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Blonde Engel sind gefährlich

Blonde Engel sind gefährlich

Titel: Blonde Engel sind gefährlich
Autoren: Carter Brown
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Schwärze der
Bewußtlosigkeit. Zum Ärger über diese Finte blieb mir keine Zeit mehr. Doch das
war nur ein schwacher Trost.
    Als ich wieder halbwegs zur
Besinnung kam, hörte ich ein häßliches Zischen, spürte einen faden, süßlichen
Geschmack im Mund und ein überwältigendes Gefühl von Platzangst. Ich öffnete
die Augen, hob schnell den Kopf und stieß gegen etwas Hartes, Unnachgiebiges.
Das Gefühl der Platzangst verstärkte sich. Meine Hände ertasteten an allen
Seiten harte Wände. Ich kam nicht vorwärts. Aber ein richtiges Genie weiß sich
immer zu helfen. Ich versuchte es mit dem Krebs- oder Rückwärtsgang.
    Und siehe da — die Platzangst
verschwand sofort. Mein Kopf kam aus der Backröhre des Küchengasherdes hervor.
Ich drehte die Gashähne ab, taumelte ins Wohnzimmer, schaffte es gerade noch
zum Fenster und riß es weit auf. Ein paar Minuten lang war ich vollauf damit
beschäftigt, in tiefen Atemzügen frische Luft in meine Lungen zu pumpen. Dann
begann auch mein Denkapparat wieder zu funktionieren. Jeri und Johnny — das
hörte sich an wie eine Tanznummer aus einem drittklassigen Cabaret, aber mir
war gar nicht zum Lachen zumute. Die beiden waren durchaus ernst zu nehmen. Sie
hatten die Sache großartig eingefädelt — so schwer es mir auch fiel, das vor
mir selber zuzugeben. Ein ermordetes Mädchen im Schlafzimmer, ein Selbstmörder mit
dem Kopf im Küchenherd — da hatte man es den Freunden von der Polizei wirklich
leicht gemacht.
    Als ich sicher sein konnte, daß
ich diesen unfreiwilligen Selbstmordversuch überleben und nicht mein Inneres
nach außen stülpen würde, ging ich zurück ins Schlafzimmer, um mir die Leiche
näher anzusehen. Sie war noch da, hatte sich aber inzwischen sehr verändert.
Statt des buntbedruckten Cotton-Fähnchens trug sie ein übel zugerichtetes
Jackenkleid aus cremefarbener Seide mit abstraktem blauem Muster.
    Selbst mein gasvernebeltes
Gehirn registrierte, daß Jeri mit der toten Blondine die Kleider getauscht
hatte. Warum? Das war die große Frage. Wenn sie mit ihrem Revolverhelden türmen
wollte, durfte sie natürlich nicht mit ihrem leicht lädierten Kleid, das
überall Aufsehen erregt hätte, in der Weltgeschichte herumkutschieren — so viel
war mir klar. Aber wenn es ihr nur darum gegangen wäre, hätte sie sich bestimmt
aus Lindas reichgefülltem Kleiderschrank bedienen können.
    Wollten sie mir den Mord
anhängen? Ich spürte noch immer schmerzhaft Jeris Kratzer auf meinem Gesicht.
Wieder kam mir zum Bewußtsein, daß ich Johnny auf den ersten Blick als Profi
erkannt hatte. Ja, das war Kennerarbeit.
    Im Wohnzimmer rief ich jetzt
endlich die Polizei an, ohne gestört zu werden. Der Beamte am anderen Ende der
Leitung nahm meine Meldung unerschüttert zur Kenntnis. Wenn ich einmal nichts
Besseres zu tun habe, werde ich das nächste Polizeirevier anrufen und dem
Beamten am Apparat mitteilen, daß er im Preisausschreiben der Putzefix -Werke einen zweiwöchigen Urlaub im Apartment eines
Hollywood-Stars einschließlich Starbenutzung gewonnen hat. Ich wette mit Ihnen
um alles, was Sie wollen, daß der Wackere diese Nachricht mit stoischem
Gleichmut aufnehmen und mich höchstens nach näheren Einzelheiten, wie der
Oberweite der Dame und so weiter, fragen wird.
    Nachdem ich meine Meldung
losgeworden war, ging ich noch einmal zurück, um mir das tote Mädchen
anzusehen. Das seidene Jackenkleid war nicht billig gewesen. Es hatte Chic.
Wenn ein Mädchen so viel für ein Kleid ausgibt, hat es auch Anspruch auf ein
Firmenschild in dem guten Stück. Leider war die Bluse so zerrissen, daß dieses
Schildchen fehlte. Egal — das Ding mußte her!
    Das Wohnzimmer trug noch
Zeichen des Kampfes mit Jeri — ein kleiner Tisch war umgefallen, eine Vase lag
in Scherben auf dem Boden, die dazugehörigen Blumen auf dem Teppich verstreut.
An der Tür fanden sich ein paar Fetzen cremefarbener Seide. An dem zweiten
Fetzen, den ich aufhob, war noch das Firmenschild, Maison d’Annette , Santo Bahia , las ich. Ich schob das Stückchen Stoff in meine Jackentasche, zündete mir eine
Zigarette an und übte einen gleichmütigen Gesichtsausdruck, bis etwa zehn
Minuten später die Polizei eintraf.
    Leutnant Schell besaß Geduld,
Intelligenz und Skepsis. Ich hatte gehofft, auf einen Polizeiboß zu treffen, der seinen einflußreichen Posten allein seinen guten Beziehungen
verdankte — wieder hatte ich Pech gehabt. Er war groß und sehnig, hatte
kurzgeschnittenes, eisengraues Haar und
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