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Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Titel: Blutflüstern: Novelle (German Edition)
Autoren: Kim Harrison
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Zitronensaft, und ich hatte den Kupferkessel tatsächlich schon angehoben, als ich bemerkte, dass ich vergessen hatte, das hineinzutun, was die gesuchte Person identifizierte.
    »Dämliche Hexe«, murmelte ich. Anscheinend wollte ein Teil meines Unterbewusstseins an die Westküste und
sich an der Uni den Kopf vollstopfen. Der Zauber konnte nicht funktionieren ohne etwas, das den Geist identifizierte, den man beschwören wollte. Das war die einzige Zutat, die nicht klar benannt war. Die Person, die den Zauber anrührte, konnte sich frei entscheiden. Auf der Liste der vorgeschlagenen Zutaten stand die Asche der Person, Haare … zur Hölle, sogar Fingernägel konnten funktionieren, so eklig das auch war. Ich hatte heute Nachmittag keine Chance gehabt, auf den Speicher zu verschwinden und nach der Kiste mit Dads Sachen zu suchen, also hatte ich nur seine alte Taschenuhr, die ich auf Moms Kommode gefunden hatte.
    Ich warf einen kurzen Blick in den Flur und lauschte auf das leise Gespräch zwischen Mom und Robbie, die wohl immer noch über mich sprachen. Wahrscheinlich wollte ich es gar nicht hören. Nervös zog ich die antike Taschenuhr aus meiner Hose. Ich benutzte die Schere meiner Mom, um ein wenig angelaufenes Silber von der Rückseite abzukratzen. Zurück blieb eine glänzende Stelle und ich wischte mit dem Finger darüber, um das Glitzern ein wenig zu mildern.
    Gott, sie würde mich umbringen, wenn sie wüsste, was ich hier tue . Aber ich wollte unbedingt mit meinem Dad reden, selbst wenn ich eigentlich nur mit einer Mischung meiner eigenen Erinnerungen sprach, denen vorübergehend Leben verliehen wurde.
    Meine Mutter lachte, und hastig warf ich die Späne in die Flüssigkeit. Die dünnen Splitter sanken auf den Boden, wo sie liegen blieben und überhaupt nichts taten. Vielleicht zählte hier eher der Gedanke dahinter.
    Ich rührte die Mischung noch einmal um, dann klopfte
ich den Glasstab ab und schüttete das Ganze zum Wein in das gläserne Fläschchen. Der Zauber war fertig.
    Aufgeregt steckte ich die Phiole und einen Finger-Stick in meine Tasche. Im Buch stand, dass der Trank spontan anfangen würde zu kochen, wenn ich ihn in der rot-grauen Steinschüssel aktivierte, die ich ganz unten in der Kiste gefunden hatte. Der Geist sollte sich aus dem Rauch formen. Es sollte funktionieren. Es muss einfach funktionieren.
    Mein Magen machte einen kleinen Sprung, als ich mich in der Küche umsah. Der meiste Schmutz kam daher, dass ich mich durch die Kisten mit Moms Zaubersachen gegraben hatte. Der dreckige Mörser, der Messbecher, die Pflanzenschnipsel und die Reste der Pflanzen sahen im Raum verstreut irgendwie richtig aus. So hatte die Küche früher ausgesehen, während meine Mom Zauber und Abendessen auf demselben Herd kochte und Anfälle bekam, wenn Robbie so tat, als würde er aus etwas naschen, was offensichtlich ein Zauberkessel war. Mom hatte wirklich tolle Erdmagie-Sachen. Es war eine Schande, dass sie sie nicht mehr benutzte, außer um mir bei meinem Halloweenkostüm zu helfen, und dass sie ihre gesamten Gerätschaften zusammen mit Dads Kraftlinien-Utensilien auf den Speicher verbannt hatte.
    Ich tauchte die paar Teller, die ich verwendet hatte, in das kleine Becken mit Salzwasser, um die Überreste meines Zaubers zu neutralisieren, dann stellte ich sie in die Spüle, um sie später abzuwaschen. Es musste einfach funktionieren! Ich würde nicht an die Küste ziehen. Ich würde zur I. S. gehen und einen richtigen Job annehmen. Ich musste nur diesen einen lausigen Zauber wirken. Dad würde mir sagen, dass ich gehen durfte. Ich wusste es einfach.

3

    Die provisorische Beleuchtung auf dem Fountain Square ließ die Schneeflocken leuchtend weiß und wunderhübsch erscheinen. Ich saß auf dem Rand eines Pflanzenkübels, schlug meine Fersen gegen den Beton und beobachtete den Schneefall, während ich darauf wartete, dass Robbie mit der heißen Schokolade zurückkam. Der Platz, auf dem sich mehrere Tausend Leute tummelten, war laut. Überwiegend waren es Hexen, aber es waren auch ein paar Menschen dabei, die entweder selbst gut in Kraftlinien-Magie oder einfach nur neugierig waren. Sie ergossen sich in die abgesperrten Straßen, in denen an Ständen Wärmeamulette, Schmuckstücke und Essen verkauft wurden. Der Geruch nach Chili und Crêpes sorgte dafür, dass mein Magen knurrte. Mir gefiel es nicht, von einer solchen Menschenmenge umgeben zu sein, aber mit dem kühlschrankgroßen Stein hinter mir, der aus dem
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