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Bran

Bran

Titel: Bran
Autoren: Matthias Falke
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sodass er während des Essens aktuelle Meldungen durchsehen konnte. Darunter waren auch einige unscharfe Bilder seines tollkühnen Landeanflugs im Schlepptau der Prinzessin. Er selbst war nicht zu erkennen. Der Kommentator witzelte über den Fremden, der sich offenbar im Hangar geirrt hatte. Straner schluckte seine Nudeln herunter. Er musste aufpassen, dass er nicht zu einer stadtbekannten Persönlichkeit wurde, noch ehe er seine Tätigkeit aufgenommen hatte. Andererseits war das Gedächtnis dieses Volkes kurz. Unablässig wurden neue Sensationen durch die Kanäle ihrer Medien und ihres Geredes gespült. Morgen würde der kleine Vorfall schon wieder vergessen sein. Das Beste war es, er machte sich ein paar Tage unsichtbar und nahm erst dann die Arbeit auf.
    Ein Mädchen spielte sich an seinen Tisch. Ihre Absichten waren unzweideutig.
    »Kann ich etwas für dich tun?«
    Straner sah sie sich an. Die Winkel ihrer Mandelaugen waren lang mit schwarzer Tusche ausgezogen. Das hennafarbene Tattoo in der Verlängerung ihrer Nasenwurzel deutete darauf hin, dass sie dem Volk der Serafidin angehörte. Sie trug einen Ohrring, einen geschmacklosen Klunker aus Gold und Lapislazuli. An ihren Fingernägeln glitzerten die holografischen Spielereien, die jetzt überall in Mode waren. Selbst hier, auf dem scheinbar so rückständigen und abgelegenen Zhid. Aber er hatte schon öfter die Erfahrung gemacht, dass die Randwelten sich gegenüber dem gesellschaftlichen Fortschritt sperrten, modische Trends aber ohne Zeitverzögerung mitmachten. Accessoires wie diese intelligenten, erotische Miniaturen projizierenden Fingernägel oder aktuelle Trends der Unterhaltungsmusik schienen mehr Anziehungskraft zu besitzen als die guten alten Werte von Demokratie und Meinungsfreiheit.
    »Ich suche etwas, wo ich übernachten kann.«
    Sie grinste. Straner sah, dass sie müde war.
    »Wirklich. Ich will einfach nur ins Bett.«
    Er machte dem Wirt ein Zeichen, der ihr ein Getränk brachte. Als er es ihr hinstellte, lieferten die beiden sich einen zischenden Wortwechsel voller Gutturallaute, von dem Straner nichts verstand.
    »Das sagen sie alle«, sagte das Mädchen. Sie setzte eine Miene auf, die verführerisch sein sollte, aber nur routiniert geriet und ihre Erschöpfung durchscheinen ließ.
    »Also?«
    »Du kannst mit zu mir kommen.« Sie musterte fasziniert seinen Anzug.
    »Verrätst du mir deinen Namen?«
    »Kiú.«
    Er bezahlte. Auf dem Weg durch die Souks hatte er sich mit Bargeld versorgt, um in den kleinen Bars und Läden kein Aufsehen zu erregen. So würde er auch schwerer zu verfolgen sein, falls er doch auffliegen sollte. Es war ein dicker Packen abgegriffener Scheine, wie sie hier auf der Straße und in den Außenvierteln noch durchaus üblich waren. Eine beachtliche Summe, in den Augen des Betreibers einer Garküche oder eines kleinen Feierabend-Hürchens. Wenn es auch nur ein winziger Bruchteil dessen war, was Brighton ihm für die Mission zur Verfügung gestellt und über eine Reihe virtueller Konten verstreut hatte.
    Das Mädchen fröstelte. Sie trug ein Arrangement grauer Fetzen um den Leib, die mehr von ihrer hageren Gestalt sehen ließen, als sie verbargen. Straner überlegte, ob es eine bewusste Aufmachung war oder ob sie wirklich nichts anderes besaß. Vermutlich war genau diese Unschärfe kalkuliert. Dergleichen gehörte zu ihrem Job. Wie sie jetzt, zitternd vor Kälte und Müdigkeit, die losen Flitter um sich zusammenzog und dabei herzzerreißend gähnte, stellte sie allerdings keinen besonders verführerischen Anblick dar.
    »Zeig mir, wo du wohnst, Kiú!«
    »Erwarte dir nicht zu viel!«
    Während er das Wechselgeld verstaute, hantierte er ungeschickt genug, um sie seine Raumfahrerplakette sehen zu lassen. Nachdem sie gesehen hatte, was sie sehen sollte, tat er ertappt und lächelte ihr linkisch zu.
    Im Gehen streute sie routiniert eine Handvoll Werbe-Jetons über den Tisch.
      
    Es waren nur ein paar Blocks. Die Kleine schlurfte schweigend vor ihm her. Sie war müde, ihre Beine waren kurz, dennoch hatte Straner Mühe, den Anschluss zu halten.
          Sie erreichten einen weiten asymmetrischen Platz, eine Lichtung in einem Wald sechseckiger Wohntürme, die wie Basaltsäulen von achthundert oder tausend metrischen Einheiten Höhe in der schwülheißen Nacht standen. Kiú steuerte einen davon an und drückte sich in die Vorhalle. Sie war voller Menschen, die mit der Ergebenheit von Reisenden auf eine der Elevatorgondeln
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