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Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Titel: Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
Autoren: Luc Deflo
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Laufbahnunterbrechung.
    »Die Welt ist ein Jammertal, mein Freund«, sagte Bosmans, der scheinbar über telepathische Fähigkeiten verfügte.
    »Manchmal«, erwiderte Deleu gelassen.
    »Hier geht es nicht um ein politisches Verbrechen, Dirk. Es gibt kein Muster, kein Motiv, nicht den geringsten Grund. Die reine Willkür. Die Frau war furchtbar zugerichtet. Nach dem ersten Messerstich hat sie vermutlich noch an die fünf Minuten gelebt. Ihr Gesicht war in Todesangst verzerrt.«
    Ein eiskalter Schauder durchzuckte Deleu. Diese Grausamkeiten, die zu seinem Beruf gehörten – irgendwann holten sie einen zwangsläufig wieder ein. Man konnte sie zeitweilig verdrängen, aber nicht vergessen, niemals.
    »Und der Mann?«
    »Bei dem ging es kurz und schmerzlos. Genau wie bei der Kleinen. Sie lag in ihrem Bettchen, ganz friedlich, die Hände über der Brust gefaltet, wie ihre Mutter.«
    »Ein Ritualmord?«
    Bosmans nickte nur und schaltete das Radio ein. Beethoven, die Fünfte. Erschrocken schaltete er das Ding wieder aus.
    »Um welche Uhrzeit wurden die Morde begangen, Jos?«
    »Kurz nach Mitternacht. Sie sind aber nicht alle drei zum selben Zeitpunkt gestorben.«
    »War Vollmond?«
    »Nein.«
    Deleu stieß einen unterdrückten Fluch aus.
    »Das kleine Mädchen hat mindestens eine Stunde länger gelebt als seine Eltern.«
    »Verfluchte Scheiße!« Deleu schlug mit beiden Fäusten auf das Armaturenbrett ein.
    »Sie hat nicht gelitten, Dirk, sie wurde nicht erstochen. Sie wurde durch einen Genickschlag getötet. Wie ein Kaninchen.«
    »Und die Eltern?«
    »Mit einem Stilett, einem rasiermesserscharfen Stilett, und wahrscheinlich einem Filetiermesser. Der Mann hat siebzehn Stichwunden, hauptsächlich im Rücken, die Frau zwölf, die meisten davon in der Brust. Nicht im Unterleib, dafür war die …«
    Jos Bosmans brach mitten im Satz ab und massierte sich die Schläfen.
    Deleu schloss die Augen und dachte nach. Beide Männer schwiegen. Er schlug die Augen wieder auf: Mechelen 15 km. Willkommen zu Hause, Deleu!
    »Ich möchte mir das Haus ansehen, Jos, morgen. Morgen um Mitternacht.«
    »Geht in Ordnung.«

[home]
    3
    H alb zwölf.
    Deleu parkte seinen blaugrauen Wagen, einen unauffälligen Ford Escort von der Rijkswacht, schräg gegenüber der Einfahrt der Poulders.
    Er hatte den ganzen Tag sorgfältig die Berichte aus der Gerichtsmedizin und der Pathologie sowie die kriminaltechnischen Ergebnisse studiert. Er seufzte und versuchte, alle Eindrücke noch einmal zusammenzufassen. Alle losen Fetzen zu einem zusammenhängenden Ganzen zu verbinden. Es glich einem Puzzle mit lauter Teilen ohne Motiv. Deleu zündete sich eine Belga an, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Jede Faser seines Körpers war angespannt.
     
    Die Opfer waren nicht gleichzeitig gestorben, das hatte der Gerichtsmediziner mit Gewissheit feststellen können. Mevrouw Poulders starb als Erste, Mijnheer Poulders ein bis zwei Stunden später und die kleine Tochter gleichzeitig mit ihrem Vater oder, was am wahrscheinlichsten war, kurz nach ihm. Der Mistkerl spielte makabere Spielchen, so viel war klar. Aber was für Spielchen und warum? Was ging in dem perversen Geist dieses Monsters vor?
    Halt dich an die Fakten!, ermahnte sich Deleu. Schluss mit den Spekulationen, nur die Fakten zählen. Schweißtropfen rannen ihm über das Gesicht.
     
    An jenem Abend war Mijnheer Poulders wie gewöhnlich zum Squashspielen im Sportzentrum gewesen. Seine Freunde hatten ausgesagt, er sei gegen Mitternacht nach Hause gefahren. Außer, dass er guter Laune war, weil er zum ersten Mal gegen Marcel, den Star ihres Freizeitclubs, gewonnen hatte, war ihnen nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen. Dieser Mann, Marcel »Celle« Colpin, der sympathische Geschäftsführer einer Firma für Öle und Ölderivate, war gleich mehrmals verhört worden, weil er bei seinen Freunden in dem Ruf stand, ein schlechter Verlierer zu sein. Auch wusste niemand etwas von familiären Problemen.
    Mevrouw Poulders wurde wahrscheinlich im Schlaf überrascht und gegen elf Uhr ermordet, als Mijnheer Poulders sich noch im Sportzentrum aufhielt. Die Kripo hatte drei Theorien.
     
    Bei der ersten Theorie ging man von Mord und Selbstmord aus. Dabei hätte einer der beiden erst seinen Partner, dann das Kind und zum Schluss sich selbst getötet. Doch diesen Tathergang konnte man mit ziemlicher Sicherheit ausschließen. Mevrouw Poulders kam sowieso nicht in Frage, weil sie eine Stunde vor ihrem Mann gestorben war,
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