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Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)

Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Crossan
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rüber und starre durchs gesprungene Kajütenfenster nach draußen. Die Ruinen entlang des Ufers, seit Jahrzehnten vergessen, bröseln bereits in den Fluss. »Du hättest sie einfach springen lassen sollen.«
    »Ist das dein Ernst?« Ich muss schwer schlucken. Ist es so unwahrscheinlich, dass wir durchkommen?
    »Dorian behauptet zu wissen, wo Sequoia liegt, aber als ich ihm die Karte unter die Nase gehalten habe, war er reichlich schwammig in seinen Angaben. Soweit ich’s beurteilen kann, bleibt uns ein Suchradius von über fünfzehn Kilometern.«
    »Wir finden den Weg. Wir haben schon ganz andere Dinge geschafft, Silas.«
    »Ich bin mir da nicht so sicher. Wie lange reicht unser Sauerstoff noch, deiner Einschätzung nach?« Ich schiele rüber zu den Flaschen und dann zu Maude und Bruce, die in ihre Atemmasken schnaufen. Maude blickt auf und schickt mir einen völlig unverdienten finsteren Blick. Nach allem, was wir gemeinsam durchgemacht haben, sind wir immer noch nicht warm miteinander.
    »Uns bleiben noch ein paar Tage«, sage ich.
    »Wenn überhaupt«, meint Silas, die Augen auf die verbrannte Sonne gerichtet.
    »Irgendein besserer Vorschlag?«, frage ich. Nicht, weil ich in Streitlaune wäre, sondern weil ich tatsächlich auf irgendeinen Geistesblitz von ihm hoffe.
    Er schüttelt den Kopf. »Wenn wir nicht als Ausgestoßene leben wollen, bleibt uns nur Sequoia. Wenn wir’s dorthin schaffen, können wir weiter unsere Pflanzen züchten und Kontakt mit Mom und Dad in der Kuppel aufnehmen.« Er verstummt und guckt mich an. Seine Augenränder sind ganz rot, auch wenn ich nicht beurteilen kann, ob das jetzt an dem Schaum liegt, mit dem die Armee des Ministeriums den Hain vernichtet hat, an Müdigkeit oder schierer Verzweiflung.
    Ich nehme Silas beim Arm. »Harriet und Gideon geht es bestimmt gut«, sage ich. Selbst wenn in der Kuppel der Bürgerkrieg ausgebrochen sein sollte, sind mein Onkel und meine Tante viel zu gewieft, um sich erwischen und umbringen zu lassen.
    Ein heftiger Windstoß schubst das Boot auf die Uferböschung zu und Silas reißt das Ruder scharf nach links. Ich verliere das Gleichgewicht und lande voll mit dem Gesicht auf dem Boden. Ein zäher, metallischer Geschmack füllt meinen Mund.
    »Sorry«, meint Silas. »Geht’s wieder?«
    »Alles okay.« Ich lüpfe meine Maske und wische mir mit dem Ärmel das Blut ab. Es gibt Umstände, da jammert man nicht über eine aufgeplatzte Lippe.
    Maude fährt hoch. »Stopp!«
    Ich will die Alte gerade anpfeifen – sieht sie denn nicht, dass Silas sich ein Bein ausreißt, um das Boot aufrecht zu halten? –, da ertappe ich im Umdrehen eben noch Holly, die sich aus der Kajütentür stehlen will. Ich sprinte ihr hinterher. »Holly, nicht!«
    Sie ist schon beim Bug, auf halbem Weg über die Reling. Als ich sie einhole, baumelt sie bereits über den Fluten und schlingert mit der Strömung von einer Seite zur anderen. Und sie lächelt. Silas’ Worte schwirren mir durch den Kopf – Du hättest sie springen lassen sollen. Aber das bringe ich nicht. Sie steht ja völlig neben sich.
    »Morgen sieht alles schon wieder ganz anders aus, Holly.« Ich packe sie am Arm.
    »Morgen ist gar nichts besser.« Sie dreht sich kurz um und fängt meinen Blick ein. »Alles ist hin.«
    »Wir müssen weiter hoffen«, sage ich.
    Holly lacht freudlos. »Meine Hoffnungsvorräte sind aufgebraucht«, meint sie und löst ihre Finger. Ich schieße vor, kralle mich in Hollys Arm fest, aber sie ist so schwer, dass ich sie nicht lange halten kann. Eine brutale Ladung Gischt sprüht unter dem Kiel hoch und durchweicht sie bis auf die Knochen. Doch der Blick, den sie mir von unten zuwirft, könnte gelassener nicht sein. Meine Finger brennen.
    »Du tust mir weh«, sagt sie. Und dann passiert es: Ihre nasse Haut entgleitet meinem Griff.
    Holly klatscht aufs Wasser und wird verschlungen. Und ich kann nur dabei zuschauen.
    Schwere Schritte poltern über Deck. »Holly!«, brülltSong. Er beugt sich über die Reling und sucht die Wellen ab, die sich am Rumpf brechen.
    Doch Holly ist nicht mehr.
    Ich wende mich ab.
    Alle sind an Deck und starren mich an, alle bis auf Bruce.
    »Ich konnte sie nicht mehr halten«, sage ich.
    »Holly?«, wimmert Song.
    Dorian schlingt einen Arm um ihn und zieht ihn vom Geländer weg.
    »Wir legen über Nacht an«, verkündet Silas. »Und jetzt rein, aber allesamt.«
    Schweigend trotten wir einer nach dem anderen in die Kajüte. Ich gleite zu Boden. Einer von Hollys braunen
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