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Blockade

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Titel: Blockade
Autoren: B. N. Ball
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das für eine lange Zeit? Wie lange? Erklären Sie es mir anhand Ihres eigenen Lebenszyklus.«
    Dod sprudelte die Erinnerungen an seine Familie in ungeordneter Reihenfolge hervor: die langsame Muße des Alters; die ersten zögernden Grübeleien eines Heranwachsenden; ein Kind, das zum ersten Mal sieht, daß Festigkeit eine dritte Dimension ist; Heirat und die Bereitschaft, eine Familie zu gründen. Er zeigte ihm eine Lebensspanne von achtzig ausgefüllten Jahren und verglich sie mit dem frühen Tod seiner Eltern.
    Dann ließ er vor dem Fremden die beiden Jahrhunderte abrollen, in denen sie das Leben des Menschen behindert hatten.
    »Warum?« fragte Dod erneut. »Zwei Jahrhunderte lang!«
    Das Fremde sagte sanft: »Ich bin gerade erst angekommen. Unsere vorläufige Erforschung Ihres Systems hat gerade erst begonnen.«
    Dod sah, daß es ihm behutsam beigebracht worden war, aber er war dennoch erschrocken. Verglichen mit dem Lebenszyklus des Fremden, lebten die Menschen nur Stunden. Sie waren Eintagsfliegen, kurzlebige Sommerinsekten, die an einem Tag ein ganzes Leben lebten. In diesem einen Punkt hatte Gompertz recht gehabt: er hatte ihr überwältigendes Anderssein erfaßt, die gigantische Verschiedenheit von Mensch und Fremdem.
    »Werden Sie die Abschirmung jetzt entfernen?« Etwas konnte man gewinnen.
    »Selbstverständlich!« Freundlichkeit strömte wie ein warmer Wind zu ihm herüber. Das Fremde wollte helfen – wollte alles tun, was in seiner Macht stand. Dod stellte ihm alle möglichen Fragen, wie es ein Freund tun würde.
    »Warum haben Sie Ihren eigenen Planeten verlassen?«
    »Ich war die einzige Existenzform. Es schien, daß es noch andere Formen geben könnte. Ich ging auf die Suche.« Die Zeit brauste gleich einem stürmischen Orkan vorüber; Sterne drehten sich glühend im Universum; Planeten erblühten weiß und rot; Novae explodierten und erloschen. »Ich suchte über lange Zeiträume hinweg.« Das Fremde sprach traurig.
    »Und es gab keine andere Lebensform?«
    »Ich fand die Überreste von etwas, das vielleicht einmal eine wunderbare Rasse war. Nur Ruinen und ein paar Geräte – eins davon habe ich benutzt, um Ihr Schiff zu fangen.« Dod betrachtete die Ruinen, als ihm das Fremde Bilder projizierte.
    »Aber Sie haben nichts Lebendiges gefunden?«
    »Nicht bevor Sie aus der roten Sonne kamen.«
    Sie schwiegen beide, und Dod kam zu einem Entschluß.
    »Es kann andere Lebensformen geben«, sagte er.
    »Es könnte sein.«
    »Wir könnten gemeinsam auf Suche gehen«, schlug Dod vor. »Meine Rasse könnte Lebensformen identifizieren, wozu Sie nicht imstande sein könnten.«
    »Wir könnten es tun.« Dod war überrascht über das starke Gefühl von Bereitwilligkeit und Zustimmung, das von den einzelnen Zellen des Fremden zu ihm herüberströmte. Höflich wartete das Fremde, bis er die Frage formulierte, die ihm schon die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war.
    »Unser Alleinsein – es ist ein Hindernis«, sagte Dod.
    »Mein Einssein hilft uns«, stimmte das Fremde zu.
    Dod zeigte ihm das Gefühl der Isoliertheit, die der Fluch der menschlichen Rasse war: das Gefühl der Hilflosigkeit und des Abgeschnittenseins. Die Schwerfälligkeit der Rede, die Verwirrung der Sprache; wie Worte und Sätze die Bedeutung verschleierten, verbargen und unterdrückten. Wie ein Mensch versuchte, seine Gedanken mitzuteilen, indem er eine Sammlung von Symbolen benutzte, die völlig unzulänglich waren. Er verglich die wunderbare Unmittelbarkeit des Geistes mit der Unzulänglichkeit der Sprache.
    »Sie könnten helfen«, sagte Dod.
    Eifrig sagte das Fremde: »Ich will es versuchen. Sofort!«
    Das war der Augenblick, als der Halo im asiatischen Fort Dods Körper verließ.
    »Und unser kurzes Leben – könnten Sie auch da helfen?«
    Das Fremde versuchte ihm zu zeigen, was ihm Leben und Lebensspanne bedeutete. Das Leben war kontinuierlich. Sie wußten nicht, wann es begonnen hatte, obwohl sie den Lauf ihrer Entwicklung bis zu vielzelligen, aber einfachen Lebensformen zurückverfolgen konnten; ihre Geschichte war ein offenes Buch. Sie wußten, was die einfachen Zellformen empfunden hatten, wie sie auf ihre Umwelt reagiert hatten, und alle Sinneseindrücke, die die Zellen jemals erfahren hatten, waren ein Teil der Natur des Fremden.
    Sie verstanden nicht, was Dod mit Tod meinte, aber sie willigten ein, das Phänomen des Todes zu erforschen. Er spürte das Mitgefühl des Fremden, jetzt, wo sie um den zweifachen Schrecken des
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