Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab
Autoren: Andreas Schmidt
Vom Netzwerk:
hier vor?
    Obwohl er der Überzeugung war, dass es in dem alten Amtsgericht nichts zu holen gab, setzte er mutig einen Fuß in den Lichtkegel der Straßenlaterne.
    Die Männer hatten ihn noch nicht bemerkt. Sie standen mit dem Rücken zu ihm und waren gerade damit beschäftigt, die beiden Holzkisten in den Kombi zu verfrachten. Während dieser Aktion herrschte eine geradezu gespenstische Stille in der kleinen Straße.
    »He - was tun Sie denn da?«, krächzte Hans Halbach in die Stille hinein.
    Die Männer fuhren auf und wirbelten herum. Während einer der beiden schon die Heckklappe zuschlug und zur Beifahrertür hechtete, zog sein Komplize eine Pistole. Die Mündung zeigte geradewegs auf den alten Mann.
    Halbach glaubte zu träumen. Er wollte zurückweichen, Schutz hinter einem der Container am Straßenrand suchen, als er sah, wie das Mündungsfeuer aufblitzte.
    Im gleichen Augenblick schien sein Brustkorb von innen heraus zu explodieren. Mit weit aufgerissenen Augen berührte er die Stelle, an der ihn die Kugel getroffen hatte. Blut klebte zwischen seinen gespreizten Fingern, und er stöhnte gequält unter der Hitze auf, die sich rasend schnell in seinem Körper ausbreitete.
    Die Kraft wich schnell aus dem von der Krankheit geschwächten Körper des alten Mannes. Im Zeitlupentempo ging Halbach zu Boden. Er sah noch, wie der Schütze sich in den Fond des Kombi fallen ließ. Der Fahrer hatte inzwischen den Motor gestartet und gab nun Vollgas. Mit quietschenden Reifen verschwand der Kombi aus Halbachs Sichtfeld.
    Der alte Mann versuchte noch, sich das Kennzeichen einzuprägen, als er Blitze vor seinen Augen sah und das Leben aus ihm wich. Er hatte eine gute Entscheidung getroffen, die strapaziöse Krebsbehandlung abzulehnen, dachte er noch, während er in ein tiefes schwarzes Loch fiel.
    *
    In einem irrwitzigen Tempo raste der Audi Avant durch die verlassenen Straßen von Remscheid-Lüttringhausen, dann war das Ortsausgangsschild passiert. Die letzte größere Ortschaft, gleich würde es über einsame Landstraßen tiefer ins Bergische Land gehen. Seine Nerven waren zum Zerreißen angespannt, und er spürte, wie das Blut in seinen Adern pochte. Es hatte bei dem Bruch in die Polizeiwache einen Toten gegeben. Achim Fritz hatte keine Sekunde gezögert, als der alte Mann sie nach dem Einbruch ins alte Gerichtsgebäude angesprochen hatte. Mit einem einzigen Schuss hatte er das Leben des Mannes beendet.
    Ein Toter, der nicht geplant war. Nun war aus einem Einbruchdiebstahl ein Mord geworden.
    »Du verdammter Idiot«, brüllte er wütend, während seine Hände auf dem Lederlenkrad des Kombi ruhten. Die dunklen Häuserzeilen schienen an ihnen vorüberzufliegen. Er warf seinem Komplizen, der auf dem Rücksitz des Kombi hockte, über den Innenspiegel einen vernichtenden Blick zu. »Niemand hat gesagt, dass du den alten Knacker umpusten sollst!«
    »Rede keinen Stuss!«, bellte der Mann im Fond des Kombi zurück. »Keine Zeugen, darüber waren wir uns vorher im Klaren. Also - welche Wahl hatte ich, als wir von dem Opa angequatscht wurden? Er wird nichts mehr verraten, und das muss genügen.« Fritz, ein dunkelhaariger Hüne, der auf den ersten Blick als Südländer durchging, winkte ab.
    »Ich fasse es nicht.« Er schüttelte den Kopf und wäre beinahe in eine Radarfalle gerast. Im letzten Moment trat er auf das Bremspedal und drosselte das Tempo. »Da knallst du einen alten Mann ab.«
    »Wir haben Regeln, und an diese Regeln halte ich mich.« Achim Fritz nestelte am Kragen seines schwarzen Pullovers herum. »Ich frage dich nicht um Erlaubnis, um mich an die Regeln zu halten, die wir lange vorher festgelegt haben.«
    Am liebsten hatte er am Straßenrand angehalten und Fritz aus dem Wagen geworfen. Hier, zu später Stunde und mitten in der Pampa. Doch dann musste er damit rechnen, dass der Typ bei den Bullen auspackte. Natürlich würde er sich dann auch vor einem Richter verantworten müssen, aber er würde seine Freunde hochgehen lassen, daran zweifelte er keine Sekunde.
    Er warf Michels, der offenbar gelangweilt auf dem Beifahrersitz hockte und aus dem Fenster stierte, einen flüchtigen Blick zu. »Sag du doch auch mal was.«
    Bernd Michels, ein Mann wie ein Kleiderschrank, grunzte. »Was willst du hören? Dumm gelaufen. Der Alte ist tot, aber wir konnten unerkannt entkommen. Also bitte - das Opfer war es wert.« Nun grinste er. »Und es wird nicht die letzte Leiche sein, die unseren Weg zum Reichtum pflastert, darüber waren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher