Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brainwalking

Brainwalking

Titel: Brainwalking
Autoren: Bettina M. Jasper
Vom Netzwerk:
Unglaublich, was ich da alles höre: Unsere Schritte machen sehr unterschiedliche Geräusche. Ein Schuh quietscht. Ich erinnere mich an den Spruch, dass die dann bestimmt noch nicht bezahlt sind. So ein Blödsinn. Also, weiter konzentrieren! Ein Vogel singt. Keine Ahnung, um welche Art es sich dabei handelt. Aber einen erkenne ich genau. Ganz weit weg hämmert ein Specht. Das muss da hinten im Wald sein. Ein leises Plätschern ist zu hören. Vielleicht ein Bach oder eine Quelle? Die Kirchturmuhr unten im Dorf schlägt. So sammle ich eine ganze Reihe Geräusche und versuche, sie mir zu merken.

    Nach einer Minute, die mir viel länger vorkam, stoppt Petra. Wir gehen langsamer weiter und tragen dabei zusammen, was wir gehört haben. Komisch, das Hundegebell, von dem der Junge erzählt, habe ich überhaupt nicht wahrgenommen. Aber einige Erwachsene bestätigen seine Aussage. Wir zählen. Alle gemeinsam kommen wir auf genau 24 Geräusche. Ob wir die am Ende unserer Tour noch einmal zusammenbringen?

    Als Nächstes sollen wir uns in drei Grüppchen zu je vier Personen aufteilen – Paare auseinander und die beiden Kinder getrennt. Jede Gruppe soll schnell in der Umgebung vier Gegenstände holen, die die anderen nachher mit geschlossenen Augen ertasten müssen. Mit Pauline, Markus und Carla, der 10-Jährigen, mache ich mich auf den Weg. Ruckzuck haben wir unseren Auftrag erfüllt. Für eine Kastanie, einen Kieselstein, ein Weinblatt und eine Buchecker haben wir uns entschieden. Die verbergen wir so in unseren Jackentaschen, dass die anderen sie nicht sehen können.
    Beim anschließenden Ertasten haben wir viel Spaß. Auf die Idee mit der Kastanie sind alle gekommen. So ist die schnell erraten. Bei anderen Gegenständen haben wir mehr Probleme. So lässt Petra uns nicht nur die Lösung nennen, sondern jeweils beschreiben, wie sich die Gegenstände anfühlen: glatt, rau, hart, weich, kalt, samtig usw. Es dauert ein paar Minuten, bis wir alles herausgefunden haben.

    Es geht weiter auf unserem Rundweg. Wir sollen an einem Baumpilz riechen, an Holz und an zerriebenen Kiefernnadeln. Erstaunlich. Nie zuvor habe ich bemerkt, dass diese Naturprodukte so intensive Gerüche entfalten.
    Der Nebel ist der Sonne gewichen. Kein Novemberwetter, sondern goldener Oktober präsentiert sich uns. So stelle ich mir den Indian Summer vor. Das Laub ist in allen Schattierungen gefärbt. Wir haben gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergeht. Auf unserem Rundweg nähern wir uns allmählich wieder dem Ausgangspunkt, sehen den Kurpark unter uns liegen. Kurz vor dem Ziel lässt Petra uns noch einmal anhalten. Wir sollen die Augen schließen. Sie kramt in ihrem Rucksack. Nachdem sie sich versichert hat, dass niemand irgendeine Lebensmittelallergie hat, verspricht sie uns einen Genuss für den Gaumen. Nacheinander greifen wir in die Dose, die sie uns hinhält und legen etwas auf die Zunge. „Ihr dürft auch kauen“, erlaubt sie. Da dauert es nicht lange, bis wir darauf kommen, dass es sich um Walnüsse handelt. „Augen öffnen und nach oben schauen“, heißt Petras nächstes Kommando. Kaum zu glauben, aber erstmals sehe ich bewusst, wie ein Nussbaum aussieht und stelle fest, dass die mir bekannten Früchte in grünen Schalen auf dem Baum verpackt sind. Walnüsse konsumiere ich zwar durchaus, kaufe sie aber meist um die Weihnachtszeit im Supermarkt. Hier stehen wir unter einem Baum, klauben jeder noch ein paar Nüsse auf und stopfen sie in die Jackentaschen. Unsere zum Probieren hatte Petra zuvor gesammelt und schon zu Hause geknackt.
    „An welche Geräusche erinnert ihr euch noch?“, erkundigt sich Petra, als wir uns wieder auf den Weg machen. Einige fallen uns allen ein. Gemeinsam zählen wir. Sehr schnell kommen wir auf 21. Die letzten drei fordern uns richtig. Aber am Ende bringen wir alle 24 wieder zusammen.

    Noch ein paar Schritte, und wir sind zurück am Start und Ziel. Schade. Die Zeit ist verflogen. Ich fühle mich frisch und wach. Das war Natur pur. Hat Spaß gemacht und war eine völlig neue Erfahrung. Nun bin ich fit für den Rest eines weiteren Urlaubstags. Wir verabschieden uns. Einzelne wollen nächste Woche wieder mit. Dann bin ich schon wieder zu Hause. Ob es Brainwalking bei uns in der Stadt auch gibt? Petra hat mir Mut gemacht, nach ähnlichen Angeboten zu suchen. Wäre doch gelacht, wenn ich nichts finden würde!
3.2 Denkend unterwegs
    Die Praxisbeispiele der nachfolgenden Kapitel sollen natürlich zum Nachahmen animieren. Anpassen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher