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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre
Autoren: Klaus Wanninger
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auf völlig neuen Untersuchungsansätzen zu bestehen. Er hoffte, dass dies auch in der vorliegenden Angelegenheit vermieden werden konnte.
    Was aber bewegte den Mann zu seiner pauschal ablehnenden Haltung? Waren es Bedenken, welches Aufsehen ein solches Unterfangen in der Öffentlichkeit erregen würde, in die Wege geleitet in einem Haus dieser außergewöhnlichen Reputation? Die Angst, irgendwelche hohen Herren aus Wirtschaft und Politik aufzuscheuchen, sie – und sei es auch noch so weit hergeholt – zumindest geographisch in die Nähe eines Gewaltverbrechens zu rücken, ihre Person in einem wenig vorteilhaften Umfeld der Öffentlichkeit zu präsentieren?
    Er kannte Söderhofer zu wenig, um seine Beweggründe zu beurteilen, beließ es bei einem vorsichtigen: »Ich fürchte, wir sind noch nicht so weit, das jetzt schon auszuschließen«, hoffte, den Mann damit zu einer weniger starren Haltung überreden zu können.
    Dieser nahm einen tiefen Lungenzug, schien unberührt von Braigs um Ausgleich bemühte Gedanken. »Das steht außerhalb jeder Diskussion, um das prinzipiell klarzustellen. Wissens denn net, wo mir hier san?« Mit seinen letzten Worten war er wieder in ausgeprägt bayerisches Idiom verfallen, sein Gegenüber mit stieren Augen kritisch musternd.
    Der Kommissar rief sich die Gerüchte, die über den Mann im Umlauf waren, in Erinnerung, seine angebliche Kriecherei gegenüber Koch, dem Oberstaatsanwalt, fürchtete, dass die Zusammenarbeit nicht ganz so einfach, wie erhofft, ausfallen würde.
    »Respekt vor unseren Leistungsträgern ist Ihnen anscheinend nicht geläufig. Die Damen und Herren hier, wissens denn net, wen Sie hier vor sich ham?« Söderhofer hatte seine Stirn in Falten gelegt, starrte zu Braig hinüber, den Kopf nach vorne gestreckt. »International Leadership, die Creme de la Creme! Die lassen sich vom Airport direkt hierher chauffieren. Akademiker, stellen Sie sich das vor, ausnahmslos Akademiker. The world’s leading management von Los Angeles bis Shanghai. Mir ham ein agreement of understanding über alle Kontinente weg, dass die hier am besten aufghoben san. Das Meeting findet in unserer Metropolregion statt. Ein globaler Event ohnegleichen! Die opinion leaders des gesamten Globus hier bei uns in Stuttgart, mitten im Herz Europas. Wissens, wie lange unsere Politiker dafür gekämpft ham? Mir können doch jetzt net wie ein Elefant im Porzellanladen dahertrampeln und alles daniedermachen. Das Renommee unserer Metropolregion, wollens denn gar koane Rücksicht nehmen? Jetzt kommens doch net mit irgendwelchen erbärmlichen Quisquilien und entlarvens Ihre fehlende Qualifikation! Mir ham uns zum Herz Europas entwickelt, verstehens, was das bedeutet? Die ganze Welt schaut auf uns und unsere Stadt!«
    Braig musterte die angespannte Miene des Mannes, wusste nicht, wie er dessen substanzloses Geschwätz einordnen sollte. Er starrte ihn nur an, hauchte ein verlegenes: »Ah, ja« als Antwort.
    »Sottiche Idiote gibt’s net amol in Sindelfinge«, hörte er Rössles Stimme vom Boden her.
    Er wusste, dass es wichtig war, einen kühlen Kopf zu bewahren, versuchte, vorerst jeder Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Der Anlass, dessentwegen sie sich hier zusammengefunden hatten, war gravierend genug. Ein Mensch war mit äußerster Brutalität aus dem Leben gerissen worden – von einer Person, die sich von dieser mörderischen Tat wohl etliche Vorteile versprach. Diesem Verbrecher auf die Schliche zu kommen, ihn dingfest zu machen, ehe etwaige Hinweise auf seine Identität verwischt waren, musste als das Gebot der Stunde gelten. Dem hatte vorerst volle Priorität zuzukommen, alles andere – persönliche Animositäten ebenso wie unterschiedliche Einschätzung der Sachlage – hatte zurückzustehen.
    Er sah Söderhofer mit hochroter Miene vor der Eingangstür der Toilette stehen, wusste, dass er das gemeinsame Vorgehen versachlichen, die emotional angespannte Atmosphäre entschärfen musste. »Gut. Dann bitte ich zuerst einmal um eine kurze Zusammenfassung unserer bisherigen Erkenntnisse.« Er wandte sich in die Richtung des Gerichtsmediziners, wartete, bis der zu einer Antwort ansetzte.
    »Was ich sagen kann, sieht folgendermaßen aus«, erklärte Dr. Schäffler. »Der bisher unbekannte Tote trägt kurze dunkle Haare und einen modischen Drei-Tage-Bart; er hat ein breites Gesicht mit einer kleinen Nase und auffallend buschigen Augenbrauen. Sein Alter schätze ich auf Mitte Vierzig, plus/minus fünf Jahre.
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