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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition)
Autoren: Marlene Faro
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Kapelle und wagten es nicht, eine Zigarette zu rauchen. Sie hatten bereits den
Mann auf der Bank begutachtet, ungläubig, fassungslos, jetzt vermieden sie es, noch
einmal hinzusehen.
    »Wie lange
wird das denn noch dauern? Wann kommen die endlich?«
    »Die müssten
jeden Augenblick da sein. Sei nicht so ungeduldig, der Ärger fangt noch früh genug
an.«
    Minuten
später war das Geräusch eines Autos zu hören, das sich über den Weg heraufquälte,
dann bog ein silberfarbener Skoda um die letzte Biegung und parkte mit einem Ruck
rückwärts unter einer Linde. Zwei Männer und eine Frau stiegen aus, die Frau war
noch ziemlich jung und ziemlich dünn, sie trug einen Koffer, dessen Last sie wie
eine zierliche Birke zur Seite verbog. Die beiden Männer sahen fast wie Brüder aus
mit ihren kurz geschnittenen dunklen Haaren. Beide waren schlank und groß, der ältere
ging ein wenig krumm, so wie freundliche Menschen manchmal wirken, die sich dem
Gegenüber im Gespräch gern entgegenbeugen. Der jüngere sah nach regelmäßigem Fitnesstraining
aus, der hatte bestimmt einen Waschbrettbauch unter dem Hemd. Die drei kamen rasch
näher, die Männer in Uniform nahmen Haltung an, der ältere von ihnen salutierte.
    »Bezirksinspektor
Krinzinger. Und das ist mein Kollege Inspektor Gmoser. Wir haben den Tatort bereits
gesichert.«
    Die Frau
mit dem Koffer nickte leicht und ging ohne weitere Worte auf die Bank zu, der ältere
der beiden Neuankömmlinge nickte ebenfalls zur Begrüßung.
    »Ich bin
Artur Pestallozzi, und das ist der Leo Attwenger. Danke, Kollegen, wir haben ja
schon telefoniert. Gibt es irgendwelche neuen Erkenntnisse?«
    Krinzinger
räusperte sich. »Wie bereits gemeldet, handelt es sich bei dem Toten um den Baron
…«
    Chefinspektor
Pestallozzi sah ihm ins Gesicht, er wirkte eindeutig amüsiert, ohne auch nur eine
Miene verzogen zu haben. »Den Baron?«
    Krinzinger
geriet noch mehr ins Schwitzen. »Also, natürlich, ich weiß, wir leben in einer Republik.
Es ist nur, dass alle hier …«
    Verdammt,
da stand er und machte sich zum Idioten, der junge Gmoser wagte es sogar, ganz unverschämt
zu grinsen. Aber wenn er dem Alten unten in Bad Ischl begegnet wäre, dann hätte
er ganz bestimmt die Hacken zusammengeschlagen und ›Grüß Gott, Herr Baron‹ geschmettert,
der Schleimer. Und dieser Pestallozzi brauchte ihn bestimmt nicht zu belehren. Was
wusste so einer schon vom Leben hier draußen. Hier herrschten noch andere Sitten
als … Krinzinger setzte zu einem Neubeginn an.
    »Selbstverständlich
ist mir bewusst, dass es sich dabei um eine überholte Anrede handelt. Aber der Herr
Baron, ich meine, der Herr Gleinegg, ist hier eine überaus bedeutende Persönlichkeit,
ich meine natürlich, er ist es gewesen. Wir sind alle sehr betroffen, es ist für
unsere Gemeinde eine kaum zu fassende …«
    »Schon gut.«
    Pestallozzi
ließ ihn stehen und ging zu der Bank, vor der die Frau bereits kniete und ihren
Koffer geöffnet hatte. Dieser Attwenger folgte ihm, Krinzinger und Gmoser hielten
respektvoll Abstand. Sollten sich doch die Wichtigtuer aus Salzburg die Sauerei
aus der Nähe betrachten, der Geruch war jetzt schon eine Zumutung. Krinzinger musste
plötzlich an die Blutsuppe denken, die es früher auf den Bauernhöfen gegeben hatte,
wenn ein Schwein geschlachtet worden war. Frisches Blut mit Speckwürfeln und viel
Majoran, seine Großmutter hatte die Brühe immer mit einem riesengroßen Holzlöffel
umgerührt, der vom jahrelangen Gebrauch schon ganz dunkelbraun gebeizt gewesen war.
Heute war das ja verboten, die Herrschaften von der EU hatten dafür gesorgt, aber
als Kind hatte er gerne davon gekostet, schon um seinen kreischenden Schwestern
zu imponieren. Krinzinger fühlte plötzlich, wie ihm der Schweiß aus allen Poren
brach. Er nestelte eine Packung Marlboro Gold aus seiner Brusttasche und zündete
sich eine an, Vorschriften hin oder her. Immer noch besser, eine Zigarette zu rauchen
als sich zu übergeben.
    Pestallozzi
war ebenfalls in die Knie gegangen und starrte auf die blut- und kotverkrusteten
Hände, die der Mann auf der Bank ineinander verkrampft hatte. Fliegen schwirrten
über den Darmschlingen, die aus seinem Bauch quollen, Pestallozzi machte eine rasche
Handbewegung, aber so leicht ließen sie sich von diesem Festmahl nicht vertreiben.
Dann hob er den Blick und sah zum ersten Mal in das Gesicht des Mannes, von dem
er schon so viel gehört hatte. Wie jeder, der hier im Umkreis aufgewachsen war.
Das Gesicht des
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