Hauses, der rotglühende Oleander, den er gepflückt hatte, stand auf ihrem Tisch. Und immer war die Tür zum Balkon auf den Lago Maggiore weit offen.
    Von Zeit zu Zeit stieg Theo nach dem ausgiebigen Mittagsschlaf, wenn die ärgste Hitze gewichen war, nach Ronco hinunter, um die Kirche zu besichtigen, wie er sagte, eher aber, um sich zu vergewissern, dass der Käfer noch da war, obwohl Karl jeden Morgen beteuerte, die hellblaue Violetta sei unversehrt. Theo brachte Kerzen, neuen Wein und einmal auch frischen Fisch mit, die ein fliegender Fischhändler in Ronco verkauft hatte. Da machten sie Feuer im Kamin und grillten den Fisch, so gut sie konnten. Es war das erste Mal, dass Karl und Viola Fisch aßen.
    Theo liebte das Dorf und schwatzte mit den alten Männern, die vor der Kirche saßen. Er verstand nur halb, was sie sagten, und sie verstanden ihn vielleicht noch weniger, aber das machte nichts.
     
    An einem dieser Nachmittage nahm Viola Karl an der Hand und zog ihn zum Bach. Sie streifte die Sandalen ab, streckte die Zehen in das sprudelnde Wasser. Ihre nackten Füße suchten vorsichtig und geschickt zwischen den vom Wasser glatt und rund geschliffenen Steinen Halt, sie breitete beide Arme aus und stieg vorsichtig im Bach der wunderbaren Wassermulde zu. Sie trug Shorts und ein weißesHemd von Theo, dessen Ärmel sie aufgekrempelt und dessen Enden sie in der Taille zusammengeknotet hatte. Über dem Lago Maggiore hing tief eine Hitzewolke, in der sich Regen sammeln wollte, schwüler Dunst lag über dem Tal.
    Sie war bei dem steinernen Becken angekommen, stand, wartete eine Sekunde, zwei Sekunden und ließ sich mit einem kindlichen Jauchzen in die kühle Wanne gleiten. Sie paddelte mit den Beinen, lag dann still. Schloss die Augen.
    »Komm!«, rief sie. »Komm schon, Karl. So kalt ist es gar nicht. Nun komm schon und nimm ein Bad mit mir!«
    Er lachte, seine Zähne blitzten im braungebrannten Gesicht, und tatsächlich tauchte er ein, in Kleidern wie sie, prustete, schnaubte und paddelte.
    Mit klappernden Zähnen kamen sie ins Haus zurück. Shorts und Hemd klebten an Violas Körper, Wasser troff ihr aus dem kurzen, hellbraunen Haar, lief ihren Nacken hinab. Tropfen zogen in mäandernden Rinnsalen ihre braunen Beinen entlang. Sie schüttelte sich wie ein nasser Hund und lachte mit vor Kälte zitternden Lippen. Ihre Brüste zeichneten sich deutlich unter dem Hemd ab, sie war begehrenswert zum Verrücktwerden.
    Viola machte es ihm wirklich schwer. Ob sie das wusste? Natürlich wusste sie es. Aber sie war wie ein Kind, das alles ausprobierte. Neugierig, ungebärdig, ungeniert. Karl hielt es nicht länger aus. Er sprang hoch in sein Zimmer, zog sich um, nahm ein Handtuch mit und legte es ihr zärtlich um die Schultern. Sie zog das Tuch fest um sich zusammen und sah ihn lange an.
    »Wie schön du bist«, sagte Karl. »Zum Verrücktwerden schön.«
    Sie schloss die Augen und wartete, dass er sie küsste. Aber er sagte nur: »Zieh dich um, du erkältest dich sonst.«
    Am Abend gingen sie im Dorf essen. Ein Festmahl war das, mit goldgelber Polenta und Lammfleisch. Das hatte auch Theo noch nie gegessen. Viel Wein hatten sie getrunken, vino della casa.
    Mit einer Taschenlampe leuchtete Theo den Weg zurück. Er ging voraus, in einer Hand das Licht, mit der anderen hielt er Violas Hand, damit sie auf dem unebenen Weg nicht über die Steine stolperte. »Nimm Karl mit der anderen Hand«, sagte er. »Lasst uns eine Kette machen, sonst verlieren wir uns noch in dieser mondlosen Nacht.« Viola griff nach Karls Hand. Ihre Hand war warm und weich und hielt seine ganz fest.
    So gingen sie Hand in Hand hintereinander her, und keiner wusste, was der andere dachte. Und sie waren alle drei damit einverstanden. Oben angekommen, fielen sie in ihre Betten, trunken und beglückt vom Wein, trunken auch vom Glück, am Leben zu sein.
    In der Nacht entlud sich der Himmel in
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