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Blutflucht Evolution

Blutflucht Evolution

Titel: Blutflucht Evolution
Autoren: Loreen Ravenscroft
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dass es unter dem Druck meiner Finger ganz blieb. Langsam ließ ich das Glas los.
    Nachdem er mir ein kurzes Lächeln geschenkt hatte, das mein Herz erneut zum Hüpfen brachte, schlürfte er gedankenversunken seinen Cocktail. Schnell machte ich ihm einen Burger mit extra viel Fleisch drauf und schob ihm den Teller unter die Nase. Mein Schwarm sah so aus, als könnte er ihn dringend vertragen.
    »Geht aufs Haus«, sagte ich und: »Schön, dass du wieder da bist.«
    Was war nur in mich gefahren? Wieso war mir das rausgerutscht? Mein Gesicht glühte abermals und mein Atem stockte. Ich verklemmtes, graues Mäuschen!
    Dankend nahm er die Mahlzeit mit den Worten »Ja, das finde ich auch« entgegen, was ihn, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, ebenfalls ein wenig verblüffte. Seine Blicke brannten auf meiner Haut wie Feuer. Hastig schaute ich weg.
    Er hatte mit mir gesprochen! Und seine Stimme klang noch genauso erotisch wie bei unserer letzten Begegnung, beinahe wie ein Schnurren. Am liebsten wäre ich vor Freude in die Luft gesprungen! Jeder Nerv in mir pulsierte und kribbelte.
    Kate, reiß dich zusammen
, befahl ich mir in Gedanken. Dieser Mann würde sich niemals für so eine unscheinbare Frau, wie ich eine war, interessieren, schon gar nicht, wenn er wüsste, dass ich seine Gedanken lesen konnte – wenn ich wollte. Tief in meinem Inneren war ich ihm längst hoffnungslos verfallen.
    Ein wenig träumen war ja wohl erlaubt.
    Die zwei Halbstarken machten sich über ihn lustig.
    »Hui, sieh an, die Bestie ist wieder da.« Blondie lachte.
    »Rrr, er ist ein richtig wildes Tier«, sagte Pickelgesicht. »Heute noch nicht das Fell geleckt, was?«
    Mein Traumtyp schenkte ihnen jedoch keine Beachtung. Stattdessen bestellte er einen weiteren Blue Moon und einen Burger. Heute lief alles friedlich ab, worüber ich froh war. Außerdem war ich überglücklich, weil mein »Tiger«, wie ich ihn in meinen Tagträumen nannte, da war und einige Worte mit mir gewechselt hatte. Und etwas Wildes und Animalisches hatte er definitiv an sich. Da musste ich Pickelgesicht und Blondie ausnahmsweise zustimmen. Nur dass mich diese Attribute eher anzogen als abschreckten.
    Jeder, der anders war, wurde oft angepöbelt oder abschätzig angeschaut. Derjenige hätte ja ein Mutant sein können. Wenigstens war ich äußerlich normal. Mein Exfreund hatte mich sogar attraktiv gefunden, obwohl ich mich für zu dünn hielt. Ich liebte an mir bloß meine langen rotbraunen Haare.
    Es gab mit Sicherheit viele Mutanten wie mich, die unerkannt bleiben wollten. Deswegen kannte die Regierung auch nicht ihre genaue Zahl. Bei einigen hatten sich bestimmte Bereiche des Gehirns so weiterentwickelt, dass sie nur mit Gedankenkraft Dinge bewegen oder zukünftige Ereignisse vorhersehen konnten. Im Grunde genommen konnte so ein Mutant alle möglichen Fähigkeiten entwickeln. Das führte zu einem immer größer werdenden Misstrauen in der Bevölkerung. Man wusste ja nie, wen man vor sich hatte – Mensch oder Mutant – und ob derjenige nicht gerade die eigenen Gedanken manipulierte.
    Diese Ängste wurden geschürt, indem die Polizei in regelmäßigen Abständen angeblich gefährliche Mutanten verhaftete. Die Regierung unterteilte uns in drei Gruppen: Mutanten der Klasse EINS, die nur rein psychische Kräfte besaßen – zu denen durfte ich mich zählen –, Mutanten der Klasse ZWEI, die bloß physische Kräfte besaßen, und Mutanten der Klasse DREI, die sowohl körperliche als auch mentale Kräfte entwickelt hatten. Diese wurden am meisten gefürchtet, weshalb sie verpflichtet waren, sich bei einer eigens für sie ins Leben gerufenen Einrichtung – der MUTAHELP – zu melden, um sich registrieren zu lassen. Was natürlich die Wenigsten taten.
    Die Regierung ließ längst alle Neugeborenen auf eventuelle genetische Abweichungen testen. Bekäme ich jemals ein Kind – wozu es natürlich erst eines Mannes bedurfte, eines Mannes wie
ihn –
, würde ich es wohl in einer Höhle zur Welt bringen müssen …
    »Süße, kannst du Bier aus dem Keller holen?«, fragte mich Sam einige Zeit später. Das Geschäft lief heute gut, weshalb der Vorrat an Flaschen, die unter der Bar standen, knapp wurde. Natürlich würde ich in den Keller gehen, darum brauchte mich Sam nicht zu bitten. Er hatte eine seltene Knochenkrankheit und daher eine steife Hüfte, was ihm das Treppensteigen sehr erschwerte. Ein kurzer Blick in sein stoppelbärtiges Gesicht, um dessen blassblaue Augen sich
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